personalmagazin 09 / 12
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Management
_Stressmanagement
Der Test auf dem Prüfstand
TREND.
Die psychische Gesundheit der Mitarbeiter beschäftigt immer mehr Betriebe.
Wie Tests zur Stressbewältigung beitragen können, diskutieren wir an einem Beispiel.
Von
Renate Wittmann
D
ie meisten Menschen ver-
bringen etwa die Hälfte ihres
Erwachsenenlebens am Ar-
beitsplatz. Der Mensch braucht
Arbeit nicht nur, um ein ökonomisch
abgesichertes Leben zu führen. Arbeit
kann ein Ausdruck der Selbstrealisation
sein, der Befriedigung und Erfolgser-
lebnisse bringt. Arbeit kann aber auch
krank machen.
Früher standen in der Arbeitswelt kör-
perliche Belastungen im Mittelpunkt,
heute sind es immer häufiger psychische
Belastungen, die bei einer lang andau-
ernden Wirkung zu seelischen und
körperlichen Beschwerden und Erkran-
kungen führen. Die Wirtschaft tut sich
mit dempsychischen Gesundheitsschutz
amArbeitsplatz ziemlich schwer. Bei der
Messung seelischer Belastungen fehlen
Richtwerte. Denn Stress ist hochgradig
individuell. Während sich der eine vor
Stress nachts schlaflos im Bett herum-
wälzt, fühlt sich der andere von vielen
neuen Aufgaben lediglich herausgefor-
dert. Aus diesem Grund ist es wichtig,
den Grad beziehungsweise die Stärke
der Belastung für die aktuelle Lebenssi-
tuation individuell messbar zu machen.
Nur zu messen, reicht nicht aus
Wenn es darum geht, das Ausmaß von
Stress zu erfassen, gibt es in der Stress-
forschung sehr verschiedene Verfahrens-
weisen. Ein Vorgehen ist die Befragung,
wie belastet Menschen sich fühlen oder
mit welchen Beanspruchungen sie in ih-
remberuflichen oder privaten Leben kon-
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Übersicht
Psychische Belastungen
erkennen (HI2279528)
Diese Arbeitshilfe finden Sie im Haufe Per-
sonal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
HPO
frontiert sind. Darunter fallen auch die
sogenannten Stresstests. ImWeb schwir-
ren unzählige Angebote mit kurzen und
langen, wissenschaftlichen und weniger
wissenschaftlichen Fragebögen herum,
die alle den Anspruch haben, Stress zu
analysieren. Das ist ein legitimer Ansatz,
bietet den Menschen aber keine klare De-
finition von Stress. Tests zu Stresspoten-
zial und Stressniveau helfen noch nicht
bei der individuellen Unterscheidung
von Stressauslösern, und Stressfolgen.
Wir müssen nicht nur erkennen, dass wir
gestresst sind, sondern auch warum –
und was wir selbst daran ändern können.
Es ist ein Leichtes zu sagen, in unserer
Abteilung fehlt eine Fachkraft und das
stresst mich. Ändern wird sich dadurch
aber nichts. Jetzt geht es daran, das per-
sönliche Verhalten zu hinterfragen.
Aussagekräftiger sind da erprobte
psychometrische Verfahren. Beispiele
solcher Verfahren sind das „Instrument
for Stress-Oriented Analysis of Work“
(ISTA) von Norbert K. Semmer, der Fra-
gebogen zum Umgang mit Belastungen
im Verlauf (UBV) von Michael Reicherts
und Meinrad Perrez oder das Trier In-
ventar zum chronischen Stress (TICS)
von Peter Schulz, Wolff Schlotz und Peter
Becker. Bei diesen Verfahren handelt es
sich aber um diagnostische Instrumente,
die nur in Zusammenarbeit mit einem
Therapeuten oder Psychologen ange-
wendet werden können.
Auf dem Markt finden sich bisher
kaum praktikable Angebote, die Firmen
helfen, ihr betriebliches Gesundheits-
management durch ein Stresskompe-
tenzprogramm zu unterstützen und auf
den Risikofaktor „Stress“ auch präven-
tiv zu reagieren. Der häufig verwendete
Impulstest der Arbeitspsychologinnen
Martina Molnar, Brigitta Geißler-Gruber
und Christine Gabriele Haiden stellt nur
arbeitsbezogene Stressfaktoren dar und
gleicht diese mit der Wunschsituation
ab. Um am eigenen Stressverhalten zu
arbeiten, bedarf es aber mehr als einer
reinen Analyse.
Konkrete Handlungsstrategien
Wir haben bei Persolog ein reliables
Stressprofil entwickelt, das neben ei-
ner individuellen Stressanalyse auch
konkrete Handlungsstrategien hin zu
mehr Stresskompetenz bietet. Das da-
hinterliegende Modell zum Profil beruht
auf der allgemein anerkannten „trans-
aktionalen Stresstheorie“ von Richard
Lazarus, die das komplexe Zusammen-
spiel von persönlichen Faktoren und
Umweltbedingungen für die Entstehung
von Stress verantwortlich macht. Nach
diesem Modell wird eine Situation erst
dann als bedrohlich oder stressauslö-
send bewertet, wenn die Menschen ihre
eigenen Ressourcen, diese Situation er-
folgreich zu bewältigen, als nicht ausrei-
chend einschätzen. Ressourcen spielen