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11 / 12 personalmagazin
Direktversicherung bei Insolvenz
Zusammenfassung
Hat
der Arbeitgeber zum Zwecke
der betrieblichen Alters-
versorgung eine Direktver-
sicherung abgeschlossen
und dem Arbeitnehmer ein
bis zum Ablauf der gesetz-
lichen Unverfallbarkeitsfrist
widerrufliches Bezugsrecht
eingeräumt, steht dem Ar-
beitnehmer in der Insolvenz
des Arbeitgebers kein Aus-
sonderungsrecht nach
§ 47 Insolvenzordnung (InsO)
zu, wenn der Insolvenz-
verwalter das Bezugsrecht
wirksam widerrufen hat.
relevanz
Das Urteil zeigt die Problematik, die betriebliche Alters-
versorgungen im Fall einer Insolvenz nach sich ziehen. Der Arbeit-
nehmer muss sich einen Widerruf durch den Insolvenzverwalter
gefallen lassen, da sich dieser allein nach der versicherungsrecht-
lichen Rechtslage zwischen Arbeitgeber und Versicherung, nicht
nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer richte. Dazu gibt das BAG noch einen praktischen
Hinweis: „Verstößt der Insolvenzverwalter mit dem Widerruf des
Bezugsrechts gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, so kann
dies grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch des Arbeitneh-
mers begründen. Dieser ist jedoch weder auf Erstattung der Bei-
träge zur Direktversicherung noch auf Zahlung des Rückkaufswerts
gerichtet, sondern auf Ausgleich des Versorgungsschadens.“
Wieder eine AGB-Falle
Zusammenfassung
Verfolgt der Arbeitgeber mit einer Tantieme-
zahlung den Zweck, die Leistung eines Arbeitnehmers im Bezugs-
zeitraum zusätzlich zu vergüten, benachteiligt eine Klausel, die den
Verfall des Anspruchs vorsieht, den Arbeitnehmer unangemessen
und ist unwirksam. Dies gilt auch, wenn die Tantieme nicht mehr
als 25 Prozent der Jahresvergütung beträgt.
relevanz
Zusätzlich zur AGB-Prüfung bemüht das LAG das BGB und
das Grundgesetz. Die Verfallklausel stehe im Widerspruch zu § 611
Abs. 1 BGB, in dem sie erarbeiteten Lohn wieder entziehe. Außer-
dem läge ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vor.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.7.2012, 5 Sa 324/12
Zum Thema ...
Personalmagazin diese Ausgabe, Seite 72
Betriebsvereinbarungen: Nur angeheftetes gilt
Zusammenfassung
Eine Regelung in einer Dienstvereinbarung,
die auf eine nicht allgemein zugängliche, dem Beschäftigten auch
nicht bekannt gemacht und auch der Dienstvereinbarung nicht
angeheftete andere Vereinbarung Bezug nimmt, ist unwirksam.
relevanz
Das Urteil betrifft zwar eine Dienstvereinbarung aus
dem Bereich des Bayerischen Personalverwaltungsgesetzes, ist
aber wegen des gleichlautenden Schriftformerfordernisses von
Betriebsvereinbarungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz von
allgemeiner und hoher praktischer Bedeutung. Es zeigt, wie wich-
tig es ist, beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen genau auch
Quelle
LAG München, Urteil vom 31.7.2012, 6 Sa 1138/11
Änderungskündigung
Zusammenfassung
Auch eine ordentliche verhaltensbedingte
Änderungskündigung, die als Ergebnis den Entzug einer Führungs-
stellung beinhaltet, kann sozial ungerechtfertigt sein, wenn als
milderes Mittel eine Abmahnung in Betracht kommt.
relevanz
Das Urteil zeigt, dass auch bei nachgewiesenen Verfeh-
lungen im Führungsbereich und auch im Rahmen einer Änderungs-
kündigung stets vorrangig zu prüfen ist, ob der Arbeitnehmer nicht
zunächst für sein Verhalten hätte abgemahnt werden müssen. Wenn
der Arbeitgeber – wie im entschiedenen Fall – schon die Ände-
rungskündigung im Hinblick auf den Einsatz eines milderen Mittels
gewählt habe, obwohl möglicherweise sogar die Voraussetzungen
einer außerordentlichen Kündigung vorgelegen haben, soll dies
nach Ansicht der Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg nicht
entscheidungserheblich sein.
Quelle
LAG Nürnberg, Urteil vom 6.8.2012, 2 Sa 643/11
auf formale Aspekte zu achten. Zwar ist es durchaus möglich
und zweckmäßig, sich in Betriebsvereinbarungen kurz zu halten
und stattdessen auf Anlagen zu verweisen. Diese dürfen aber
keineswegs von der eigentlichen Betriebsvereinbarung getrennt
aufbewahrt werden. Auch die gleichzeitige Ablage in einem
Ordner oder die Verbindung mit einer Büroklammer reicht nicht
aus. Vielmehr müssen die Anlagen mit der von Arbeitgeber und
Betriebsrat unterzeichneten Betriebsvereinbarung „fest verheftet“
vorgehalten werden.
Eine Insolvenz kann für die Be-
triebsrente zum Problem werden.
Quelle
BAG, Urteil vom 18.9.2012, 3 AZR 176/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 6/2012, Seite 70