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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
sich auch die Auswirkungen: Ist die Er-
reichung eines Maximalziels bei gleich-
zeitigem Minimalziel des Betriebsrats
wirklich ein gutes Ergebnis? Drastische
Niederlagen des Betriebsrats rächen
sich häufig.
Legen Sie außerdem die Höhe der
Einstiegsforderung fest. Hier gilt zwar
oft: Wer hoch zielt, schießt weit. Es be-
steht allerdings auch das Risiko, den
Verhandlungspartner zu verärgern und
eine Blockadehaltung zu provozieren.
Andererseits würden Sie bei einer For-
derung, die nur knapp an der Grenze des
für Sie Vertretbaren liegt, auch den Un-
willen der Gegenseite auf sich ziehen,
da der Betriebsrat natürlich einen Ver-
handlungserfolg verbuchen will. Etwas
Spielraum muss daher noch drin sein.
Es gilt also, eine Einstiegsforderung zu
finden, die nicht abschreckt, aber noch
Verhandlungsspielraum erlaubt.
Stellen Sie dann ein Verhandlungs-
team zusammen. Wichtig ist, dass es
einen Verhandlungsführer gibt, der
das Gespräch eröffnet und nach Unter-
brechungen das Wort ergreift. Er muss
kein betriebsbezogenes Fachwissen ha-
ben und sollte eher aus dem operativen
Bereich kommen. Außerdem gilt es, not-
wendige Informationen zusammenzu-
stellen. Halten Sie alle benötigten Daten
bereit sowie nach Möglichkeit eine Auf-
stellung, was eine Verzögerung der Eini-
gung kosten würde. Um die Verhandlung
zügig zu einem Ende zu bringen, ist es
zudem sinnvoll, von vornherein meh-
rere Termine zu vereinbaren. Zu guter
Letzt ist es fast immer zu empfehlen,
dass Sie einen ersten Entwurf einer Ver-
einbarung schon für den ersten Termin
vorbereiten. Der Grund: Es ist schwierig,
ein vom Betriebsrat überreichtes Doku-
ment umzuschreiben. Löschungen und
Streichungen provozieren nämlich Ab-
wehrhaltungen. Denn auch für die Ver-
handlungen mit dem Betriebsrat gilt das
Spirchwort: „Wer schreibt, der bleibt.“
Die Verhandlungsphasen
Die Verhandlungen selbst sollten in
strukturierten Phasen geführt werden.
Sie beginnen mit einem Warm-up, um
ein positives Gesprächsklima zu schaf-
fen. Dann folgt eine Phase, in der der
formelle Rahmen definiert wird. Klären
Sie die Zuständigkeiten und Kompe-
tenzen Ihres Gegenübers und definieren
Sie, welche Themen Gegenstand der Ver-
handlung sind und welcher Sachverhalt
zugrunde liegt. Wie kam es überhaupt zu
dem Konflikt? Geben Sie dem Betriebs-
rat die Möglichkeit, den Sachverhalt aus
seiner Sicht darzustellen. Hierbei ist es
wichtig, dass Sie zwischen den Zeilen
lesen, um herauszufinden, welche Inte-
ressen er mit seinem Anliegen wirklich
verfolgt. Und es ist wichtig, ihn dabei
nicht abzuschneiden, denn damit punk-
ten Sie auf der Beziehungsebene.
Danach geht es in die eigentliche Ver-
handlung, also in die Argumentations-
phase. Optimalerweise werden dabei die
einzelnen strittigen Punkte nacheinan-
der besprochen und jeweils mit Sachar-
gumenten pro und contra hinterlegt. In
dieser Phase spielt die eigentliche Mu-
sik der Verhandlung. Wer hier die bes-
seren Argumente liefert, wird letztlich
erfolgreich sein. Unser Tipp ist daher,
die Verhandlung strikt gemäß den vier
Grundprinzipien des „Harvard Negotia-
tion Concept“durchzuführen. Diese lau-
ten wie folgt:
Erstens: Unterscheiden Sie zwischen
der Beziehungs- und der Sachebene.
Zweitens: Im Vordergrund der Ver-
handlungen sollten die wirklichen In-
teressen stehen, also die tatsächlichen
Ziele der jeweiligen Parteien – und nicht
die eingenommenen Positionen.
Drittens: Häufig hilft es, den Verhand-
lungsgegenstand zu erweitern, um den
Interessen der Gegenseite gerecht wer-
den zu können.
Viertens: Suchen Sie nach objektiven
und neutralen Kriterien, die für Ihre Lö-
sung sprechen.
In der finalen Phase der Verhandlung
steltt sich schließlich heraus, ob es zu
einer Einigung kommt oder nicht. Ist di-
es der Fall, sollten Sie die Vereinbarung
sogleich vollständig finalisieren und
wasserdicht abfassen oder – sofern dies
nicht der Fall ist – die weiteren Schritte
vorbereiten.
Das Windhundrennen gewinnen
Ist eine Einigung mit dem Betriebsrat
nicht möglich, bedeutet dies zumeist,
die Einigungsstelle anzurufen. Dort
kommt dem Einigungsstellenvorsitzen-
den meist die „spielentscheidende“ Rolle
zu. Wenn aus Arbeitgebersicht absehbar
wird, dass eine Vereinbarung mit dem
Betriebsrat nicht getroffen werden kann,
sollten Sie schnell sein.
Bei gerichtlichen Auseinanderset-
zungen insbesondere über die Person
des Vorsitzenden müssen Sie das so ge-
nannte Windhundrennen gewinnen. Das
bedeutet: Derjenige, der zuerst den An-
trag an das Arbeitsgericht stellt, obsiegt
mit seinem Vorschlag. Hiervon gehen
wohl die meisten Gerichte aus. Alter-
nativ kann das Gericht bei einem Streit
um den Einigungsstellenvorsitzenden ei-
ne dritte Person vorschlagen. Daher ist
es wichtig, dass Sie eine solche Person
bereits vorab angesprochen haben und
dass Sie signalisieren können, dass Ihr
zweiter Favorit tatsächlich zur Verfü-
gung stünde. In diesem Fall besteht ei-
ne gute Chance, dass ihr zweiter Favorit
eingesetzt wird.
DR. CHRISTOPHER JORDAN
und
DR. ALEXANDER BISSELS
sind Fachan-
wälte für Arbeitsrecht bei CMS Hasche
Sigle in Köln.
Es gilt das Sprichwort:
„Wer hoch zielt, schießt
weit.“ Dennoch sollten
Sie zum Einstieg nicht
zu viel fordern. Damit
riskieren Sie eine
Blockadehaltung des
Betriebsrats.