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LEBENSPHASENORIENTIERUNG
personalmagazin 04 / 12
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Das Wann und Wie flexibel halten
TOOLS. Flexibilität heißt das Zauberwort, wenn es um die auf Lebensphasen
ausgelegte Gestaltung der Arbeitszeit und der Arbeitsorganisation geht.
Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und
Demografie“ umgesetzt. Lebensarbeits-
zeitkonten funktionieren grundsätzlich
nach einem einfachen Prinzip: heute
ansparen – bei Bedarf nutzen. Zeitwert-
konten ermöglichen die Flexibilisierung
der Lebensarbeitszeit der Mitarbeiter
dadurch, dass das Entgelt für einen Teil
der geleisteten Arbeit nicht unmittelbar
zur Auszahlung gelangt, sondern ange-
spart wird. Die angesparten Guthaben
werden dann zu einem späteren Zeit-
punkt in Form von bezahlter Freistellung
abgebaut, wobei diese nach den Regeln
des Sozialgesetzbuchs eine sogenannte
vorruhestandsnahe Freistellung oder ei-
ne zwischenzeitlicheAuszeit wie etwa ein
Sabbatical für Weiterbildung sein kann.
Von
Rudolf Kast
D
er
Arbeitszeitgestaltung
kommt in der lebensphasen-
orientiertenPersonalarbeit eine
zentrale Bedeutung zu, weil sie
bei den Beschäftigten einen sehr hohen
Stellenwert für die Zufriedenheit mit der
Arbeit besitzt. Die entsprechenden Wün-
sche und Vorstellungen sind stark von
individuellen Faktoren, der Lebenspha-
se und den Leistungsvoraussetzungen
abhängig. Deshalb befördern Konzepte,
die die Gestaltung der Arbeitszeit in ge-
wissen Grenzen den Mitarbeitern selbst
überlassen, bei diesen die Arbeitszufrie-
denheit und demzufolge die Motivation.
VorallemwünschensichvieleErwerbs-
tätige, die beruflichen Verpflichtungen
besser mit den familiären vereinbaren zu
können. Dies ist aber nur ein Aspekt, bei
dem es darum geht, die Kindererziehung
oder die Pflege von älteren Angehörigen
zu ermöglichen. Ferner plädieren viele
Beschäftigte auch für die Herabsetzung
der wöchentlichen Arbeitszeit ab einem
bestimmten Lebensalter. Flexible Ar-
beitszeiten, wie zum Beispiel Gleitzeit,
Teilzeit, Jahres-, Lebens- oder Arbeits-
zeitkonten, Freistellungsregelungen wie
Sonderurlaub oder ein Sabbatical, bieten
die Chance, all diese Anforderungen aus
Sicht der Betriebe und der Beschäftigten
zu vereinbaren.
Flexibilität heißt dabei das Zauber-
wort, von dem Unternehmen und Mit-
arbeiter gleichermaßen profitieren.
Vorbildlich haben dies die Tarifver-
tragsparteien in der Chemischen Indus-
trie mit ihrem 2008 abgeschlossenen
TIPPS
Rechtliche Umsetzungsmöglichkeiten
Die Ausstattung eines Arbeitsvertrags mit einzelfallbezogenen, maßgeschneiderten
Elementen kann bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen schwierig werden. Je nach Art
der individuellen Vereinbarung besteht die Gefahr, dass sie dem sogenannten Tarifvor-
rang zum Opfer fällt. Danach sind Abweichungen vom Tarifvertrag nur möglich, wenn sie
vom Tarifvertrag abweichende günstigere Bedingungen beinhalten.
Tarifgebundenen Arbeitgebern ist daher generell zu raten, die Einführung von Lebens-
arbeitszeitmodellen über bestehende oder noch abzuschließende besondere spezielle
Tarifverträge auf eine dauerhafte rechtssichere Basis zu stellen.
Eine elegante Möglichkeit bieten hier sogenannte Öffnungsklauseln, bei denen durch
Tarifverträge die nähere Ausgestaltung von Lebensarbeitsvereinbarungen auf die Ebene
der Betriebsvereinbarung delegiert wird und unternehmensspezifische Regelungen dann
mit dem Betriebsrat ausgehandelt werden können.
Wer lebensphasenorientierte Vergütungssysteme und damit das Abkoppeln von Arbeits-
leistung und Arbeitsentgelt will, muss aber auch wissen, dass die Sozialversicherung
in ihrer Grundstruktur zunächst völlig ungeeignet für derartige Vergütungssysteme ist.
Um dies dennoch bewerkstelligen zu können, muss man sich penibel an die Vorschriften
des Sozialgesetzbuchs IV (§§ 7b-7f) halten, in denen kompliziert geregelt ist, wie das
Auseinanderfallen von Arbeit und Vergütung mit der zwingenden Einführung von Wert-
guthabenkonten zu bewerkstelligen ist.
Von
Thomas Muschiol
(Red.)