Seite 75 - personalmagazin_2012_07

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RECHT
_KOLUMNE
Liebe Personalexperten,
fehlerlose Arbeits-
verträge und unangreifbare Einschät-
zungen in der Entgeltabrechnung – wer
den Anspruch hat, diese Prämissen
stets zu erfüllen, wird zwangsläufig
Schiffbruch erleiden. Denn bekanntlich
ist das Personalrecht nicht nur gespickt
mit gesetzlichen Unvollkommenheiten,
sondern auch einer ständigen Dynamik
ausgesetzt, bei der ein Anspruch auf
fehlerlose Ergebnisse zur unerreich-
baren und darum letztlich untauglichen
Idealvorstellung wird. Dazu kommt:
Personalentscheidungen sind oft unter
enormem Zeitdruck zu fällen, bei dem
Sie es sich gar nicht erlauben können,
aufwendige Recherchen durchzuführen
oder Rechtsauskünfte einzuholen.
Bevor Sie nun in Untätigkeit verharren: Bei ar-
beitsrechtlichen Entscheidungen zunächst vor
allem Fingerspitzengefühl gefragt.
Denn ob
eine rechtlich falsche Entscheidung Kon-
sequenzen hat, hängt erst einmal davon
ab, ob überhaupt ein Streit zwischen den
Beteiligten auftritt. Es gilt der Grundsatz:
„Wo kein Kläger, da kein Richter.“
Anders sieht das Risiko jedoch bei Entscheidungen
aus, die Sie im Bereich der Entgeltabrechnung
fällen müssen.
Hier wird von Amts wegen
ermittelt. Auf die Spekulation, ein Be-
triebsprüfer der Lohn- oder Sozialversi-
cherung werde den Fehler schon nicht
finden, sollten Sie sich tunlichst nicht
verlassen. Aber Sie können hier vor-
beugend tätig werden. Während Sie bei
arbeitsrechtlichen Sachverhalten keine
Möglichkeit haben, sichvorabdieRichtig-
keit einer Entscheidung bescheinigen zu
lassen, gibt es im Bereich der Entgeltab-
rechnung Möglichkeiten, diesem Risiko
vorzubeugen. Bei Lohnsteuerfragen ist
dies die sogenannte Anrufungsauskunft,
ein gesetzlich vorgesehenes Mittel, die
Verwaltung und sogar die Gerichte da-
zu zu zwingen, zu einer Zweifelsfrage
KOLUMNE.
Der Anspruch, stets rechtssicher zu handeln,
entpuppt sich meist als untaugliche Idealvorstellung.
Personalarbeit heißt
mit Fehlern leben
schon dann Stellung zu nehmen, bevor
das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Schön wäre es, wenn es bei sozialversiche-
rungsrechtlichen Zweifeln auch eine solche
Anrufungsauskunft gäbe
. Dazu hat sich der
Gesetzgeber bisher leider nicht durch-
ringen können. Gleichwohl gibt es Wege,
das Risiko einer Falschbeurteilung in
der Sozialversicherung durch vorherige
„Kommunikation“ mit der Sozialversi-
cherung zu minimieren
.
Am ehesten der lohnsteuerlichen Anrufungsaus-
kunft nahe kommt das Statusfeststellungsver-
fahren nach § 7a SGB IV.
Dazu kann immer
dann gegriffen werden, wenn Unklar-
heiten darüber bestehen, ob man einen
freien Mitarbeiter oder eine Honorar-
kraft rechtlich richtig eingestuft hat.
Dies ist ein probates Mittel, um späteren rück-
wirkenden Verbeitragungen in exorbitanter Hö-
he zu entgehen.
Denn nach § 7a Abs. 6 gilt:
Wird ein solches Statusverfahren inner-
halb eines Monats nach Aufnahme der
Tätigkeit gestellt, so tritt die Versiche-
rungspflicht erst mit der Bekanntgabe
der Statusentscheidung ein.
Alles Gute und bis zum nächsten Mal.
THOMAS MUSCHIOL
leitet das Ressort Recht im
Personalmagazin.
IM ARBEITSRECHT
GILT: „WO KEIN
KLÄGER, DA KEIN
RICHTER“; DAHER
IST FINGERSPITZEN-
GEFÜHL GEFRAGT.
Bei der
Entgeltabrechnung
setze ich auf ADP.
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