Seite 64 - personalmagazin_2012_07

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personalmagazin 07 / 12
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RECHT
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NEWS
Nachgelesen
Dass Begriffe, die vor über hundert Jahren
gesetzlich beschrieben wurden, bis heute
überlebt haben, zeigt die immer noch gel-
tende Figur des „unständig Beschäftigten.“
Entstanden ist der „Unständige“ aus seinem
Vorgängermodell, dem Tagelöhner, dessen
Vertrag buchstäblich täglich neu vereinbart
wurde. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit,
dass sich Personalabteilungen mit dieser
Spezies befassen müssen, äußerst gering.
Zwar ist Voraussetzung, dass die Beschäf-
tigung auf maximal sieben Tage begrenzt
ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass für
jede Kurz-aushilfe die Meldung „unständig“
erfolgen muss. Vielmehr gehört dazu die
Bewertung, dass dieselbe „berufsmäßig“
vorliegt. Es muss also in der Art der Tätigkeit
liegen, dass diese immer nur wenige Tage
ausgeübt wird, der ständige Wechsel des
Arbeitgebers quasi zum Beruf gehört. Als
Beispiel müssen hier meist die Auf- und
Abbauer von Karusellbetrieben, Opernsänger
oder Schauspieler herhalten. Für diejenigen,
die einmal einen solchen Fall abrechnen
müssen, noch die (politisch fragwürdige)
einzige Konsequenz der Einstufung: Unstän-
dig Beschäftigte sind versicherungsfrei in der
Arbeitslosenversicherung, was fast schon
wieder eine Assoziation zum Tagelöhner
aufkommen lässt.
Der unständig Beschäftigte
Sind Tariftreuegesetze EU-konform?
A
uf der Ebene der Bundesländer versuchen jetzt SPD und Grüne ihre
Vorstellungen über gesetzliche Lohnuntergrenzen auf demWeg von Ta-
riftreuegesetzen zu realisieren. Danach sollen nur noch Unternehmen
Aufträge von Land und Kommunen bekommen, die bestimmte Konditionen
einhalten. Vorreiter ist dabei das Land Nordrhein-Westfalen, welchem jetzt
das ebenfalls Rot-Grün geführte Land Baden-Württemberg folgen will. Kann
aber über den Weg eines Ausschreibungsgesetzes mehr gefordert werden, als
es die nationalen und europäischen Arbeitsrechtsvorschriften vorschreiben?
Nach Ansicht des Arbeitsrechtlers Professor Gregor Thüsing von der Univer-
sität Bonn stehen Tariftreueerklärungen vor dem Hintergrund des EU-Verga-
berechts auf äußerst wackeligen Füßen. So habe der EuGH entschieden, dass
derartige Einschränkungen zumindest dann nicht möglich sind, wenn sie
unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung der Bieter aus anderen
Mitgliedstaaten der Gemeinschaft führen. Zumindest in Ausschreibungsfäl-
len, die vom Anwendungsbereich des Unionrechts erfasst sind, sagt Thüsing,
dürften die Regelungen zur Tariftreue unanwendbar sein.
CGZP auch vor 2009 nicht tariffähig
Jetzt ist es amtlich: Das BAG hat festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung 2002 nicht
tariffähig war und damit das Urteil vom Dezember 2010 präzisiert. Die abgeschlossenen Tarifverträge waren nicht nur seit, sondern auch vor
2009 unwirksam. Das war bislang etwa für einige Sozialgerichte umstritten, weshalb sie Verfahren auf Rückzahlung der Sozialversicherungs-
beiträge zunächst ausgesetzt hatten. Diese werden nun fortgesetzt, vermutlich mit (noch) größeren Problemen für Zeitarbeitsunternehmen.
Betriebliche Übung auch im öffentlichen Dienst
Wer seinen Mitarbeitern jahrelang einen Versorgungsvertrag anbietet,
schafft eine bindende betriebliche Übung. Das gilt, trotz des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Sparsamkeit, auch im öffentlichen Dienst.
NEWS DES MONATS
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Skepsis gegenüber Tariftreuegesetz äußert Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing.
© INSITUT FÜR ARBEITSRECHT UND RECHT DER SOZIALEN SICHERHEIT, UNIVERSITÄT BONN
Arbeitszeit im Niedriglohnbereich
Jeder vierte Vollzeitbeschäftigte im Niedriglohnsektor arbeitet in Deutschland mindestens 50
Stunden pro Woche, laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Laut Arbeitszeitgesetz wäre bei 48 Stunden Schluss.
Nachbesserung im Fahrtenbuch unzulässig
Für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch reicht es nicht aus, wenn als Fahrtziele
nur Straßennamen angegeben sind und nachträglich erstellte Auflistungen diese Angaben präzisieren. Das hat das BFH bekräftigt.