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NEUES MANAGEMENT
personalmagazin 06 / 12
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Schluss mit Zielkonflikten
MODELL III. „Beyond Budgeting“ zielt auf die Abschaffung der Budgetierung.
Dazu bedarf es dezentraler Netzwerkstrukturen ohne Weisung und Kontrolle.
hen, in dem beispielsweise per se Puffer
in die Budgets eingebaut werden, um
entweder zusätzliche Ressourcen zu er-
halten, den Druck zu minimieren oder
das Gehalt zu maximieren. Die nachträg-
liche Manipulation der Buchhaltung zur
„Zielerreichung“ bildet dabei das Extrem
des schädlichen Verhaltens.
Dysfunktionalitäten der Budgetierung
Durch die Abbildung der funktionalen
Organisationsstruktur wird Abteilungs-
denken und der Egoismus einzelner
Ressorts gefördert. Weil Mitarbeiter
versuchen, die Budgetvorgaben zu errei-
chen, werden Maßnahmen ergriffen, die
sich auf die eigene Einheit positiv, aber
auf andere Abteilungen oder das Ge-
samtunternehmen negativ auswirken.
Diese wenigen Beispiele zeigen die
Problematik der Budgetierung. Es wird
klar, warum moderne Management-
techniken zu häufig verpuffen – nicht
weil sie nicht gut sind, sondern weil sie
dem etablierten Führungsinstrument
entgegenstehen. Wie sollen Ansätze zur
Dezentralisierung oder zum Vertrauens-
aufbau greifen, wenn der Führungspro-
zess zentralistisch organisiert wird und
auf Kontrolle basiert?
Bereits 1998 wurde in London der „Be-
yond Budgeting Round Table“ (BBRT) ge-
gründet. Dabei handelt es sich um eine
branchenübergreifende Arbeitsgruppe,
die das Ziel verfolgt, Alternativen zur
gängigen Budgetierungspraxis zu ent-
wickeln. Über 150 Mitgliedsunterneh-
men, darunter Konzerne wie Siemens,
UBS oder Unilever, haben den BBRT seit
dessen Gründung unterstützt.
Die Gründungsväter des BBRT, Peter
Bunce, Robin Fraser und Jeremy Hope,
analysierten hierfür mehr als 20 Unter-
nehmen, welche ihr Unternehmen ohne
Budgets führen und dennoch – oder gera-
de deshalb – außerordentlich erfolgreich
amMarkt aktiv sind. Das wichtigste „Be-
yondBudgeting“-Pionierunternehmenist
die größte Bank Schwedens, die Svenska
Handelsbanken. Sie schaffte bereits in
den 1970er-Jahren die Budgetierung
ab und eliminierte den bürokratischen
Komplex, um die dezentralen Mitarbei-
ter mit Autonomie und Verantwortung
auszustatten. Gleiches gilt für den Dro-
geriemarkt DM, der sich in den 90er
Jahren vom Hierarchiedenken gelöst
hat. „Bei uns ist oben dort, wo der Kunde
ist. Danach kommt der Mitarbeiter, der
Filialleiter, die Gebietsverantwortlichen
und dann schon die Geschäftsführung.
Es gibt keine Budgets, keine Vorgaben,
so gut wie keine Anweisungen, und es
gibt auch keine erfolgsabhängige Ver-
Von
Florian Ebert
N
ach Auffassung der Vertreter
des „Beyond Budgeting“-An-
satzes ist der zentralistische
Budgetierungsprozess ein
Relikt der Industriegesellschaft und ge-
hört entsorgt. Die Budgetierung als „All-
zweckwaffe des Managements“ sollte
eigentlich Folgendes gewährleisten:
Prognosefunktion: Um die richtigen
Entscheidungen zu treffen, müssen
Zusammenhänge und Wechselwir-
kungen abgeschätzt werden.
Orientierungsfunktion: Über die Bud-
getierung wird die Ergebnisverant-
wortung der Entscheider verdeutlicht
und diese auf ihre Ziele verpflichtet.
Motivationsfunktion: Das Verhalten
der Führungskräfte soll auf die Un-
ternehmensziele ausgerichtet werden
durch „Management by objectives“.
Kontrollfunktion: Die definierten
Plangrößen bilden den Maßstab der
unterjährigen Leistungsmessung.
Die damit einhergehenden Zielkonflikte
überfordern sowohl den Prozess als auch
die Menschen. Um Entscheidungen zu
treffen, braucht es realistische Planzah-
len, die das wahrscheinlichste Ergebnis
wiedergeben. Sollen dagegen die Mitar-
beiter zu Höchstleistungen angespornt
werden, müssen die Planzahlen heraus-
fordernd (aber erreichbar) sein. In einem
Budget kommt beides gleichzeitig zum
Ausdruck, ohne dabei die eine oder an-
dere Funktion zu erfüllen.
Diese Koppelung zwischen Prognose
und Motivation kann dysfunktionales
Verhalten der Mitarbeiter nach sich zie-
Planzahlen sollen realistisch und fordernd sein.
Im Budget kommt beides zum Ausdruck, ohne die
eine oder die andere Funktion zu erfüllen.