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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
te schön nach Kräften twittern solle.
In welche Dimensionen und Probleme
diesmünden kann, zeigt ein Rechtsstreit,
der derzeit in den USA ausgetragen
wird. Hier geht es um ein Folgeproblem
des „Twitterns im Arbeitgeberauftrag“,
nämlich um die Frage, ob der twitternde
Arbeitnehmer nach Verlassen des Unter-
nehmens seine dienstlich erworbenen
Kontakte schlicht und einfach mitneh-
men kann (vergleiche unten stehenden
Expertenrat).
Dass es dabei nicht nur um „Peanuts“
geht, zeigen die Rahmendaten der Kla-
ge. Immerhin 17.000 Kontakte hatte
der dienstlich twitternde Mitarbeiter
arbeitsvertraglich angesammelt. Das ta-
xierte die klagende Firma mit 2,50 Dol-
lar pro Kontakt und machte somit einen
Schadensersatzanspruch von 340.000
Dollar geltend.
„Bei der Twitter-Follower-Problematik
kommt es darauf an, was arbeitsvertrag-
lich geregelt ist. Ist es Verpflichtung des
Arbeitnehmers, in Netzwerken wie Twit-
ter aktiv zu sein, so ist dies im Ergebnis
nicht anders zu beurteilen als wenn ein
Arbeitnehmer in herkömmlicher Weise
arbeitsvertraglich verpflichtet ist, etwa
den Markenauftritt des Arbeitgebers zu
fördern. Die dadurch gewonnenen Un-
terlagen und Kundenkontakte sind dann
dem Arbeitgeber zuzurechnen. Dies
trifft auch auf die Adressen et cetera der
Follower zu.
Um langwierige Auseinanderset-
zungen zu vermeiden, sollten von vorn-
herein Regelungen insbesondere für den
Fall des Ausscheidens des Mitarbeiters
vereinbart werden. Hierzu zählen die
„Nutzungsrechte“ sowie die Herausgabe
der Follower-Daten und Passwörter.
Werden über einen privaten Account
auch Geschäftsbeziehungen geknüpft,
so sind auch diese Daten beziehungs-
weise Follower grundsätzlich von der
Rückgabepflicht erfasst. Bezüglich der
Weitergabe dieser Daten bestehen je-
doch datenschutzrechtliche Probleme,
insbesondere wenn sich der Geschäfts-
kontakt aus einem privaten Kontakt ent-
wickelt. Daher kann die Löschung oder
Weitergabe derartiger Daten im Zweifel
nicht verlangt werden. Der Arbeitgeber
wird sich daher entscheiden müssen:
Will er durch fehlende Hinweise auf die
Beziehung des twitternden Mitarbeiters
zum Arbeitgeber den Eindruck erwe-
cken, es preise sozusagen ein Neutraler
die Produkte an, so wird man mangels
entgegenstehender Vereinbarungen im
Zweifel diese Kontakte auch als privat
ansehen müssen. Allerdings hätte eine
Klage auf Schadensersatzklage, wie aus
den USA zu hören ist, in Deutschland
keinen Erfolg. Denn der Arbeitgeber
müsste seinen Schaden konkret darle-
gen und gegebenenfalls beweisen. Dies
erscheint kaum möglich, zumal es eine
Pauschalierung, wie in den USA, nach
deutschen Regeln nicht gibt. Ein Auswei-
chen auf Vertragsstrafen ist angesichts
Wem gehören „Twitter-Follower“?
expertentipp
Immer mehr Unternehmen verpflichten ihre Verkäufer, über eine ständige Präsenz in der
Twitter-Gemeinde Kontakte zu akquirieren und zu pflegen. Was aber geschieht, wenn
der Arbeitsvertrag endet und der Mitarbeiter sich mit seinen Kontakten „aus dem Staub
macht“? Wir befragten dazu den Arbeitsrechtsexperten Professor Stefan Lunk.
der damit verbundenen AGB-Problema-
tik gleichfalls praktisch nicht sinnvoll.
Somit blieben Unterlassungs- oder He-
rausgabeansprüche, die sich aus dem
unbefugten Verwenden von Geschäfts-
geheimnissen ergeben könnten. Hierbei
sind aber nur solche Daten geschützt,
die nicht offenkundig sind, also nicht –
wie die bloße Adresse des Kunden – oh-
ne Weiteres zu erlangen sind. Hat der
Arbeitnehmer über das Twittern derart
nicht offenkundige Kundendaten erlangt
und gespeichert, so stellen derartige Li-
sten regelmäßig selbst dannGeschäftsge-
heimnisse dar, wenn der Arbeitnehmer
die Kunden selbst „geworben“ hat (BGH
26.6.2009 – I ZR 28/06). Will man dem
Mitarbeiter vertraglich generell untersa-
gen, nach seinemAusscheiden für bishe-
rige „Twitter-Kontakte“ tätig zu werden,
ist eine Abgrenzung zumkarenzentschä-
digungspflichtigen nachvertraglichen
Wettbewerbsverbot vorzunehmen.“
PRof. Dr.
Stefan Lunk
ist
Rechtsanwalt bei
der Kanzlei Latham
& Watkins LLP in
Frankfurt am Main.
„Werden über einen privaten Account auch Geschäfts-
beziehungen geknüpft, so sind auch diese Daten bezie-
hungsweise Follower von der Rückgabepflicht erfasst.“