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RECHT
06 / 12 personalmagazin
PRAKTIKA
Bezeichnung als Arbeitnehmer einzustu-
fen und wie ein solcher auch lohnsteu-
er- und beitragsrechtlich zu behandeln,
wenngleich auch hier Ausweichmöglich-
keiten auf die Vorschriften der geringfü-
gigen Beschäftigung möglich sind.
Munter wurde die Diskussion aller-
dings dann bei der Frage, ob auch mit
diesen Personen wie bei den Pflichtprak-
tikanten vereinbart werden kann, dass
kein Entgelt gezahlt werden soll.
Probleme kann hier das Arbeitsrecht
bereiten. Oftmals, so gibt Tillmanns zu
bedenken, könne die Grenze zum soge-
nannten Lohnwucher nach § 138 BGB
überschritten werden. Er rät, stattdessen
einen Hospitationsvertrag zu schließen,
bei dem der Vertragspartner des Unter-
nehmers gerade keine Arbeitsleistung
zu erbringen hat, weil er nur hospitiert
und nicht demWeisungsrecht unterliegt.
Hier ist es zulässig, solch eine Anwesen-
heit - aber eben keine Beschäftigung -
auch ohne Vergütung zu vereinbaren.
Aber auch hier bleibt seine generelle
Warnung bestehen: Wenn sich im Streit-
fall ergibt, dass tatsächlich eine nicht
unwesentliche Arbeitsleistung erbracht
wurde, nützt auch die beste schriftliche
Vertragsformulierung nichts.
Jobende und duale Studenten
Schließlich befasste sich die Experten-
runde noch mit der Studentenbeschäf-
tigung, soweit diese außerhalb eines
Praktikums ausgeübt wird. Arbeits-
rechtlich gesehen, so Tillmanns, sind
Studenten in diesem Fall zu behandeln
wie alle anderen Arbeitnehmer. Insbe-
sondere sei der Umstand, dass es sich
um einen Studenten handelt, kein sach-
licher Grund, das Arbeitsverhältnis zu
befristen. Eine wichtige Ausnahme sei
aber zu beachten: Arbeitet ein Werk-
student in den Semesterferien Vollzeit,
könne das Arbeitsverhältnis für diese
Zeit aus Gründen, die in der Person des
Arbeitnehmers liegen befristet werden.
Das Stichwort Werkstudent war wie-
derum Anlass für Beitragsspezialist
Sieben auf die sozialversicherungsrecht-
liche Seite der Studentenbeschäftigung
hinzuweisen, da hier eine nicht unkom-
plizierte Differenzierung zu beachten ist
(vergleiche Tabelle auf dieser Seite).
Teilnehmer an dualen Studiengängen,
so konnte Sieben aktuell berichten, sind
vomGesetzgeber einemAuszubildenden
gleichgestellt und somit (auch bei unent-
geltlicher Tätigkeit) uneingeschränkt
versicherungspflichtig.
Leider kann jedoch der Praxis nicht
erspart werden, dass diese Einstufung
wiederum arbeitsrechtlich ohne Bedeu-
tung ist. Dazu Tillmanns: „Nach der
Rechtsprechung des BAG sind duale
Studenten auch in der Praxisphase we-
Der Schülerjob und das Werkstudentenprivileg
Bezeichnung
Beschreibung
Schülerjob allgemein Dem Grunde nach besteht Versicherungspflicht.
Versicherungsfreiheit bei Minijob (Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt
von nicht mehr als Euro 400 monatlich) oder kurzfristiger Beschäftigung
(im Voraus auf nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage befristete
Beschäftigung).
Job nach Abitur/
Schulentlassung
Dem Grunde nach besteht Versicherungspflicht.
Versicherungsfreiheit bei Minijob oder kurzfristiger Beschäftigung
Kurzfristige Beschäftigung mit mehr als 400 Euro kann als berufsmäßige
Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliegen, wenn feststeht, dass im
Anschluss an die kurzfristige Beschäftigung eine reguläre Beschäftigung oder
ein Ausbildungsverhältnis, der freiwillige Wehrdienst oder ein Freiwilligen-
dienst nach JFDG oder BFDG aufgenommen wird.
Student
Semesterferien
Es besteht – ohne Rücksicht auf die Dauer der Beschäftigung, die wöchent-
liche Arbeitszeit und die Höhe des Arbeitsentgelts – Versicherungsfreiheit in
der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Student
Vorlesungszeit
Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung
im Rahmen der 20-Stunden-Theorie. Bei Überschreiten der 20-Stunden-
Grenze besteht gleichwohl Versicherungsfreiheit, wenn die wöchentliche
Dauer der Erwerbstätigkeit geringer ist als die Zeit, die für ein ordnungs-
gemäßes Studium benötigt wird, und außerdem die Lage der einzelnen
Beschäftigungszeiten den Erfordernissen des Studiums angepasst ist.
Doktorand
Versicherungspflicht, da ein Doktorand nicht mehr als Student gilt. Deshalb
keine Anwendung der 20-Stunden-Theorie.
Diplomand
Gilt weder als Beschäftigung noch als Praktikum. Deshalb keine Versiche-
rungs- oder Beitragspflicht.
Die richtige Einstufung in der Sozialversicherung ist kompliziert. So spricht man
vom Werkstudentenprivileg oder auch von der 20-Stunden-Theorie. Das Werkstu-
dentenprivileg gilt nur in Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, nicht
jedoch in der Rentenversicherung.
der Auszubildende noch Arbeitnehmer,
sodass sich Vergütung, Entgeltfortzah-
lung und Urlaub allein nach den Verein-
barungen im Vertrag richten.“
Wenig Hoffnung auf eine einheitliche
Betrachtung des dualen Studentenmacht
Tillmanns dann mit seiner Schlussbe-
merkung: Er weist darauf hin, dass man
diese Spezies auch als arbeitnehmerähn-
lich Beschäftigte ansehen könnte, sodass
zumindest die Gesetze, die auch diesen
Personenkreis erfassen (zum Beispiel:
AGG, FamPflZG, BUrlG), anzuwenden
sind. Aber das ist eine andere Geschich-
te, von der im Personalmagazin dem-
nächst zu lesen sein wird.