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zeit Erholungszeiten gewährt werden,
die in den Dienstplänen zu bezahlten
Kurzpausen zusammengefasst werden.
Unabhängig davon wurden Überstunden
und deren Ausgleich durch Freizeit auf
einemArbeitszeitkonto festgehalten. Am
1. April 2008 trat ein neuer Tarifvertrag
in Kraft, demzufolge die Erholungszeiten
gekürzt wurden. Die Kürzung konnte
erst drei Monate nach Inkrafttreten der
Änderungen in den neuen Dienstplänen
umgesetzt werden. Deshalb kürzte die
Beklagte das Zeitguthaben um 7,2 Stun-
den und begründete dies damit, dass die
Klägerin im Zeitraum zwischen Ände-
rung des Tarifvertrags und Anpassung
der Dienstpläne die ihrerseits geschul-
dete Arbeitsleistung nicht vollständig
erbracht habe. Die Klägerin klagte dage-
gen und obsiegte in allen Instanzen.
Die Gründe der Entscheidung
Das BAG wies die Revision der Beklag-
ten zurück, weil es der Auffassung war,
dass eine Kürzung des Zeitguthabens
nur dann legitim sei, wenn die der Füh-
rung des Arbeitszeitkontos zugrunde
liegende Vereinbarung – sei es in Form
eines Arbeitsvertrags, einer Betriebsver-
einbarung oder eines Tarifvertrags – die
Möglichkeit hierzu eröffnet. Da weder
der einschlägige Tarifvertrag noch eine
Betriebsvereinbarung vorsahen, dass
das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden
belastet werden darf, war die Kürzung
des Zeitguthabens unzulässig.
Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil des BAG ist zunächst wenig
überraschend: Dass es einer rechtlichen
Grundlage bedarf, wenn zulasten des
Arbeitnehmers agiert werden soll, ist
erst mal keine neue Erkenntnis. Aller-
dings spielten im vorliegenden Fall ei-
nige besondere Umstände zusammen,
die das Urteil bemerkenswert machen.
So handelte es sich hier zum einem um
ein reines Überstundenkonto, das ledig-
lich Überzeitarbeit und ihren Ausgleich
durch Freizeitnahme reglementiert.
Zum anderen sah eine tarifvertragliche
Regelung vor, dass eine abweichende
Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit
innerhalb von zwölf Monaten auszuglei-
chen ist. Die Regelung war damit erkenn-
bar in die Zukunft gerichtet und erlaubt
eine Verrechnung mit den bereits ange-
sparten Freizeitausgleichsansprüchen
der Arbeitnehmerin nicht.
Arbeitgeber, die derartige Überstun-
denkonten etabliert haben, sollten daher
sicherstellen, dass Vereinbarungen exi-
stieren, die sie zu einer solchen Verrech-
nung berechtigen. Für Arbeitgeber, die
eine flexible Arbeitsgestaltung im Wege
des klassischen Arbeitszeitkontos anbie-
ten, hat das Urteil hingegen kaumBedeu-
tung. Dieser Form des Arbeitszeitkontos
ist es immanent, Minus- und Überstun-
den zu saldieren, sodass es diesbezüg-
lich regelmäßig Vereinbarungen geben
wird, die den Arbeitgeber zu einer Kür-
zung des Zeitguthabens berechtigen.
DR. CHRISTIAN SCHIELKE
ist Fachanwalt für Arbeits-
recht und Partner bei White &
Case LLP Frankfurt.
„Eine Kürzung des Zeitguthabens des Arbeitnehmers
ist nur dann legitim, wenn die der Führung des
Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung
die Möglichkeit hierzu eröffnet.“
Kernsatz der BAG-Entscheidung
Muster
Merkblatt Arbeitszeiterfassung
(HI1082432)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
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