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BURNOUT
TITEL
03 / 12 personalmagazin
Fachanwalt für Arbeits-
recht bei Oppenhoff &
Partner, Köln
Jörn Kuhn
erlangen. Diese Umfragen basieren
meist auf gewerkschaftlich vorgege-
benen oder aus dem Internet zusammen-
gesetzten Fragenkatalogen, die oft nur
einen limitierten Erkenntnisgewinn
erzielen können. Anonyme Umfragen
lassen in der Regel keinen Rückschluss
auf den einzelnen Arbeitsplatz zu. Zu-
dem werden in den Fragen bestimmte
Ursachen mit Burnout-Erkrankungen in
Verbindung gebracht, die zwar gewerk-
schaftspolitisch bedeutsam sind, deren
arbeitsmedizinische Relevanz aber nicht
immer anerkannt ist. Fragen nach der
Anzahl der Leiharbeitnehmer oder nach
der letzten (Teil-)Betriebsversammlung
sind nicht selten, haben jedoch keinen
arbeitsschutzrechtlichen Aussagewert.
Arbeitgeber können solche Umfragen
untersagen, wenn dadurch vomArbeitge-
ber zur Verfügung gestellte Arbeits- und
Sachmittel (§ 40 BetrVG) verschwendet
werden. Schließlich sind die Kriterien
der Gefährdungsbeurteilung zwischen
den Betriebsparteien mitbestimmt zu
verhandeln und nicht einseitig durch
den Betriebsrat von den Mitarbeitern
zu erfragen. Dies gilt umso mehr, als
mehrdeutige Fragen vonMitarbeitern oft
falsch verstanden werden und zeit- und
kostenintensive Rückfragen beim Ar-
beitgeber auslösen. Daher sollte dem Be-
triebsrat deutlich gemacht werden, dass
die Beurteilungskriterien mit ihm und
– soweit erforderlich - einem externen
Sachverständigen festgelegt werden.
Die Rolle der Sachverständigen
Die Einforderung von konkreten Gefähr-
dungsbeurteilungen durch Betriebsräte
mit den für Burnout-Erkrankungen
relevanten Spezifikationen (etwa die
Arbeitsbelastung oder die Schnittstellen-
funktion des Arbeitsplatzes) ist derzeit
noch selten. Es ist aber zu beobachten,
dass Betriebsräte verstärkt auf Sachver-
ständige zugreifen, um die spezifischen
Kriterien der arbeitsplatzbezogenen Ge-
fährdungsbeurteilung hinsichtlich einer
Burnout-Erkrankung beurteilen zu kön-
nen (siehe Kasten auf Seite 24).
Dabei greifen Betriebsräte sehr ger-
ne auf externe, gewerkschaftsnahe Be-
ratungsangebote zurück, die weitere
Kosten verursachen, aber häufig einge-
spart werden können. So kann dem Be-
triebsrat immer auch ein sachkundiger
Arbeitnehmer zur Seite gestellt werden,
was den Einsatz eines externen Sachver-
ständigen überflüssig machen dürfte.
Zudem haben in diesem Kontext die be-
trieblichen Arbeitsschutzausschüsse ei-
ne Spezialrolle, da dort die erforderliche
Fachkompetenz vorhanden ist. Im Grun-
de ist dieser Ausschuss ein Kommuni-
kationsforum, welches sich mindestens
viermal im Jahr treffen sollte. Dem Gre-
mium kommt gesetzlich die Aufgabe zu,
Anliegen des Arbeitsschutzes und der
Unfallverhütung zu beraten. In vielen
Unternehmen leisten diese Ausschüsse
bereits jetzt die wesentliche Vorarbeit
für Gefährdungsbeurteilungen. Gelingt
es dem Gremium, das Thema Burnout
ausreichend zu behandeln, so bedarf es
externer Sachverständiger nicht mehr.
Arbeitsschutzausschüsse sind nach
§ 11 Arbeitssicherheitsgesetz in Betrie-
ben mit mehr als 20 Beschäftigten zu bil-
den. Teilnehmer sind neben Vertretern
des Arbeitgebers, zwei vom Betriebs-
rat bestimmte Betriebsratsmitglieder,
Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeits-
sicherheit und Sicherheitsbeauftragte
nach § 22 SGB VII.
Gemeinsam verantwortlich handeln
Letztlich müssen Unternehmen beim
Thema Burnout klar Position gegenüber
den Gewerkschaften und Betriebsräten
beziehen und Versuchen entgegentre-
ten, Burnout für arbeitspolitische Ziele
zu instrumentalisieren. Die Debatte
sollte aber immer auf sachlicher Ebene
stattfinden. Es gilt, die Ursachen von
Burnout-Erkrankungen zu definieren
und gemeinsam Maßnahmen einer ef-
fizienten Burnout-Prävention zu entwi-
ckeln. Nur auf diesem Weg werden die
Beteiligten ihrer wachsenden Verant-
wortung für den Überforderungsschutz
gerecht und können die finanziellen
Belastungen der Unternehmen durch
Burnout-Erkrankungen minimieren.
AUSBLICK
Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen, dass die Einrichtung von Ar-
beitsplätzen künftig regulatorische Änderungen erfahren wird. Die meisten arbeits-
medizinischen Stellungnahmen zum Thema Burnout gehen etwa davon aus, dass ein
wesentlicher Auslöser der Erkrankung Konflikte unter Kollegen sein können. Diese
wiederum werden nach den Aussagen dieser Autoren in besonderem Maße in Großraum-
büros gefördert, weil persönliche Rückzugsräume fehlen. Danach stehen zur Vermeidung
psychischer Belastung am Arbeitsplatz jetzt ausdrücklich auch solche Bürokonzepte auf
dem Prüfstand. Neben dieser rein räumlichen Betrachtung des Arbeitsplatzes ist auch die
Arbeitsorganisation und sonstige Arbeitskommunikation verstärkt im Fokus. Festzuhalten
bleibt, dass jeder Arbeitsplatz individuell eingerichtet ist oder einzurichten ist. In der Re-
gel kommt es auch auf den einzelnen Mitarbeiter am Arbeitsplatz an, sodass sich bislang
gelebte schematische Ansätze künftig wieder individualisieren. Dies schließt Rechte des
Arbeitnehmers (etwa auf eine Arbeitsschutzbelehrung, § 81 BetrVG) und Mitbestim-
mungsrechte des Betriebsrats (etwa zu Betriebsbegehungen, §§ 89, 90 BetrVG) ein.
Konzepte für Arbeitsplätze kommen auf den Prüfstand