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Recht
_Personalabbau
Wann ist ein Arbeitsplatz frei?
rechtsprechung.
Ist die Pflicht zur vorrangigen Kündigung von Leiharbeitnehmern
ein Angriff auf die freie Unternehmerentscheidung? Eine Zwischenbilanz des Streits.
Von
Wolfgang Lipinski
und
Anne Praß
Betriebsbedingte Kündigung:
Wer muss zuerst seinen
Arbeitsplatz räumen?
personalmagazin 12 / 12
B
ei betriebsbedingten Kündi-
gungen ist vom Arbeitgeber
stets zu prüfen, ob für den
betroffenen
Arbeitnehmer
im Unternehmen nicht eine Beschäfti-
gungsalternative besteht, für ihn also ein
freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Was aber sind „freie Arbeitsplätze“ und
gehören dazu auch Tätigkeitsbereiche,
bei denen sich der Arbeitgeber dafür
entschieden hat, sie nicht mit eigenen
Arbeitnehmern, sondern mit Leiharbeit-
nehmern zu besetzen?
Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit
Urteil vom 15. Dezember 2011, 2 AZR
42/10 jetzt erstmals eher versteckt zu
der Frage geäußert, ob ein Arbeitgeber
bei einem geplanten Personalabbau bei
ihm eingesetzte Leiharbeitnehmer vor-
rangig „kündigen“ muss, bevor er eigene
Arbeitnehmer kündigen kann.
Die LAG-Rechtsprechung und das
„Rahmenvertragsurteil“ des BAG
Die Rechtsprechung der Landesarbeits-
gerichte (LAG Berlin vom 3.3.2009, 12
Sa 2468/08; LAG Hamm vom 6.8.2007,
8 Sa 2311/04; LAG Hamm vom 5.3.2007,
11 Sa 1338/06) hatte den vorrangigen
Abbau der Leiharbeiter vor der be-
triebsbedingten Kündigung eigener
Arbeitnehmer gefordert, soweit die Leih-
arbeitnehmer nicht nur vorübergehend
zur Abdeckung von Auftragsspitzen
oder Vertretungen eingesetzt waren. Die
Landesarbeitsgerichte hatten insoweit
bei der betriebsbedingten Kündigung
eigener Arbeitnehmer die von Leihar-
beitnehmern dauerhaft besetzten Ar-
beitsplätze als freie Arbeitsplätze im
Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG gewertet
und die Kündigungen daran scheitern
lassen. Auch das Bundesarbeitsgericht
hatte mit Urteil vom 1.3.2007, 2 AZR
650/05 entschieden, dass Arbeitsplätze,
die als sogenannte Rahmenverträge ex-
tern vergeben werden, nur dann nicht
frei im Sinne eines anderweitigen Ar-
beitsplatzes sind, wenn ausgeschlossen
ist, dass auch nicht vertretungsbedingter
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