Seite 76 - personalmagazin_2012_09

Basic HTML-Version

personalmagazin 09 / 12
76
Recht
_Recruiting
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
stellung gegen ein Gesetz verstößt. Auch
eine kurzfristige telefonische Kontakt-
aufnahme durch den Arbeitgeber mit der
Agentur für Arbeit reicht nicht aus (LAG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.9.2010,
Az. 6 TaBV 10/10).
Schon die Stellenausschreibung kann
vom Betriebsrat moniert werden
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Stel-
lenausschreibungen diskriminierungs-
frei zu gestalten (§ 11 AGG). Verstößt
der Arbeitgeber dagegen, geht er das
Risiko ein, dass der Betriebsrat die Zu-
stimmung für die Einstellung eines auf-
grund einer solchen Stellenanzeige in
Aussicht genommenen Bewerbers we-
gen eines Gesetzesverstoßes erfolgreich
verweigert. Dies geschieht unabhängig
davon, ob sich der Bewerber selbst an
der Stellenanzeige stößt. Kritisch ist di-
es insbesondere deshalb, weil nach wie
vor nicht sicher geklärt ist, wann eine
Stellenanzeige tatsächlich diskriminie-
rend ist. So ist die Vorgabe „Bewerber
mit bis zu einem Jahr Berufserfahrung“
zwar scheinbar altersneutral, da sie kein
bestimmtes Lebensalter nennt. Aller-
dings ist sie nach Auffassung des BAG
ein Indiz für eine mittelbare Benachtei-
ligung älterer Bewerber, da Mitarbeiter
mit bis zu einem Jahr Berufserfahrung
typischerweise jünger sind als Mitarbei-
ter mit mehreren Berufsjahren. Die Be-
schränkung der Berufserfahrung auf das
erste Berufsjahr in einer Stellenanzeige
sei daher nur zulässig, wenn sie notwen-
dig ist für die Erreichung eines legitimen
Ziels (§ 10 AGG). Begrenzte Personalbud-
gets oder das pauschale Ziel, Kosten zu
sparen, reichen nicht (BAG, Urteil vom
18.8.2009, Az. 1 ABR 47/08 zum Unter-
lassungsanspruch des Betriebsrats aus §
17 Abs. 2 AGG). Als legitimes Ziel kommt
aber zum Beispiel die Herstellung oder
Erhaltung einer ausgewogenen Alters-
struktur in Betracht (EuGH, Urteil vom
21.7.2011, Az. 159/10) Zum Teil haben
die Instanzgerichte entschieden, dass
jedenfalls die Differenzierung zwischen
„erfahrenen“ und „weniger erfahrenen
„Mitarbeitern gerechtfertigt sei und
keine Altersdiskriminierung darstelle
(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
21.7.2011, Az. 5Sa 847/11).
Angesichts dieser Unwägbarkeiten
sollten daher in Stellenanzeigen nur An-
forderungen an die Qualifikation für eine
bestimmte Stelle ausgewiesen werden.
Alternativ und um die Zustimmungs-
verweigerung des Betriebsrats nicht zu
Muster
Unterrichtung des Betriebsrats
gemäß § 99 BetrVG über eine
beabsichtigte Einstellung (HI585108)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
HPO
Quelle: Personalmagazin
Hürdenlauf Zustimmungsersetzungsverfahren
Durchsetzung der Einstellung gegen den Willen des Betriebsrats
Alternative 1
Alternative 2
Antrag auf Zustimmungser-
setzung beim Arbeitsgericht
Bei Widerspruch nach
§ 99 BetrVG. muss die
Einstellung zunächst
unterbleiben
Einstellung
Vorläufige Einstellung wegen Dringlichkeit
Betriebsrat bestreitet unverzüglich die Dringlichkeit
Arbeitgeber beantragt innerhalb von drei Tagen beim
Arbeitsgericht ­die Ersetzung der Zustimmung und Feststellung,
dass die Einstellung dringend erforderlich war
Gericht entscheidet
pro Betriebsrat
Einstellung ist gescheitert
Gericht bestätigt die
Dringlichkeit
Arbeitgeber muss die vorläufige
­Einstellung innerhalb von zwei
­Wochen (nach Rechtskraft) beenden
Gericht lehnt die
­Dringlichkeit ab
Arbeitgeber kann die Einstel-
lung vorläufig durchführen
Gericht entscheidet
pro Arbeitgeber
Einstellung kann erfolgen