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PERFORMANCE MANAGEMENT
SERIE: TALENTMANAGEMENT
MANAGEMENT
„Netzwerke sind die Leistung“
INTERVIEW. Die britische Professorin Lynda Gratton hat die Zukunftstrends der
Arbeitswelt erforscht. Hier leitet sie Folgen für das Performance Management ab.
personalmagazin:
Sie haben die Zukunfts-
trends der Arbeitswelt erforscht.
Welcher Trend wird das Performance
Management besonders beeinflussen?
Lynda Gratton:
Ich denke, dass das
Performance Management sich in den
kommenden Jahrzehnten stark wandeln
muss. Es gibt zwei Trends, die dabei
eine besondere Rolle spielen werden.
Der erste ist die Technologie – sie
ermutigt und befähigt die Menschen,
von zu hause aus zu arbeiten. Das heißt
für das Performance Management, dass
die Leistung virtueller Arbeitnehmer
berücksichtigt werden muss. Der zweite
Trend ist die steigende Bedeutung von
Zusammenarbeit. Es wird wichtiger,
die Teamleistung zu bewerten. Hinzu
kommt auch hier, dass viele Teams vir-
tuell zusammenarbeiten werden. Damit
wird das Feedback an sie der Schlüssel
zur Leistungssteigerung sein.
personalmagazin:
Wie sollte man Team-
arbeit künftig messen?
Gratton:
In unserer derzeitigen For-
schung zu Hochleistungsteams messen
wir die Leistung und die Innovation von
Teams. Dabei haben wir herausgefun-
den, dass es entscheidend ist, Stakehol-
der, wie zum Beispiel Lieferanten oder
Kunden des Teams, nach ihrer Beurtei-
lung zu fragen.
personalmagazin:
Wenn die Teamarbeit
dominiert, inwiefern kann man dann
noch die individuelle Leistung messen?
Gratton:
Das wird wirklich eine umso
größere Herausforderung, je mehr
der „Business Value“ in den Teams
erwirtschaftet wird. Ich denke, dass wir
zunehmend auf die Leistung Einzelner
schauen werden, wie sie über ihre
Netzwerke Grenzen überschreiten und
neue Ideen hervorbringen, indem sie
Menschen zusammenbringen.
personalmagazin:
Und wie wird das Per-
fomance Management den Trend zur
Arbeit im Homeoffice auffangen?
Gratton:
Das ist einer der interes-
santesten Zukunftstrends, den wir
aus unserer Forschung in mehr als 60
Unternehmen ableiten konnten. Für
Manager ist es wirklich schwierig, Mit-
arbeiter zu führen, zu denen sie keinen
direkten Kontakt haben. Das erfordert
von ihnen enormes Vertrauen. Für das
Performance Management heißt das,
dass Manager sich mehr auf die Beur-
teilung der Ergebnisse der Arbeit ihrer
Mitarbeiter konzentrieren müssen.
personalmagazin:
Wird auch der Trend zu
Social Media das Performance Manage-
ment beeinflussen?
Gratton:
Ich denke, dass Social Media die
Arbeit fundamental verändern werden,
indem mehr Informationen losgelöst
von der Hierarchiestufe zugänglich sein
werden. Es ist schon heute möglich,
den Wissensfluss in Unternehmen zu
beleuchten, um die Personen zu identi-
fizieren, die wie an Knotenpunkten das
Wissen im Unternehmen verteilen. Das
sollte auch in die Leistungsbemessung
einfließen. Denn diese Arbeitnehmer
sind besonders wichtig, um Wissen
über Abteilungs- oder nationale Gren-
zen hinaus weiterzugeben.
personalmagazin:
Und die Zukunft des
Performance Managements allgemein?
Sehen Sie hier einen bestimmten Trend
auf die Personaler zukommen?
Gratton:
Der Schwerpunkt im Perfor-
mance Management wird meines Er-
achtens künftig auf dem Feedback aus
der Peergroup liegen. Einer der span-
nendsten Aspekte der neuen techno-
logischen Entwicklungen ist, dass man
jetzt die Leistung sozusagen in Echtzeit
messen kann. Sobald Technologie im
Spiel ist, die Feedback über die Leistung
bereitstellt, wird die Führungskraft
eher die Rolle eines Unterstützers oder
Coaches übernehmen.
ist Professorin für Management Practice
an der London Business School. Die
Zeitung „Times“ zählte sie 2011 zu den
15 führenden Businessvordenkern.
Lynda Gratton
personalmagazin 04 / 12
Das Interview führte
Kristina Enderle da Silva.