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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Analysen von Anwenderunternehmen
von verfügbaren Lösungen zeigen: Heu
tige Konzepte und Workforce-Manage
ment-Lösungenwie beispielweise die von
Success Factors, die ja von SAP übernom
men wurden, aber auch das System von
SAP selbst, oder das von SAS, erfüllen ge
rade einmal rund 60 Prozent der seitens
der Nutzer gestellten Anforderungen.
Dabei ist die Lösung einfach. Strate
gisches Workforce Management ist die
logische Konsequenz einer Entwicklung
der vergangenen Jahre. Durch die immer
leistungsfähigeren Informationssysteme
konnten Produktionsprozesse in allen
Branchen optimiert und automatisiert
werden. Führend in diesem Bereich war
und ist die Automobilbranche, die sich
bereits vor vielen Jahren mit der integ
rierten eSupply Chain beschäftigte, um
„Just In Time“ kostenoptimal arbeiten
zu können. Allerdings ging es dabei um
Halb- und Fertigfabrikate als Teil der
Produktionen, die geplant wurden.
Strategische Personalplanung im
Sinne von „Strategic Workforce Manage
ment“ (SWFM) muss heute den Ansprü
chen der modernen Produktionsplanung
gerecht werden. Das, was jedoch aktuell
als WFM in den Unternehmen vorwie
gend zum Einsatz kommt, entbehrt dabei
einer wesentlichen Grundlage – nämlich
der Integration mit dem Produktions
prozess an sich. Das ist auch der Grund,
warum Unternehmen, IT-Anbieter und
Berater seit Jahren nicht signifikant vo
rankommen, um WFM in den Organisa
tionen mehrwertstiftend zu etablieren.
Wer möchte einen 7er BMW mit drei
Außenspiegeln des 1er Modells?
Anhand eines Beispiels aus dem Auto
mobilbereich soll das veranschaulicht
werden: Heutige Workforce-Manage
ment-Lösungen können zwar die Qua
litätsmerkmale eines Rückspiegels
eines spezifischen Modells mehr oder
weniger erkennen und definieren – im
übertragenen Sinn sind dies Aspekte
wie Kompetenzen und Fähigkeiten, aber
auch Leistungs-Level und Hierarchie
ebenen –, aber den genauen Zeitpunkt
zu bestimmen, wann wie viele Stück auf
genau welchem Modell benötigt werden,
ist nicht möglich. Wenn also zumBeispiel
BMWmit einem heutigen Workforce-Ma
nagement-Ansatz oder -System arbeiten
würde und den damit verbundenen Mög
lichkeiten, kämen am Ende der Werks
halle 7er BMW entweder mit einem oder
zu vielen Außenspiegeln eines anderen
Modells der Flotte heraus oder aber ein
7er ohne Außenspiegel, weil das Mengen
gerüst der Produktion nicht definiert und
erfasst, geschweige denn extrapoliert
oder in Szenarien ausformuliert würde.
Es sind somit produktionstech
nische Grundlagen, die in heutigen
Workforce-Management-Denkmodellen
fehlen. Denn jedem Produktionspla
nungssystem liegt eine betriebliche
Wertschöpfungskette zugrunde. Diese
Wertschöpfungskette ist die „DNA“ des
Unternehmens, denn sie definiert und
schafft Transparenz darüber, wie, wo,
wann, welches Geld durch Leistungser
stellung verdient wird – und damit ein
hergehend, welche Produktionsfaktoren
dazu sowohl mengen- als auch ausprä
gungstechnisch erforderlich sind.
Eine HR-Wertschöpfungskette kann
wie folgt aussehen: HR-Strategie,
Planung, Rekrutierung, Betreuung,
Outplacement. Viele Unternehmen ver
wenden auch folgenden Ansatz: Rec
ruiting, Talentmanagement, Training
und Entwicklung, Performance Manage
ment, Nachfolgeplanung, Vergütung.
Es geht um die qualitative, aber vor
allem die quantitative Personalplanung
im Sinne des strategischen Workforce
Managements. Da jedoch die gängigen
Systeme die Wertschöpfung nicht als
quantitativen und integrierten Bezugs
rahmen verwenden, sind solche Systeme
und Ansätze auch nicht imstande, Daten
zu modellieren oder Szenarien zu rech
nen. Viele Ansätze nutzen zwar bereits
die Szenarioplanung als Mechanismus,
ohne dabei jedoch den erforderlichen
direkten Bezugsrahmen zur Wertschöp
fung und den relevanten Marktdaten
und -entwicklungen zu haben. Somit ist
die Aussagefähigkeit der generierten In
formationen umstritten.
Die Wertschöpfung muss somit als
Ausgangsbasis stringent im Work
force-Management System abgebildet
werden. Es geht um die Definition von
Wertschöpfungsschritten, Häufigkeiten
und Durchlaufzeiten. Diese quantita
tiven Informationen werden in weiterer
Folge über Job-Families oder Job-Clusters
direkt mit den relevanten qualitativen
Personaldaten verbunden. Dieses in
tegrative Konstrukt aus quantitativem
Bezugsrahmen und dem qualitativen
Workforce-Pool stellt die rechenbare und
vor allem modellierbare Basis für ein
nachhaltiges strategisches Workforce
Management dar.
Schritt eins:
Wertschöpfungskette dokumentieren
Damit einWorkforce Management valide
Daten und Informationen liefert, ist die
ser erste Schritt von enormer Bedeutung.
Der Begriff „Wertschöpfungskette“ bezeichnet Stufen der Produktion als eine geord-
nete Anreihung von Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten schaffen Wert und werden durch
Prozesse operativ umgesetzt. Sie bilden den Rahmen für solide Planungen.
Man unterscheidet zwischen Primär-Wertketten und Unterstützungs-Wertketten. Wichtig
ist die Unterscheidung zum Begriff „Prozess“, denn dieser stellt wesentlich tiefer auf
operative Abläufe ab. Im Rahmen des Workforce-Managements würden jedoch die Pro-
zesse einer Organisation als quantitativer Bezugsrahmen das System zu mächtig und zu
komplex werden lassen. Beispiele für HR-Wertschöpfungsketten finden Sie im Text.
Eine Wertschöpfungsbetrachtung ist eine bis zu einem gewissen Grad abstrahierte
Betrachtung eines Aktivitätenbündels, dem Mitarbeiter aber auch Mitarbeitergruppen
zugeordnet werden können. Durch diese n:n-Verbindung bildet die Wertschöpfungskette
den mengenmäßigen und somit rechenbaren Bezugsrahmen.
HR-Wertschöpfungskette
Definition
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