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Titel
_pERSONALARBEIT IM mITTELSTAND
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
rungskräfte in Zukunft in die Experten-
laufbahn wechseln werden“, sagt Arenz.
Anders hält er eine Homogenisierung der
Führungsqualität nicht für möglich.
Mitarbeiter länger gesund erhalten
Für produzierende mittelständische
Unternehmen zieht der demografische
Wandel ganz besondere Folgennach sich:
Hier wird häufig im Drei-Schicht-Betrieb
gearbeitet, aber altersbedingte Leiden
verbieten immer mehr Mitarbeitern ei-
ne nächtliche Tätigkeit. Also muss eine
adäquate Alternative angeboten werden,
die häufig nicht mit finanziellen Einbu-
ßen für den Mitarbeiter verbunden sein
darf. In kleinen Unternehmen wird so
der alternde Mitarbeiter schnell zu einer
großen Herausforderung. Jürgen Dost
von Wilkinson Sword begegnet dieser
Problematik mit einer groß angelegten
Initiative im Gesundheitsmanagement.
Das Programm „Evita“ bietet ein breites
Angebot, das Raucherentwöhnungspro-
gramme und Ernährungsberatung ein-
schließt. Auch die Führungskräfte sind
mit einbezogen, die über die Gestaltung
der Arbeitsbedingungen ebenfalls einen
wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung
der Mitarbeiter leisten. „Neben der Ge-
sunderhaltung können wir so zum Aus-
druck bringen, wie viel uns an unseren
Mitarbeitern liegt“, sagt Dost.
Wissen halten, Fehlbesetzung meiden
„Bei uns werden Mitarbeiter, erst recht
dadurch, dass sie intern zu Funktions-
spezialisten ausgebildet werden, relativ
schnell unentbehrlich.“ Damit spricht
Frieder Lutz das Problem des Wissens-
managements in kleinen Unternehmen
an. Er würde sich, wie die meisten Per-
sonalverantwortlichen im Mittelstand,
eine pragmatische, effiziente Lösung
zum Wissensmanagement wünschen.
„In kleinen Unternehmen steckt das
Wissen logischerweise in wenigen Köp-
fen. Wären ganze Abteilungen für einen
bestimmten Prozess zuständig, würden
wir den Weggang eines einzelnen Mit-
arbeiters leichter verkraften. Bei uns ist
allerdings häufig nur eine einzelne Per-
son zuständig.“
Doch die Ideen, die in diesem Fall Ab-
hilfe schaffen können, sehen alle nicht
besonders vielversprechend aus. „Ein
Unternehmens-Wiki war schon mal im
Gespräch – aber ich glaube nicht daran,
dass unsere dynamischen Arbeitsab-
läufe dazu beitragen, dass so etwas auch
konsequent gepflegt wird“, so Lutz. Bis-
her nutzt er die Jobrotation, um funk-
tionsspezifisches Wissen auf mehrere
Personen zu verteilen. „Damit haben
wir gute Erfahrungen gemacht, wobei
bei komplexeren Aufgabengebieten die
Effizienz zu stark unter der Einarbeitung
weiterer Personen leiden würde“ – eine
endgültige Lösung ist im Wissensma-
nagement noch nicht gefunden.
Auch in der Bewerberauswahl macht
sich die geringe Größe eines Unterneh-
mens unangenehm bemerkbar, eine
Fehlentscheidung wiegt bei einer klei-
nen Belegschaft deutlich schwerer als
in einem großen Konzern. Wird ein
schlechter Bewerber eingestellt, liegen
die negativen Folgen auf der Hand. Ver-
heerend ist aber, einen guten Kandi-
daten abzulehnen, insbesondere für die
Unternehmen, die vom Fachkräfteman-
gel betroffen sind. „Für uns hat es sich
bewährt, externe Unterstützung bei der
Auswahl unserer Bewerber in Anspruch
zu nehmen. Gerade bei wichtigen Be-
setzungen holen wir eine unabhängige
Beurteilung des Kandidaten ein und ar-
beiten mit erfahrenen Managementdia-
gnostik Beratern zusammen“, erläutert
Arenz die Lösung bei Egrima.
Zielführende Anreize setzen
„Wir sind sehr stark darauf angewiesen,
den Potenzialträgern unseres Unterneh-
mens attraktive Anreize zu bieten“, fasst
Lutz die Lage der Mittelständler zusam-
men. Dabei wären kleine Unternehmen
nicht unbedingt im Nachteil. „Das An-
gebot eines Mittelständlers passt nicht
hundertprozentig zu einem Mitarbeiter,
der die Vorzüge eines Konzerns schätzt.
Es gibt aber auch genug Mitarbeiter,
die speziell die Vorzüge eines Mittel-
ständlers schätzen – solange es uns ge-
lingt, zwar ein anderes, aber trotzdem
gleichwertiges Angebot zu machen.“ So
sei der Mittelstand in Zukunft auf eine
tragfähige Lösung angewiesen, die nicht
nur monetäre Anreize einschließt. „Wir
beobachten, dass sich die Erwartungen
unserer Mitarbeiter heute auf deutlich
mehr als auf ein attraktives Vergütungs-
paket beziehen“, erklärt Lutz.
Auch Brandt beobachtet einerseits ver-
änderte Erwartungen jenseits der Vergü-
tung, wiemehr Freiraumfür eigene Ideen
und Verbesserung der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie, andererseits nimmt
sie auch neue Präferenzen in der Ver-
gütung wahr. „Viele Bewerber fragen im
Einstellungsprozess nach Altersvorsor-
geleistungen. Heute gilt ‚arbeiten um zu
leben‘ mehr als ‚leben um zu arbeiten‘.“
Durchschnittlich steigen die Gehälter
der ersten und zweiten Führungsebe-
ne proportional zur Unternehmensgrö-
ße an und fallen damit im Mittelstand
geringer aus als in Konzernen. Dieser
Nachteil ist auch Matthias Wiener von
Cargo Partner bewusst. Er hält es für an-
geraten, adäquate und vor allen Dingen
leicht verständliche Vergütungssysteme
aufzustellen, die im Gegensatz zu kom-
plexen variablen Vergütungssystemen
nicht künstlich wirken.
Die Herausforderungen der Zukunft
Um die Herausforderungen in der Per-
sonalarbeit im Mittelstand erfolgreich
„Unser ­Wissen
steckt in wenigen
Köpfen. So ist der
Weggang eines
einzelnen Mitar-
beiters schwer verkraftbar.“
Dr. Frieder Lutz, geschäftsführender ­Gesellschafter
der Lutz GmbH & Co. KG