personalmagazin 07 / 12
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MANAGEMENT
_PERSONALAUSWAHL
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Indikator für Analysefähigkeit sein“,
bestätigt Martin Kersting, Professor für
psychologische Diagnostik an der Justus-
Liebig-Universität Gießen. Kersting hält
solch eine Denksportaufgabe aber nur
„für eine von 100 möglichen Fragen, für
ein kleines Element in einem struktu-
rierten Interview-Setting“. Er ordnet sie
keiner Sonderkategorie zu. „Wichtig ist
in jedem Fall, dass man vor der Formu-
lierung des Brainteasers festlegen muss,
was man damit erfassen will“, ergänzt
der Psychologe. In der Praxis laufe es
aber oft anders ab. Da seien die „Brain-
teaser“ erst im Einsatz und man überle-
ge nachher, was die Antwort bedeutet.
„Fragt man: Wie viele Smarties in den
Smart passen und jemand antwortet ‚Gar
keins, weil ich die vorher alle aufgeges-
sen habe‘, wird das wahlweise als tolle
Antwort im Sinne von Belastbarkeit und
Kreativität gewertet oder als Indikator
dafür, dass die Person nur geringe analy-
tische Fähigkeiten hat“, erklärt Kersting.
„Das hängt oft einfach von der Sympa-
thie ab, das heißt, die Antwort wird im
Sinne der ohnehin schon gebildeten Ein-
schätzung vorab festgesetzt aufgrund
der stereotypen Annahmen über zum
Beispiel Frauen oder Ältere – und das
geht nicht.“
Logik oder Kreativität sind erfassbar
Je nachdem, was die Tester vorher festle-
gen, könnten sie „Brainteaser“ als einen
Indikator für die Analysefähigkeit nut-
zen – oder für die Kreativität, wenn sie
anders gestaltet seien, so der Psycholo-
ge. Für Kersting, der Testverfahren und
Fragebogen entwickelt sowie Interview-
trainings durchführt, haben die Fragen
je nach Ausgestaltung entweder Ähn-
lichkeit mit kleinen Fallstudien oder mit
situativen Fragen wie „Was machen Sie,
wenn Ihr bester Mitarbeiter kündigt?“
Wichtig ist dabei laut Kersting: „Es
kommt auf das Gesamtpaket an. Es
geht nicht um einen Wettbewerb, wel-
che Frage am besten geeignet ist. Son-
dern es geht darum, viele verschiedene
Fragen zu stellen und unterschiedliche
Fragetechniken zu nutzen, um den
‚Unisource‘-Fehler zu vermeiden“. Sein
Credo: „Zuerst muss man die Anforde-
rung definieren und dann die passenden
Verfahren auswählen. Neben dem Inter-
view sind das auch Tests und Fragebo-
Die meisten Aufgaben, für die man im Bewerbungsgespräch alle Sinne beisammen haben muss, kann man fünf Kategorien zuordnen:
Mathematisches Denken, logisches Denken, „Trial and Error“, „Out of the Box“-Denken, Schätzen. Hier stellen wir Ihnen drei Beispiele
von Squeaker.net vor. Weitere finden Sie im Buch „Das Insider-Dossier. Brainteaser im Bewerbungsgespräch“.
Mathematisches Denken: Halbe Hühner
Eineinhalb Hühner legen an eineinhalb
Tagen eineinhalb Eier. Wie viele Eier legt
ein Huhn an einem Tag?
Lösung „Ein Ei!“
möchte man als
Antwort herausrufen.
Doch da haben Sie
die Rechnung ohne
die Hühner gemacht.
Bedienen Sie sich
der Methode des
Dreisatzes und rech-
nen Sie die Angaben um: Wenn eineinhalb
Hühner an eineinhalb Tagen eineinhalb
Eier legen, dann legt ein Huhn an einein-
halb Tagen ein Ei. Das wiederum bedeutet,
dass ein Huhn an einem Tag zwei Drittel
Eier legt. Wie das geht, ist eine andere
Frage, die hier zum Glück nicht beantwortet
werden muss.
Testen Sie sich einmal selbst
PRAXISBEISPIEL
BEISPIELE
QUELLE: WWW.SQUEAKER.NET
Logisches Denken: Kind vor Ölgemälde
Das Einzelkind Matthias steht vor einem
Ölgemälde. Er erklärt: „Der Vater des Abge-
bildeten ist der Sohn meines Vaters.“ Wer
ist auf dem Gemälde
zu sehen?
Lösung Zerlegen
Sie den Satz in zwei
Teile: Zum ersten
„der Sohn meines
Vaters“ und zum
zweiten „der Vater
des Abgebildeten“.
Die erste Aussage macht deutlich, dass „der
Sohn meines Vaters“ natürlich nur Matthias
selbst sein kann. Die zweite Aussage „der
Vater des Abgebildeten“ ist identisch mit
„der Sohn meines Vaters“, wiederum
Matthias. Wenn aber Matthias der Vater des
Abgebildeten ist, kann auf dem Gemälde
nur der Sohn von Matthias zu sehen sein.
„Trial and Error“: Wasser schöpfen
Berta soll aus einem Brunnen einen Liter
Wasser schöpfen. Sie hat jedoch nur einen
Fünf-Liter-Kanister und einen Drei-Liter-
Kanister. Kann sie
mit zwei Versuchen
einen Liter schöpfen?
Lösung Berta nimmt
den Drei-Liter-Kanis-
ter, füllt ihn ganz
und schüttet dieses
Wasser anschließend
in den Fünf-Liter-
Kanister. Der Drei-Liter-Kanister wird nun
noch einmal gefüllt. Dieses Wasser wird
dann in den Fünf-Liter-Kanister umgefüllt
bis dieser voll ist. Da im Fünf-Liter-Kanister
bereits drei Liter sind, ist der Kanister voll,
wenn im Drei-Liter-Kanister noch ein Liter
verbleibt. Falls Berta kein Wasser verschüt-
tet hat, hat sie es geschafft.