Seite 49 - personalmagazin_2012_09

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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
läuterungen, Diskussion und Hinweise
auf humankapitalbezogene Risiken im
Bericht aufzählen.
Insgesamt ist der Arbeitsgruppe ein
kompakter, pragmatischer Berichts-
rahmen gelungen. Wer Personalkenn-
zahlen, Nachfolgeplanung und eine
jährliche Mitarbeiterbefragung im Griff
hat, wird damit keinen nennenswerten
Zusatzaufwand haben. Doch nicht alle
Unternehmen können das von sich sa-
gen, und wohl auch deshalb soll die An-
wendung des Standards freiwillig sein.
Kritiker stellen das Projekt infrage
Einigen Kritikern reicht das nicht. Die
HR Policy Association (HRPA) hat SHRM
aufgefordert, den Standard zurückzu-
ziehen. Während SHRM mit 250.000
Mitgliedern die weltweit größte Orga-
nisation von Personalprofis darstellt,
vertritt HRPA die Personalchefs von 335
US-Großunternehmen. HRPA argumen-
tiert vor allem auf Basis von drei Argu-
menten: Erstens erweitere der Standard
die ausufernden Berichtspflichten der
Unternehmen und erzeuge zweitens
nutzlosen Aufwand. Drittens nötige er
die Unternehmen, vertrauliche Informa-
tionen offenzulegen. Diese seien zudem
für Investoren unerheblich.
Die American Staffing Association
(ASA), der Verband der Zeitarbeitsun-
ternehmen, schließt sich an. Vor allem
die Anforderung, dass Unternehmen den
Anteil der Zeitarbeitnehmer ausweisen
müssten, macht ihm Sorgen. Die Unter-
nehmen könnten sich veranlasst sehen,
weniger Zeitarbeitnehmer einzustellen.
Stillschweigend scheinen die Kritiker
vorauszusetzen, dass aus dem freiwil-
ligen Standard schnell ein Selbstläufer
wird, dem sich kein Großunternehmen
entziehen kann. SHRM jedenfalls scheint
an dem laufenden Standardprozess un-
beirrt von der Kritik festzuhalten.
Wie geht es weiter mit dem vorlie-
genden Entwurf? Derzeit arbeitet SHRM
an einer neuen Version. Daran sind ne-
ben Personalprofis und -beratern auch
Vertreter der Finanzwirtschaft beteiligt
– darunter einige Deutsche. Die neue
Version soll den Hinweisen Rechnung
tragen, die in der ersten öffentlichen Be-
ratung aufgenommen wurden. Die neue
Version wird erneut zur Diskussion ge-
stellt; so lange bis die SHRM-Arbeits-
gruppe überzeugt ist, dass der Entwurf
ausgereift ist und ihn zur offiziellen
Verabschiedung an ANSI einreicht. Das
wird für Anfang 2013 erwartet.
Das Interview führte
Friedrich-Carl Saß
.
personalmagazin:
Welches Feedback
­erhalten Sie aus dem Finanzsektor?
Bassie:
Es gibt Investoren, die sehr, sehr
interessiert sind, auch in Deutschland.
Am 30. April hatte UBS, die große
Schweizer Bank, meinen Stellvertreter
als Task-Force-Leader David Creedman
und mich eingeladen, in ihrem New Yor-
ker Büro ein Briefing für institutionelle
Investoren durchzuführen. Das machen
sie normalerweise in einem Konferenz-
raum im informellen Rahmen. Aber das
Interesse an dem Briefing war so stark,
dass sie es in ein Auditorium verlegen
mussten. Das Interessante daran ist,
dass ein Kritikpunkt der Human Re-
source Policy Association lautet, das sei
Dr. Laurie Bassi
ist Leiterin der Ar-
beitsgruppe für den
ANSI-Standard bei
der Society for HR
Management.
Friedrich-Carl SaSS
ist geschäftsführender Gesellschafter
der TOP Managementberatung GmbH.
für Investoren nicht von substanziellem
Interesse. Aber das ist nicht das Feed-
back, das wir von Investoren erhalten.
Investoren sind sehr begierig, diese In-
formationen zu erhalten.
personalmagazin:
Was sind die wichtigsten
Einwände, die Sie zu hören bekommen?
Bassie:
Meistens erst einmal „Das ist
schwierig“. Und ich sage dazu: Ja, es ist
schwierig, wenn man kein hinreichend
leistungsfähiges Personalinformations-
system hat. Wenn Sie das nicht schaffen,
ist es ja freiwillig. Allerdings, über diese
Basisinformationen nicht zu verfügen er-
scheint aus dem Blickwinkel eines Inves­
tors und auch des Managements etwas
problematisch. Der andere Hauptein-
wand ist Transparenz: „Wir wollen nicht
verpflichtet sein, diese ­Informationen
offenzulegen.“ Aber: Ob man es mag
oder nicht, wir leben in einer Welt zu-
nehmender Transparenz. Beispielsweise
haben wir hier in den USA die Website
„Glassdoor.com“. Sie enthält zunehmend
Ratings von Firmen aus aller Welt. Wenn
Ihre Ratings auf dieser Seite nicht so gut
sind, gefällt es Ihnen vielleicht nicht.
Aber es schafft Transparenz. Ihre Mitar-
beiter beurteilen den Vorstandsvorsitzen-
den, Mitarbeiter liefern Informationen
zur Mitarbeiterzufriedenheit und zum
Mitarbeiterengagement - und das alles
frei zugänglich in der Öffentlichkeit. Die-
se Ratings umfassen bisher etwa 150.000
Firmen, und täglich werden es mehr. Das
geht nun seinen Weg und ich glaube, es
ist im Interesse der HR-Community, sich
an die Spitze dieser Entwicklung zu stel-
len. Dieser Zug fährt jetzt ab. Man kann
mitfahren und helfen, ihn zu steuern.
Oder man wird überrollt.