personalmagazin 09 / 12
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Recht
_vertragsgestaltung
Urlaubsverfall kalkulierbar regeln
hintergrund.
Neuere Urteile haben das Urlaubsrecht komplizierter gemacht. Hier ist
kluge Vertragsgestaltung, die Tarifrecht und Rechtsprechung berücksichtigt, angesagt.
solche Differenzierung sollte daher stets
in neuen – und bei Gelegenheit auch in
bestehenden - Arbeitsverträgen vorge-
nommen werden. Das Bundesurlaubsge-
setz ist im Hinblick auf den gesetzlichen
Urlaubsanspruch darüber hinaus wei-
testgehend nicht abdingbar. Selbst durch
einen Tarifvertrag, beziehungsweise
durch einen in Bezug genommenen Ta-
rifvertrag, kann nur die Dauer und die
Länge des zusammenhängend zu neh-
menden Urlaubs abweichend vereinbart
werden (§ 13 BUrlG).
Gestaltung bei echter Tarifbindung
Durch eine „doppelte“ Tarifbindung (ei-
nerseits ist der Arbeitgeber entweder
Mitglied im Arbeitgeberverband oder
selbst Partei eines Haustarifvertrags
und andererseits sind die Mitarbeiter als
Gewerkschaftsmitglieder ebenfalls tarif-
gebunden) sind die Arbeitsvertragspar-
teien den tarifvertraglichen Regelungen
nach dem Tarifvertragsgesetz „unmit-
telbar und zwingend“ unterworfen,
Abweichungen sind – mit Ausnahme
von tarifvertraglichen Öffnungsklau-
seln – nur zugunsten der Arbeitnehmer
möglich. Dies mag den Gestaltungsspiel-
raum des Unternehmens im Vergleich
zu einem außertariflichen Unternehmen
einschränken; muss es aber nicht in je-
dem Fall.
Problematisch ist allerdings, dass
viele aktuelle Tarifverträge nach wie vor
noch keine Differenzierung zwischen
Von
Marco Ferme
D
er Urlaub muss im laufenden
Urlaubsjahr, spätestens am 31.
März des Folgejahres, genom-
men werden. Wie schon mehr-
fach im Personalmagazin berichtet, hat
das Bundesarbeitsgericht (BAG) in An-
lehnung an ein Urteil des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH) jedoch zunächst
entschieden, dass Urlaubsansprüche im
Fall, dass der Urlaub krankheitsbedingt
nicht genommen werden konnte, nicht
mehr verfallen, sondern allenfalls ver-
jähren. Konsequenz war zunächst, dass
Mitarbeiter, die lange krank waren, nach
Rückkehr noch einen unter Umstände
Jahre zurückliegenden Urlaubsanspruch
geltend machen konnten. Eine Reihe von
Folgeurteilen (zuletzt BAG, Urteil vom
7.8.2012, Az. 9 AZR 353/10) lässt nun
eine gesicherte Aussage darüber zu,
wie man durch vertragliche Maßnah-
men den durch den EuGH ausgelösten
strikten Urlaubsverfallregeln entgegen-
steuern kann. Insbesondere kommt nach
der eben zitierten Entscheidung des BAG
(Az. 9 AZR 353/10) richtig formulierten
Urlaubsverfallklauseln ein besonderes
Gewicht zu.
Außertarifliche Gestaltungsspielräume
Unternehmen, die keiner unmittelbaren
Tarifbindung unterliegen, haben in
puncto Urlaubsverfall arbeitsvertraglich
einen recht großen Gestaltungsspiel-
raum. Das gilt allerdings nur für den
„übergesetzlichen“ Urlaub, also denjeni-
gen, der über den gesetzlichen Urlaub
hinaus vertraglich gewährt wird. Eine
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Wer keiner Tarifbindung unterliegt und diese Punkte berücksichtigt, hat die Gestal-
tungsmöglichkeiten zum Problem „Urlaubsverfall bei Krankheit“ optimal umgesetzt.
• Eindeutig bei der Festlegung der Urlaubstage zwischen den gesetzlichen und den darüber
hinausgehenden vertraglichen Urlaubsansprüchen differenzieren.
• Klar regeln, dass der vertragliche Zusatzurlaub am Ende eines Kalenderjahres in jedem Fall
verfällt.
• Vereinbaren, dass auch eine Urlaubsabgeltung nur den gesetzlichen Urlaub erfasst und im Falle
einer Beendigung nicht abgegolten wird.
• Regeln, dass der angesammelte Urlaub spätestens nach Ablauf von 15 Monaten nach Ende des
Kalenderjahrs verfällt, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, und darauf hinweisen, dass der
angesammelte Resturlaubsanspruch in dem Kalenderjahr, in dem der Mitarbeiter wieder arbeits-
fähig zurückkehrt, genommen werden muss.
Vier-Punkte-Check zum Urlaubsverfall
Praxisbeispiel
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