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ORGANISATION
03 / 12 personalmagazin
DEMOGRAFIE
tenzen älterer Arbeitnehmer im Unter-
nehmen wertzuschätzen, trotz der einer
längeren Berufserfahrung möglicher-
weise geschuldeten Leistungseinbußen
körperlicher Art. Kultur und Umgang
müssen stimmen, um mehrere Genera-
tionen beschäftigen zu können, jugendli-
che Leistungskraft allein darf nicht mehr
das ausschlaggebende Qualitätskrite-
rium sein. So auch die Überzeugung
von Regina Steinbrecher. Ihr Vorschlag
eines Azubi-Tages, bei dem Nachwuchs
und Senioren sich austauschen, ist ei-
ne der vier prämierten Ideen und grün-
det sich auf die Überzeugung, dass es
in vielen Unternehmen an Verständnis
und der Akzeptanz älterer Mitarbeiter
fehlt. Offensiver Umgang mit der ande-
ren Leistungsfähigkeit im Alter ist auch
eine Lösung für Hansjörg Hohwieler. Er
wurde ausgezeichnet für die Idee einer
zweiten Berufsausbildung, auf die äl-
tere Mitarbeiter sich zurückziehen kön-
nen, wenn sich ihre Leistungsfähigkeit
ändert. Ein Umdenken ist also gefragt,
wollen die Unternehmen mit älteren Mit-
arbeitern weiter erfolgreich sein. Dass
sie hier keine Wahl mehr haben, bringt
ein anderer Teilnehmer des Ideenwett-
bewerbs im Forum auf den Punkt: „Es
darf letztlich gar nicht darum gehen,
wie Arbeitsbedingungen für Menschen
im höheren Alter verbessert werden
können, sondern dass die Arbeitswelt
sich zwangsläufig an ältere Menschen
anpassen muss.“
GEWINNER
Die zweite Berufsausbildung
Hansjörg Hohwieler: „Tätigkeiten werden immer anspruchsvoller – und
damit belastender. Deshalb soll jedem Arbeitnehmer die Möglichkeit
gegeben werden, frühzeitig einen zweiten Beruf zu erlernen, der im
Alter ausgleichend zum Erstberuf wirken soll. So kann der Altersüber-
gang variabel gestaltet werden: Man arbeitet Teilzeit in seinem ersten
Beruf weiter und kann die freie Zeit in seinem zweiten Beruf tätig
sein. Idealerweise in derselben Firma, beispielsweise morgens auf der
Baustelle, mittags in der Buchführung.“
Besonderheit und Nutzen: Mit einem Zweitberuf im Alter kann ein
gesundheitlicher Ausgleich zum ersten Beruf geschaffen werden und
so nach und nach ein Übergang in den Ruhestand erfolgen. Durch das
Erlernen des zweiten Berufs bleibt der Arbeitnehmer zudem geistig fit
und erhöht seine Chancen im Fall von Altersarbeitslosigkeit.
Der Seniorenrat „Die Weisen“
Thomas Möller: „In vielen Gesellschaften gelten ältere Mitmenschen
als ratgebende Instanz. Für anstehende Probleme wird auch der reiche
Erfahrungsschatz, die Besonnenheit und vor allem die weniger auf
modische Besonderheiten orientierte Persönlichkeit der ,Stammesältes-
ten‘ genutzt. Ein ähnliches Modell empfiehlt sich in Unternehmen: Bei
Abstimmungen und Streitigkeiten, die größere Teile der Belegschaft
betreffen, wird ein ,Ältestenrat‘ zusammengerufen und konsultiert,
der mit dem Betriebsrat zusammenarbeitet und gemeinsam mit ihm
Lösungsempfehlungen abgibt.“
Besonderheit und Nutzen: Bei wichtigen Entscheidungen wird eine
zusätzliche, sachverständige Meinung abgegeben, die auch im Sinne
einer moralischen Instanz genutzt werden kann. Ältere sind mit ihren
Kernkompetenzen in unternehmerische Entscheidungen einbezogen.
Der Azubitag
Regina Steinbrecher: „Berufsanfänger haben oft eine völlig falsche
Vorstellung davon, was sie in 40 Jahren Berufsleben erwartet. Deshalb
sollten sie in regelmäßigen Abständen einen Tag mit einem erfahrenen
Mitarbeiter verbringen, der ihnen Einblick in die Organisation und
Struktur der jeweiligen Tätigkeit gewährt. Nicht Arbeitsdruck und
Lernziele sollten diesen Tag bestimmen, sondern der Einblick in 20
oder mehr Jahre Berufsleben und der Erfahrungsaustausch zwischen
den Generationen.“
Besonderheit und Nutzen: Ältere Mitarbeiter können von ihrem reichen
Erfahrungsschatz sehr persönlich und individuell etwas weitergeben,
sehen aber gleichzeitig auch, was die Berufsanfängergeneration ein-
bringen kann und möchte. Gegenseitiges Verständnis wird verbessert.
Der Maschinenpool
Thomas Pietzsch: „Leider gibt es in jedem Jahr eine große Anzahl von
Unternehmen, die sich vom Markt verabschieden. Bei Unternehmens-
insolvenzen könnte die Insolvenzmasse wie Maschinen und andere
Hardware in einer Seniorenfabrik aufgearbeitet oder generalüberholt
und jungen Existensgründern zur Nutzung vermietet werden.“
Besonderheit und Nutzen: Existenzgründern erleichtert dieses Modell
den Start erheblich. Durch den schnell fortschreitenden technischen
Wandel sind Senioren oft die einzigen Erfahrungsträger, die auch ältere
Maschinen noch warten können.
Die besten Ideen
Neben den drei prämierten Ideen „zweite Berufsausbildung“, „Seniorenrat“ und „Azubitag“ zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit
wurde von der Jury auch ein Sonderpreis für die Idee „Maschinenpool“ vergeben. Die Preisträger stellen Ihre Konzepte vor.