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Recht
_Kolumne
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Liebe Personalexperten,
wenn Mitarbeiter
Abwanderungsgedanken haben, dann
erfährt die Personalabteilung das mit-
unter, bevor eine Kündigung eintrifft.
So berichtete mir ein Personalleiter von
einem Gespräch mit einem Verkaufslei-
ter, der inoffiziell von der Kündigungsab-
sicht seines Seniorverkäufers erfahren
hatte und jetzt genau wissen müsse,
wann er denn überhaupt gehen könne.
Nach einem Blick in die Personalakte
war der Personalleiter in seinem Ele-
ment: „Der Mann ist mittlerweile 21
Jahre im Unternehmen. Was die Kün-
digungsfristen betrifft, ist das einer un-
serer Altfälle. Er muss sich nicht nur an
die verlängerten Kündigungsfristen des
§ 622 BGB halten, sondern kann auch
nur zum Ende eines Quartals ausschei-
den. Lassen Sie mich rechnen. Heute ist
der 2. Dezember, bis Ende September
nächstes Jahr steht Ihnen Ihre Spitzen-
kraft noch zur Verfügung. Sie können
daher beruhigt sein, bis dahin haben Sie
doch sicher adäquaten Ersatz gefunden,
oder?“
Sie ahnen die Reaktion des Verkaufs-
leiters, der alles andere als beruhigt
ist und mit dem Satz kontert: „Ich soll
einen Verkäufer, der gedanklich schon
bei der Konkurrenz ist, noch so lange
beschäftigen?“ Die Begebenheit macht
die Ambivalenz der Frage, ob man Ei-
genkündigungen eher mit langen oder
mit möglichst kurzen Kündigungsfristen
regeln soll, deutlich.
Um es vorwegzunehmen: Es kann weder
eine allgemeine noch eine differenzierte
Antwort geben. Letzteres wird zwar
immer wieder versucht, in dem man
zwischen bestimmten Berufsgruppen
und Funktionen unterscheidet und bei-
spielsweise bei Verkäufern stets nur eine
vierwöchige Frist für Eigenkündigungen
vorsieht, da man ansonsten ohnedies eine
teure Freistellung aussprechen müsse.
KOLUMNE.
Wie lange sollte die Frist bei Eigenkündigungen
sein? Gedanken zu einer Frage, die schwer zu beantworten ist.
Reisende soll man
nicht aufhalten, oder?
Damit nehmen Sie aber andererseits
auch den schnellen Wechsel zur Kon-
kurrenz in Kauf. Hier setzen diejenigen
ein, die eher zum Gegenteil raten, dies
dann in Verbindung mit einer sofortigen,
unter Umständen teuren Freistellung.
Heißt damit die Antwort auf das Fristen-
dilemma: Einen Tod muss man sterben?
Nicht ohne Weiteres, denn rechtlich
gesehen, könnte der Mitarbeiter auch
mit einer Versetzung aus seiner konkur-
renzaffinen Tätigkeit herausgenommen
werden. Zugegeben kein einfaches Un-
terfangen, weil über die Wirksamkeit
einer Versetzung bekanntlich wiederum
trefflich gestritten werden kann.
Apropos Streit: Die Befürchtung, dass
sich Verkäufer sofort nach Ausspruch ei-
ner Kündigung nur noch an den Interes-
sen der Konkurrenz ausrichten werden,
ist und bleibt ein Klischee.
Lassen Sie daher Ihr Bauchgefühl nicht
außen vor und vergessen Sie den Aspekt
„Vertrauen“ nicht. Besteht dies, dann
können Sie Reisende zwar nicht aufhal-
ten, ihnen aber durchaus vertrauen, dass
sie bis zur vorgesehenen Abfahrt, ihren
Job fahrplanmäßig und loyal zu Ende
bringen.
Alles Gute und bis zum nächsten Mal.
Thomas Muschiol
ist Leiter des Ressorts Recht
im Personalmagazin.
Lassen Sie
auch Ihr
Bauchgefühl
sprechen
und vergessen
Sie den Aspekt
„Vertrauen“
nicht
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