personalmagazin 09 / 12
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Recht
_Recruiting
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
stellung gegen ein Gesetz verstößt. Auch
eine kurzfristige telefonische Kontakt-
aufnahme durch den Arbeitgeber mit der
Agentur für Arbeit reicht nicht aus (LAG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.9.2010,
Az. 6 TaBV 10/10).
Schon die Stellenausschreibung kann
vom Betriebsrat moniert werden
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Stel-
lenausschreibungen diskriminierungs-
frei zu gestalten (§ 11 AGG). Verstößt
der Arbeitgeber dagegen, geht er das
Risiko ein, dass der Betriebsrat die Zu-
stimmung für die Einstellung eines auf-
grund einer solchen Stellenanzeige in
Aussicht genommenen Bewerbers we-
gen eines Gesetzesverstoßes erfolgreich
verweigert. Dies geschieht unabhängig
davon, ob sich der Bewerber selbst an
der Stellenanzeige stößt. Kritisch ist di-
es insbesondere deshalb, weil nach wie
vor nicht sicher geklärt ist, wann eine
Stellenanzeige tatsächlich diskriminie-
rend ist. So ist die Vorgabe „Bewerber
mit bis zu einem Jahr Berufserfahrung“
zwar scheinbar altersneutral, da sie kein
bestimmtes Lebensalter nennt. Aller-
dings ist sie nach Auffassung des BAG
ein Indiz für eine mittelbare Benachtei-
ligung älterer Bewerber, da Mitarbeiter
mit bis zu einem Jahr Berufserfahrung
typischerweise jünger sind als Mitarbei-
ter mit mehreren Berufsjahren. Die Be-
schränkung der Berufserfahrung auf das
erste Berufsjahr in einer Stellenanzeige
sei daher nur zulässig, wenn sie notwen-
dig ist für die Erreichung eines legitimen
Ziels (§ 10 AGG). Begrenzte Personalbud-
gets oder das pauschale Ziel, Kosten zu
sparen, reichen nicht (BAG, Urteil vom
18.8.2009, Az. 1 ABR 47/08 zum Unter-
lassungsanspruch des Betriebsrats aus §
17 Abs. 2 AGG). Als legitimes Ziel kommt
aber zum Beispiel die Herstellung oder
Erhaltung einer ausgewogenen Alters-
struktur in Betracht (EuGH, Urteil vom
21.7.2011, Az. 159/10) Zum Teil haben
die Instanzgerichte entschieden, dass
jedenfalls die Differenzierung zwischen
„erfahrenen“ und „weniger erfahrenen
„Mitarbeitern gerechtfertigt sei und
keine Altersdiskriminierung darstelle
(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
21.7.2011, Az. 5Sa 847/11).
Angesichts dieser Unwägbarkeiten
sollten daher in Stellenanzeigen nur An-
forderungen an die Qualifikation für eine
bestimmte Stelle ausgewiesen werden.
Alternativ und um die Zustimmungs-
verweigerung des Betriebsrats nicht zu
Muster
Unterrichtung des Betriebsrats
gemäß § 99 BetrVG über eine
beabsichtigte Einstellung (HI585108)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
HPO
Quelle: Personalmagazin
Hürdenlauf Zustimmungsersetzungsverfahren
Durchsetzung der Einstellung gegen den Willen des Betriebsrats
Alternative 1
Alternative 2
Antrag auf Zustimmungser-
setzung beim Arbeitsgericht
Bei Widerspruch nach
§ 99 BetrVG. muss die
Einstellung zunächst
unterbleiben
Einstellung
Vorläufige Einstellung wegen Dringlichkeit
Betriebsrat bestreitet unverzüglich die Dringlichkeit
Arbeitgeber beantragt innerhalb von drei Tagen beim
Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung und Feststellung,
dass die Einstellung dringend erforderlich war
Gericht entscheidet
pro Betriebsrat
Einstellung ist gescheitert
Gericht bestätigt die
Dringlichkeit
Arbeitgeber muss die vorläufige
Einstellung innerhalb von zwei
Wochen (nach Rechtskraft) beenden
Gericht lehnt die
Dringlichkeit ab
Arbeitgeber kann die Einstel-
lung vorläufig durchführen
Gericht entscheidet
pro Arbeitgeber
Einstellung kann erfolgen