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Erste Branchenzulage für Zeitarbeiter
G
leicher Lohn für gleiche Arbeit.
Unter diesem Motto wird auf poli-
tischer Ebene seit geraumer Zeit
heftig darüber gestritten, ob eine gesetz-
liche Änderung für die Entlohnung von
Zeitarbeitnehmern notwendig ist.
Zur Erinnerung: Im Arbeitnehmer-
überlassungsgesetz ist der Grundsatz
festgeschrieben, dass Zeitarbeitnehmer
den gleichen Lohn erhalten müssen,
wie er für eine vergleichbare Tätigkeit
im Betrieb des Entleihers gezahlt wird.
Davon gibt es jedoch eine wichtige Aus-
nahme: Wenn für die Leiharbeitneh-
mer ein Tarifvertrag mit abweichenden
Lohnbedingungen besteht, sind auch
Vereinbarungen unterhalb der „Equal
Pay“-Grenze möglich. Diese Situation
wirdmittlerweile nicht nur von der Oppo-
sition, sondern auch von der Regierungs-
„Whistleblowing“:
Altenpflegerin erhält Abfindung
V
or knapp einem Jahr hat das Urteil des Europäischen Gerichts-
hofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg für mächtig Auf-
sehen gesorgt: Das Gericht gab einer Altenpflegerin Recht, die
gegen ihre Kündigung geklagt hatte. Die Mitarbeiterin hatte ihren Ar-
beitgeber angezeigt, umMissstände in einem Altenheim aufzudecken.
Der Betreiber reagierte mit der fristlosen Kündigung. Nun einigten
sich die Parteien in einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg auf eine Kündigung aus betrieblichen Gründen.
Im Gegenzug bezahlt der Arbeitgeber an die Altenpflegerin eine Ab-
findung im hohen fünfstelligen Bereich.
Die Richter in Straßburg urteilten im Juli 2011, dass die Meinungs-
freiheit der Altenpflegerin verletzt sei. In den vorangegangenen Ent-
scheidungen – vor den deutschen Gerichte hatte die Klage gegen die
Kündigung keinen Erfolg – sei dieses Recht nicht ausreichend berück-
sichtigt worden (lesen Sie dazu das Interview im Personalmagazin,
Heft 12/2011, ab Seite 68). Nach diesem Urteil wurde nun das Verfah-
ren in Deutschland wieder aufgenommen und per Vergleich beendet.
Das Urteil des EGMR entfachte auch die Diskussion um ein Gesetz zum
sogenannten „Whistleblowing“ neu. Entsprechende Initiative der SPD
und auch jene der Linken stecken jedoch noch im Gesetzgebungsver-
fahren – vermutlich mit geringen Chancen auf eine Umsetzung.
koalition als unbefriedigend bezeichnet.
Als erste Maßnahme wurde für Teile der
Zeitarbeit ein gesetzlicher Mindestlohn
eingeführt. Über die Wege einer wei-
teren Annäherung an den „Equal Pay“-
Grundsatz konnte jedoch bisher keine
Einigung erzielt werden.
Allerdings hat die Regierungskoaliti-
on immer wieder betont, dass sie eine
gesetzliche Änderung dann nicht mehr
für notwendig erachtet, wenn sich die Ta-
rifpartner selbst auf sozialverträgliche
Regelungen verständigen würden. Dies
ist jetzt im Bereich der Metall- und Elek-
troindustrie gelungen. Vereinbart wurde
erstmals in der deutschen Tarifgeschich-
te ein gestaffelter pauschaler Zuschlag
für Leiharbeitnehmer. Ab November
2012 sollen diese sogenannte Branchen-
zulagen erhalten, die an die Ausleihdau-
er gekoppelt sind. Die entsprechende
Staffel beginnt mit einem Zuschlag von
15 Prozent nach einer sechswöchigen
Verleihdauer und steigert sich bis zu
einem Zuschlag von 50 Prozent aus dem
Zeitarbeitstariflohn, der nach neunmo-
natiger Ausleihdauer gezahlt wird.
Metall-Leiharbeiter erhalten eine Zulage.