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Aus jedem Arbeitsverhältnis resultiert
zwar zwangsläufig eine gewisse Be-
schränkung der persönlichen Freiheit.
Diese darf aber nicht über das hinausge-
hen, was der Zweck des Arbeitsverhält-
nisses unter Beachtung des nach Art.
2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützten
allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
Arbeitnehmers unvermeidbar erfordert.
Der Arbeitnehmer ist mithin nicht ver-
pflichtet, jedes Verhalten zu unterlassen,
das zu einer Selbstschädigung, insbe-
sondere durch Eintritt von Arbeitsunfä-
higkeit, führen kann. Ein gewisses Maß
an Sorglosigkeit oder Unvorsichtigkeit
muss akzeptiert werden. Andernfalls,
so die Rechtsprechung, erfolge ein zu
starker Eingriff in die Privatsphäre des
Arbeitnehmers. Sportliche Aktivitäten
und sich hierbei ereignende Sportunfäl-
le in der Freizeit sind daher in der Regel
hinzunehmen.
Entgeltfortzahlung ist nicht abdingbar
Bei der formularmäßigen Verwendung
von Klauseln wie auch bei individuellen
Selbst verschuldet? Bei gefährlichen Sportarten können sich Mitarbeiter schnell
verletzen. Dennoch gibt es kaum Spielraum, die Entgeltfortzahlung einzuschränken.
Vereinbarungen sind zudem die zwin-
genden gesetzlichen Regelungen des
Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) zu
beachten. Von diesen darf gemäß § 12
EFZG nicht zuungunsten des Arbeitneh-
mers abgewichen werden. Der Entgelt-
fortzahlungsanspruch aus § 3 Abs.
1 EFZG kann daher vertraglich weder
ausgeschlossen noch über die Imple-
mentierung zusätzlicher Anspruchs-
voraussetzungen oder erweiterter
Ausschlussgründe eingeschränkt wer-
den. So hat etwa das LAGRheinland-Pfalz
entschieden (Urteil vom 29.10.1998, Az.
5 Sa 823/98), dass eine Vereinbarung
unwirksam ist, in der die Entgeltfortzah-
lung für Unfälle infolge der Teilnahme
an einem Motorradrennen ausgeschlos-
sen wurde.
Verschuldensbegriff ist maßgeblich
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung
setzt unter anderem voraus, dass die
Arbeitsunfähigkeit ohne Verschulden
des Arbeitnehmers im Sinne des § 3
Abs. 1 EFZG eintritt. Ein gewisser Ge-
staltungsspielraum dürfte allenfalls
in Betracht kommen, wenn und soweit
sich eine vertragliche Regelung ledig-
lich auf eine Konkretisierung dieses im
Entgeltfortzahlungsrecht maßgeblichen
Verschuldensbegriffs unter Berücksich-
tigung der spezifisch geschuldeten Ver-
tragspflichten beschränkt. Schuldhaft
im Sinne der Vorschrift handelt nur, wer
gröblich gegen das von einem verstän-
digen Menschen im eigenen Interesse
zu erwartende Verhalten verstößt (BAG,
Urteil vom 1.6.1983, Az. 5 AZR 536/80).
Ein Verschulden kommt bei sportlichen
Aktivitäten nach der Rechtsprechung in
drei Fallgruppen in Betracht:
Erster Prüfstein:
Besonders gefährliche Sportarten
Bei besonders gefährlichen Sportarten
sieht die Rechtsprechung schon in der
Ausübung die allgemeine Gefahr, dass
auch ein gut ausgebildeter Sportler un-
ter sorgfältiger Beachtung aller Regeln
das Verletzungsrisiko nicht kontrollie-