personalmagazin 11 / 12
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Recht
_Recruiting
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
imArbeitsvertrag auf Informationen, die
vertraulichen Charakter haben, erwei-
tert werden, sofern ein berechtigtes Inte-
resse an deren Geheimhaltung besteht.
Dies kann zum Beispiel bei Einzelheiten
über die Betriebsorganisation, der Be-
ziehung zu Kunden, Auftraggebern oder
Lieferanten gegeben sein.
Wird von dieser Erweiterungsmög-
lichkeit Gebrauch gemacht, empfiehlt
sich ein klarstellender Hinweis, dass
die Verpflichtung zur Verschwiegen-
heit während der gesamten Dauer des
Arbeitsvertrags gilt, das heißt nicht erst
mit Dienstantritt beginnt.
Kündigung vor Dienstantritt
Immer wieder kommt es vor, dass es
trotz des Abschlusses eines Arbeitsver-
trags zu einer tatsächlichen Aufnahme
der Tätigkeit nicht kommt. Dies muss
nicht automatisch mit einer Vertrags-
verletzung einhergehen, denn nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundes-
arbeitsgerichts (BAG) hat sowohl der
Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer
die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis
vor Dienstantritt ordentlich oder au-
ßerordentlich zu kündigen. Hierbei ist
Folgendes zu beachten: Die Kündigungs-
frist beginnt im Zweifel bereits mit Zu-
gang der Kündigungserklärung zu
laufen, das heißt, vor dem Zeitpunkt des
vertraglich vereinbarten Dienstantritts.
Für die gegenteilige Annahme, nämlich
dass die Kündigungsfrist erst mit Dien-
stantritt zu laufen beginnt, verlangt das
BAG eindeutige Anhaltspunkte. Fehlt
eine eindeutige vertragliche Regelung
zum Beginn der Kündigungsfrist, so ist
im Wege der ergänzenden Vertragsaus-
legung festzustellen, was die Parteien
gewollt hätten, wenn sie diesen Punkt
bedacht hätten.
Unsicherheiten darüber lassen sich
vermeiden, indem im Arbeitsvertrag
ausdrücklich der Beginn der Frist bei
einer Kündigung vor Dienstantritt gere-
gelt wird.
Das Recht zur ordentlichen Kündigung
vor Dienstantritt kann sowohl wirksam
ausgeschlossen als auch ausdrücklich
ermöglicht werden. Der Ausschluss
muss für beide Parteien, das heißt Ar-
beitgeber und Arbeitnehmer, gelten.
Ein einseitiger Ausschluss der arbeit-
nehmerseitigen Kündigung ist unwirk-
sam, weil er den Arbeitnehmer einseitig
belastet (§ 622 Abs. 4 BGB).
Vertragsstrafe für den Fall der schuld-
haften Nichtaufnahme ist möglich
Schließlich kann im Einklang mit der
Rechtsprechung des BAG eine Vertrags-
strafe für den Fall vereinbart werden,
dass der Bewerber die vertragliche Tä-
tigkeit schuldhaft nicht aufnimmt. Der
Arbeitgeber hat nach dem BAG „ein
schützenswertes Interesse daran, eine
arbeitsvertragswidrige und schuldhafte
Nichtaufnahme seitens des Arbeitneh-
mers zu vermeiden“.
Die Höhe der Vertragsstrafe hat sich
an der „Höhe der Vergütung bis zum
Ablauf der ordentlichen (…) Kündi-
gungsfrist“ zu orientieren. Enthält der
Arbeitsvertrag beispielsweise eine Pro-
bezeitvereinbarung, gilt in dieser Zeit
eine Kündigungsfrist von zwei Wochen.
Daraus folgt eine zulässige Vertragsstra-
fe bei der Kündigung vor Dienstantritt in
Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts.
Klassische Probezeitvereinbarung oder
Befristung zur Erprobung
Um den Arbeitnehmer zu Beginn der
Tätigkeit zu erproben, hat der Arbeit-
geber entweder die Möglichkeit, einen
unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer
Probezeitvereinbarung zu vereinbaren
oder zum Zweck der Erprobung einen
befristeten Arbeitsvertrag zu schließen.
Die Probezeit darf die Grenze von sechs
Monaten nicht übersteigen. In diesem
Zeitraum kann das Arbeitsverhältnis er-
leichtert, das heißt mit einer Frist von
zwei Wochen, gekündigt werden (§ 622
Abs. 3 BGB).
Als Formulierung im Arbeitsvertrag
empfiehlt sich: „Die ersten sechs Monate
der Beschäftigung sind Probezeit.“ Ein
Verweis auf die Kündigungsfrist muss
nicht erfolgen. Sofern eine Probezeit
vereinbart ist, greift diese von Gesetzes
wegen.
Der Arbeitgeber kann einen Grund haben, den Arbeitsvertrag vor Dienstantritt zu
kündigen. Vorsorglich sollte er vorab den Betriebsrat anhören.
Vor Ausspruch einer Kündigung ist der Betriebsrat nach § 102 Betriebsverfassungsge-
setz (BetrVG) anzuhören. Ob dies auch dann gilt, wenn die Kündigung vor Dienstantritt
ausgesprochen wird, hat das BAG noch nicht entschieden. Die herrschende Litera-
turmeinung geht davon aus, dass eine Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich
ist. Die Begründung: Der zu Kündigende ist zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung
kein Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG, da er noch nicht in den Betrieb eingegliedert
wurde und durch die Kündigung vor Arbeitsaufnahme auch keine kollektiven Interessen
der Belegschaft betroffen sind. Wer sichergehen will, sollte die Anhörung dennoch
durchführen, denn das Landesarbeitsgericht Frankfurt hat in einem Urteil vom 31. Mai
1985 die Ansicht vertreten, dass der Betriebsrat auch in diesen Fällen angehört werden
müsse.
Mitbestimmung auch vor Dienstantritt?
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hintergrund
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