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auch, weil Basketball seine Passion
ist. Gerade deshalb ist er erfolgreich.
In der Motivationspsychologie
wurde festgestellt, dass die intrin­
sische Motivation den weitaus inten­
siveren Handlungsantrieb darstellt,
da die eigene Lust am Spiel einen
größeren Teil des individuellen Leis­
tungspotenzials freisetzt. Laut Vol­
ker Stix, früherer Co-Trainer der
Brose Baskets Bamberg, empfinden
fast alle erfolgreichen Leistungs­
sportler Wettkämpfe nicht als Last
oder angsteinflößend, sondern als
freudiges Ereignis.
Analogien zum Personalwesen
Im Personalwesen scheint kein
Platz für Spielereien. Zu groß sind
Leistungsdruck und Erfolgserwar­
tungen. Doch angesichts der Er­
folgsprämissen des Spitzensports
stellt sich die Frage, ob im Arbeitsall­
tag nicht auch ein „Spielraum“ für
die HR-Mitarbeiter einbezogen wer­
den kann oder muss. Wenn sie ihr
individuelles Potenzial mit einbrin­
gen können, werden sie nicht nur
extrinsisch, sondern auch stärker
intrinsisch motiviert sein.
Spricht man von einer prozen­
tualen Partizipation von Spiel- und
Arbeitsanteilen und bezieht auch
andere internale und externale Ein­
flussgrößen mit ein, so ist das Agie­
ren eines Profibasketballers nicht
als Arbeit oder Spiel zu verstehen,
sondern als eine individuelle Aus­
prägungsform von spezifischen
stärkeren oder schwächeren Arbeits-
oder Spielanteilen. Berücksichtigt
man, dass diese Anteile stark von Be­
dürfnissen und Zielorientierungen
beeinflusst sind, so entstehen durch­
aus subjektiv gefärbte, auf jeden Fall
aber individuell geschnürte Motivati­
onspakete. Dies reflektiert auch stets
Basketballbundestrainer Dirk Bauer­
mann, denn sein Erfolgsgrundsatz
lautet: „Jeder hat eine Motivations­
struktur – etwas, das ihn motiviert,
Leistung zu bringen – aus sich selbst
heraus. Diese Motivationsstruktur
muss ich wecken.“
Führen mit Empathie
Was bedeutet dies für die Realität auf
dem Spielfeld beziehungsweise am
Arbeitsplatz? Der Trainer/die Füh­
rungskraft muss gemäß dem Prinzip
der optimalen individuellen Passung
nicht nur die externalen Einflussgrö­
ßen reflektieren und gegebenenfalls
relativieren (etwa den Erwartungs­
druck reduzieren), sondern die In­
tentionalität des Leistungsvollzugs
dem Spieler/Mitarbeiter transparent
machen, damit sich ein intrinsisches
Motivationsgeschehen etablieren
kann. Das verlangt vom Trainer/von
der Führungskraft einen hohen Grad
an Diagnose- und Empathiefähigkeit
sowie eine ausgeprägte Sensitivität
und kommunikative Kompetenz.
Die transferierte Erfolgsformel
im Spitzensport könnte also lauten:
Das Spiel auch im Profibereich ein
Stück weit als Spiel zu bewahren
und es nicht zur bloßen Arbeit oder
zum Zwang werden zu lassen! Das
bedeutet, die Trainingsprozesse so
zu gestalten, dass ein Freiraum für
„spielerisches Miteinander“ und
ein individueller „Handlungs-Spiel-
Raum“ eingeplant werden. Erst dann
entsteht eine leis­tungsfördernde At­
mosphäre. Diese Prämissen gelten in
gleichemMaße für den Arbeitsalltag.
Der Trainer/die Führungskraft
könnte sich folglich bei einem Moti­
vationsgespräch, das bewusst einen
Raum für den Spieler/Arbeiter frei­
lässt und ein intrinsisches Motiva­
tionsgeschehen auslöst, einer wie in
der Übersicht dargestellten Vorge­
hensweise befleißigen.
Prof. Dr. Stefan Voll
leitet unter anderem das
Sportzentrum der Univer-
sität Bamberg.
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