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BEFRISTUNG
RECHT
Vertretung auf Zeit genau prüfen
ÜBERBLICK. Im Befristungsrecht gab es zuletzt zwei grundlegende Änderungen
durch den EuGH und das BAG. Aber nicht nur darauf müssen Sie achten.
Auf Zeit: Die Tücken befristeter Verträge beachten.
gen gefällt. Zum anderen hat sich das
Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem
vielbeachteten Urteil vom 4. Juni 2011
(Az. 7 AZR 716/09) zur Frage der Zuvor-
beschäftigung bei sachgrundloser Erst-
befristung geäußert.
Die in den Medien daraufhin aufge-
tauchten Schlagzeilen wie „Kettenar-
beitsverträge jetzt möglich“ oder „Kein
Recht auf Festanstellung“ zeigen, dass
immer wieder Fehlinterpretationen der
rechtlichen Rahmenbedingungen von
Befristungen produziert werden. Dies
gilt nicht nur hinsichtlich der beiden
aktuellen Urteile, sodass Anlass für ei-
ne Bestandsaufnahme zum aktuellen
Befristungsrecht besteht.
Die sachgrundlose Erstbefristung
Befristete Arbeitsverträge können nach
§ 14 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungs-
gesetzes (TzBfG) auch ohne Vorliegen
eines sachlichen Grunds für eine Dauer
von bis zu zwei Jahren abgeschlossen
werden. Innerhalb dieses Zeitraums
kann die Befristung höchstens dreimal
verlängert werden. Dies gilt nach dem
eindeutigen Gesetzeswortlaut von § 14
Abs. 2 Satz 2 TzBfG dann nicht, wenn
mit demselben Arbeitgeber „bereits zu-
vor“ ein befristetes oder unbefristetes
Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Seit Inkrafttreten des TzBfG zum 1.
Januar 2001 und zuletzt mit Beschluss
vom 29. Juli 2009 (Az. 7 AZN 368/09)
hat das BAG – in bemerkenswertem
Einklang mit dem arbeitsrechtlichen
Schrifttum – diese Bestimmung als zeit-
lich uneingeschränktes, absolutes oder
lebenslanges Anschlussverbot (Zuvorbe-
schäftigungsverbot) verstanden.
Eine sachgrundlose Befristung schied
bisher aus,wennzwischendemUnterneh-
men (und sämtlichen Rechtsvorgängern)
und dem Bewerber „jemals zuvor“ ein
Arbeitsverhältnis bestanden hatte, selbst
wenn dieses schon Jahrzehnte zurücklag
und der Arbeitnehmer seinerzeit in einer
völlig anderen Funktion oder auch nur
für einen Tag beschäftigt gewesen war.
So konnte sich etwa ein Journalist, der als
Student einen Ferienjob bei einer Zeitung
hatte, bei einem zehn Jahre später abge-
schlossenen befristeten Arbeitsvertrag
auf das Verbot der Zuvorbeschäftigung
berufen. Dieses Erstbefristungsverbot
hatte zur Folge, dass das Arbeitsverhält-
nis bei gerichtlicher Geltendmachung als
auf unbestimmte Zeit geschlossen galt.
Ob der Arbeitgeber von der Vorbeschäfti-
gung wusste oder diese überhaupt ermit-
teln konnte, war irrelevant.
Das BAG hat nun überraschend seine
ständige Rechtsprechung zur Problema-
Von
Tobias Neufeld
und
Jochen Hartmann
Z
wei Urteile zum Befristungs-
recht haben in letzter Zeit große
mediale Aufmerksamkeit erfah-
ren: Zum einen hat der EuGH
am 26. Januar 2012 (Az. C-586/10) eine
wichtige Entscheidung zur Zulässigkeit
von sogenannten Kettenarbeitsverträ-
In Anlehnung an die Verjährung liegt laut BAG
keine Zuvorbeschäftigung vor, wenn das frühere
Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt.