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NEUES MANAGEMENT
personalmagazin 06 / 12
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Der Vorteil von Zielvorgaben in Re-
lation zum Wettbewerb besteht in der
automatischen Anpassung an die Um-
feldentwicklungen, wodurch Ziele stets
auf einem herausfordernden Schwierig-
keitsgrad bleiben. Der Führungsprozess
gestaltet sich viel entspannter und kür-
zer, da die Ziele nicht über langwierige
Verhandlungen eingefordert werden,
sondern sich aus der betriebswirtschaft-
lichen Notwendigkeit ergeben. Da kein
Mitarbeiter zu Beginn oder im Laufe
einer Periode sagen kann, welcher Ziel-
wert konkret zu erreichen ist, bleibt die
Leistungsanspannung konstant hoch –
es besteht keine Gefahr, dass sich die
Teams auf früheren Erfolgen ausruhen.
Ein Beispiel verfehlter Planung
Die Gefahr von falsch verstandener Si-
cherheit zeigt sich in dem folgenden Bei-
spiel: Im fixierten Leistungsvertrag soll
eine Kapitalrendite von 15 Prozent er-
wirtschaftet werden. Die 15 Prozent erge-
ben sich daraus, dass das Unternehmen
besser sein will als der Markt und von
einer durchschnittlichen Marktrendite
von 13 Prozent ausgegangen wird. Tat-
sächlich wurde das Ziel mit 21 Prozent
deutlich übertroffen. Während sich alle
selbstzufrieden auf die Schultern klop-
fen, erkennen sie nicht, dass der Markt
tatsächlich eine durchschnittliche Ren-
dite von 25 Prozent erwirtschaftet hat.
Der wichtigste Wettbewerber hat sogar
28 Prozent erreicht. Das Unternehmen
ist also relativ gesehen schlechter gewor-
den und hat gegenüber demWettbewerb
Aufholbedarf – dieser wird über das re-
lative Ziel, nicht aber über das absolute
Ziel identifiziert.
Die praktische Umsetzung zeigt, dass
bestimmte Prinzipien für die flexiblen
Managementprozesse nicht ohne Maß-
nahmen der Dezentralisierung zu rea-
lisieren sind. So müssen die Manager
in die Lage versetzt werden, schnelle
Entscheidungen zu treffen, um zeitnah
auf Marktereignisse und neue Entwick-
lungen reagieren zu können. Dazu ist es
erforderlich, dass möglichst viele Sach-
verhalte von den operativ tätigen Mitar-
beitern entschieden werden können.
Um schnell und flexibel agieren zu
können, wird daher das Netzwerk als
Organisationsform empfohlen. Hierbei
agieren kleine Einheiten mit eigener
Ressourcen- und Leistungsverantwor-
tung einerseits unabhängig voneinander,
aber untereinander vernetzt. Weiterhin
zeichnet sich eine Netzwerkstruktur
durch flache Hierarchien, Selbstorgani-
sation, eine hohe Vielfalt der lokal unter-
schiedlichen Organisationsformen und
eine Gesamtsteuerung über gemeinsame
Ziele und Strategien aus.
Koordination der Steuerung
Die Koordination der Steuerung soll im
„Beyond Budgeting“-Modell nicht mehr
über aufeinander abgestimmte Teilpläne
erfolgen, sondern über interne Märkte.
Da keine Leistung innerhalb eines Unter-
nehmens Selbstzweck ist, sondern der
Bedürfnisbefriedigung der (externen
oder internen) Kunden dient, führt das
Marktprinzip zu einer effizienten Selbst-
steuerung. Über die marktähnliche
Ausrichtung unterwerfen sich interne
Dienstleister der Nachfrage der internen
Kunden, anstatt das Angebot zentral zu
diktieren.
Wie bei den anderen hier dargestell-
ten Managementansätzen gliedert sich
die HR-Arbeit in zwei Phasen. Zunächst
muss die Transformation des Führungs-
modells über einen Change-Manage-
ment-Prozess sichergestellt werden. Vor
der Einführung von „Beyond Budgeting“
als neuem Führungssystem ist zunächst
eine Organisationsanalyse durchzufüh-
ren, welche Funktionen die Budgetie-
rung in dem Unternehmen erfüllt. Im
Anschluss gilt es, den Ist-Zustand mit
den zwölf Gestaltungsprinzipien des
„Beyond Budgeting“-Modells als Soll-
Zustand abzugleichen.
Dies liefert wichtige Erkenntnisse über
die Ansatzpunkte und Priorisierung der
weiteren Vorgehensweise, welche sich
in Abhängigkeit der Größenordnung der
Abweichung bestimmt. Da der Schlüssel
zu einer effektiveren Organisation in der
Abschaffung der fixierten Leistungsver-
einbarungen liegt, sollte dies zu Beginn
jeder Veränderungsmaßnahme stehen.
Da sämtliche Gestaltungsprinzipien
darauf ausgerichtet sind, dass die Mit-
arbeiter eigenverantwortlich im Team
handeln und der Informations- und Kom-
munikationsfluss gesteigert wird, ist die
Aufgabe von HR neben der Prozessbe-
gleitung auch die aktive Gestaltung die-
ser Prozesse.
Dem Abbau von Unsicherheiten sowie
dem sensiblen Umgang mit der Transfor-
mation sollte ein hoher Stellenwert ein-
geräumt werden, da „Beyond Budgeting“
auch eine Veränderung der Vergütungs-
sowie der Machtstruktur nach sich zieht.
Daher sind Widerstände zu erwarten.
Nach der vollständigen Transformati-
on wird ein Großteil der HR-Tätigkeiten
in die einzelnen Netzwerkzellen verla-
gert. So braucht es keine zentrale Perso-
nalplanung mehr, sondern die einzelnen
Zellen entscheiden, wann sie welche
Mitarbeiter einstellen. Die Entscheidung
über die Einstellung eines neuen Mitar-
beiters erfolgt durch das Team ohne ex-
terne Beeinflussung.
Die Rolle der Personalabteilung
Die Aufgabe der (zentralen) Personalab-
teilung besteht darin, die Netzwerke mit
spezialisierten Leistungen bei Personal-
fragen zu unterstützen. Diese werden
vom internen Kunden nachgefragt oder
speziell angeboten. So fokussiert sich
HR auf strategische Fragen. Einerseits
hinterfragt die Personalabteilung stän-
dig die Leitplanken des Handelns und
definiert mit den Teams eine einheitliche
Basis für die Vielfalt. Andererseits fragt
sie: Mit welchen Inhalten können wir die
Arbeit der Teams verbessern?
ist Inhaber von Fenance
Controlling Systems in
Aschaffenburg.
Florian Ebert