Seite 70 - personalmagazin_2012_04

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Bei den Urteilsbesprechungen in diesem
Monat macht erneut eine Entscheidung
zum AGB-Recht den Anfang. Und Es
zeigt sich wieder einmal die Problema-
tik des sogenannten Verbots der gel-
ZUSAMMENFASSUNG
Abgeltungsklauseln, bei denen ohne nähere
Beschreibung pauschal Überstunden in das Gesamtentgelt einbe-
zogen werden, verstoßen gegen das Transparenzverbot, wenn der
Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht.
RELEVANZ
Die Entscheidung ist für Arbeitsverträge, bei denen Über-
stunden in der Grundvergütung enthalten sein sollen, von großer
Bedeutung. Danach sind derartige Vereinbarungen zwar möglich.
Bei Mitarbeitern die kein „herausgehobenes Entgelt“ (im vorlie-
genden Fall waren dies 1.800 Euro) beziehen, sei jedoch davon
auszugehen, dass der Arbeitnehmer zunächst eine „objektive Ver-
gütungserwartung“ für Überstunden habe. Der Arbeitgeber müsse
daher beschreiben, welchen genauen Umfang er ohne Entgelt zah-
len wolle. Tut er dies nicht, könne der Arbeitnehmer nicht wissen,
was auf ihn zukommt, und die Überstundenklausel ist deswegen
unwirksam.
Quelle
BAG, Urteil vom 22.2.2012, 5 AZR 765/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 9/2011, Seite 89
Überstunden richtig vergüten
Quelle
BAG, Urteil vom 22.2.2012, 4 AZR 24/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 9/2011, Seite 86
Günstigkeitsprinzip beachten
ZUSAMMENFASSUNG
Die Anrechnung eines bereits gewährten
Urlaubsanspruchs vom Vorarbeitgeber findet nicht nur bei aufeinan-
der folgenden Arbeitsverträgen statt, sondern auch in den Fällen
eines Doppelarbeitsverhältnisses.
RELEVANZ
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist insbesondere für
die Fälle interessant, bei denen ein Arbeitnehmer während eines
gerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens bereits eine neue Stelle
angetreten hat. Obsiegt der Arbeitnehmer im gerichtlichen Verfah-
ren, bestehen rechtlich gesehen zwei Arbeitsverhältnisse neben-
einander.
Die vom bisherigen Arbeitgeber gewährten Urlaubstage muss sich
der Arbeitnehmer nicht nach § 6 Bundesurlaubsgesetz, jedoch durch
eine analoge Anwendung des § 11 Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz
wie einen entgangenen Zwischenverdienst anrechnen lassen.
Quelle
BAG, Urteil vom 21.2.2012, 9 AZR 487/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 10/2011, Seite 81
ZUSAMMENFASSUNG
Dem Betriebsrat sind auf Anfrage die Namen
aller Arbeitnehmer vorzulegen, die für die Durchführung eines be-
trieblichen Eingliederungsmanagements in Betracht kommen.
RELEVANZ
Jeder Arbeitgeber hat für Arbeitnehmer, die innerhalb
eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, die Durch-
führung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zu
prüfen. Der einzelne Arbeitnehmer hat jedoch nicht die Pflicht, am
betrieblichen Eingliederungsmanagement teilzunehmen, er kann
sich dem auch verweigern. Allerdings beschreibt die entsprechende
Vorschrift des § 84 Abs. 2 Satz 7
SGB IX explizit, dass der Betriebs-
rat zu überwachen hat, ob der
Arbeitgeber seiner Pflicht zur Ein-
leitung des BEM nachkommt. Im
vorliegenden Fall hatte der Arbeit-
geber die namentliche Benennung
vom jeweiligen Einverständnis des
Arbeitnehmers abhängig gemacht.
Eine solche Einschränkung ist nach
Auffassung des BAG nicht möglich,
auch nicht aus datenschutzrecht-
lichen Gründen..
Quelle
BAG, Beschluss vom 7.2.2012, 1 ABR 46/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 3/2009, Seite 32
tungserhaltenden Reduktion. So konnte
das Bundesarbeitsgericht im Fall einer
unwirksamen Überstundenklausel nicht
festlegen, welche Höchstgrenze an unbe-
zahlten Überstunden im konkreten Fall
AGB-Urteile und kein Ende
vereinbar gewesen wäre. Was bleibt, ist
nur das Warten auf die nächste AGB-
Entscheidung, bei der dann eventuell ein
konkret benannter Umfang an Überstun-
den im Streit steht.
ZUSAMMENFASSUNG
Ein neuer Tarifvertrag kann selbst bei beider-
seitiger Tarifgebundenheit eine frühere günstigere individualrecht-
liche Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag nicht ablösen.
RELEVANZ
Ein wichtiges Urteil für Unternehmen, die in einen Firmen-
tarifvertrag wechseln, weil sie eine einheitliche arbeitsvertragliche
Basis für alle Mitarbeiter schaffen wollen. Die Folgen individual-
rechtlicher Abweichungen sollten hier vorab geprüft werden.
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URTEILSDIENST
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personalmagazin 04 / 12
Kranke wiedereingliedern.
Urlaubsbeschränkung bei Doppelansprüchen
Informationsrecht des Betriebsrats