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RECHT
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ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG
tion nach dem AÜG. Der Arbeitsvertrag
mit dem Verleiher ist unwirksam und es
wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Ent-
leiher ab dem Zeitpunkt der erstmaligen
Überlassung fingiert. Der Einsatzbetrieb
haftet demnach für Vergütung und Sozi-
alversicherungsbeiträge gegenüber dem
Arbeitnehmer,wieereseigenenvergleich-
baren Arbeitnehmern schuldet. Dies
hat zur Folge, dass der Einsatzbetrieb ge-
gebenenfalls eine Vergütung zu zahlen
hat, die die vereinbarte Überlassungs-
prämie deutlich übersteigt. Das Risiko
realisiert sich in der Praxis häufig, wenn
der Vertragsarbeitgeber dem Arbeitneh-
mer kündigt. In diesem Fall kann sich
dieser auf ein bestehendes Arbeitsver-
hältnis mit dem Einsatzunternehmen
berufen. Diese Rechtsunsicherheiten
erfordern erhebliche Rückstellungen für
das jeweils entleihende Unternehmen.
Die illegale Arbeitnehmerüberlassung
kann weiterhin als Ordnungswidrig-
keit nach § 16 AÜG mit einer Geldbu-
ße geahndet werden. Bei vorsätzlichem
Vorgehen kommt sogar eine Strafbarkeit
nach § 266 a StGB wegen Veruntreuung
von Arbeitsentgelt in Betracht.
Handlungsvarianten für Konzerne
Wenn zwischen Konzernunternehmen
nur selten Überlassungen stattfinden,
kann die Streichung von unternehmens-
übergreifenden Versetzungsklauseln
ein Instrument der Risikominimierung
darstellen. Der Arbeitgeber kann dann
argumentieren, dass in den Arbeitsver-
trägen seiner Arbeitnehmer eben keine
derartigen Versetzungsklauseln enthal-
ten sind und der Arbeitnehmer demnach
nicht zur Überlassung eingestellt wurde.
Die zweite Anforderung des Konzern-
privilegs, dass der Arbeitnehmer auch
nicht zum Zwecke der Überlassung be-
schäftigt werden darf, müsste dann bei
der konkreten Versetzung nachgewiesen
werden. Zur Einführung dieser Lösung
wären entsprechende Änderungsar-
beitsverträge mit allen vom Austausch
betroffenen Mitarbeitern erforderlich
oder man beschränkt gegebenenfalls
diese Vorgehensweise lediglich auf
Neueinstellungen. Die Streichung der
unternehmensübergreifenden Verset-
zungsklauseln hat jedoch erhebliche Fle-
xibilitätseinbußen für den Arbeitgeber
zur Folge. Nachteil dieser Lösung ist, dass
das Direktionsrecht des Arbeitgebers er-
heblich eingeschränkt wird und bei einer
Versetzung des Mitarbeiters auf dessen
GESETZESTEXT
Kleine Textänderungen mit großen Folgen
Auf den ersten Blick hat sich in § 1 AÜG nicht viel getan, doch die wenigen Änderungen haben es in sich. Mit dem Streichen des Attri-
buts „gewerbsmäßig“ und weiteren Einschränkungen für Konzerne ist zahlreichen Unternehmen der bisherige erlaubnisfreie Gestal-
tungsspielraum entzogen worden. Was die rechtlichen Konsequenzen der Einfügung sind, dass eine Überlassung stets „vorübergehend“
erfolge, ist heftig umstritten (vergleiche Kasten auf Seite 78). Im nachfolgenden Text sind die weggefallenen Passagen durchgestri-
chen, die neu eingefügten Satzteile unterstrichen.
(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer
(Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig im Rahmen ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, bedürfen der Erlaubnis.
Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.
Die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werks
gebildeten Arbeitsgemeinschaft ist keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn
der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder
der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweigs
gelten und alle Mitglieder aufgrund des Arbeitsgemeinschaftsvertrags zur
selbstständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Für
einen Arbeitgeber mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des
Europäischen Wirtschaftsraums ist die Abordnung von Arbeitnehmern zu
einer zur Herstellung eines Werks gebildeten Arbeitsgemeinschaft auch
dann keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn für ihn deutsche Tarifver-
träge desselben Wirtschaftszweigs wie für die anderen Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft nicht gelten, er aber die übrigen Voraussetzungen
des Satzes 2 erfüllt.
(3) Dieses Gesetz ist mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Abs. 1
Nr. 1b und Abs. 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18 nicht anzuwenden auf
die Arbeitnehmerüberlassung
1. zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweigs zur Vermeidung
von Kurzarbeit oder Entlassungen, wenn ein für den Entleiher und
Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht,
2. zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktienge-
setzes, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend nicht bei
seinem Arbeitgeber leistet,oder nicht zum Zwecke der Überlassung
eingestellt und beschäftigt wird,
2a. zwischen Arbeitgebern, sofern die Überlassung nur gelegentlich
erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung einge-
stellt und beschäftigt wird, oder
3. in das Ausland, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grund-
lage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-
ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der
Verleiher beteiligt ist.