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Recht
_social media
„Twittern Sie mal ordentlich!“
trend.
Immer mehr Unternehmen entdecken das Twittern als Marketinginstrument.
Wer seine Mitarbeiter darauf ansetzt, muss arbeitsrechtliche Lösungen finden.
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
D
ie Kommunikationserweite-
rung durch den Nachrichten-
dienst „Twitter“ hat mittlerweile
eine gigantische Dimension
erreicht und durchdringt alle Lebensbe-
reiche und Situationen. Dabei ist es nicht
nur der Pendler im Vorort-Zug oder der
Spaziergänger auf der Parkbank, der mit
konzentriertem Blick auf sein Smart-
phone eine unbekannte Zahl von Twitter-
Kollegen an seinen aktuellen Erlebnissen
teilnehmen lässt. Twittern ist viel­mehr
gesellschaftsfähig geworden. Dies nicht
nur durch Politiker, die sich zunehmend
gerne twitternd vor laufenden Kameras
zeigen, auch den Business-Bereich hat
die virtuelle und grenzenlose Kommu-
nikationsform schon längst erreicht.
Zunächst eher zur lieben Not von Perso-
nalverantwortlichen. Die beschäftigten
sich ursprünglich damit, wie sie den
Trend zur ständigen Twitter-Verbindung
arbeitsrechtlich in den Griff bekommen.
Denn ein geübter Twitterer hält parallel
zu seiner Arbeitstätigkeit permanent
Kontakt zu seinen virtuellen Gruppie-
rungen, neudeutsch auch „Follower“
genannt. Das „Zwitschern“ zu verbie-
ten ist allerdings ein schwieriges Un-
terfangen, denn gegen entsprechende
Twitter-Verbote stellten sich oftmals die
Führungskräfte selbst. Sie erkannten,
dass das Twittern auch durchaus zu Ge-
schäftszwecken nutzbar ist.
Es besteht Regelungsbedarf
Darüber sind sich die Experten einig:
Twittern im Betrieb sollte arbeitsrecht-
lich geregelt sein. Insbesondere Möglich-
keiten oder auch Verbote des privaten
Twitterns sollten fixiert werden.
Ist es aber nicht von vornherein ein
untauglicher Versuch, mit dem aus der
Jahrhundertwende stammenden BGB
und dessen Grundzügen des Arbeitsver­
tragsrechts derartige virtuelle Quan-
tensprünge in praktikable Vorschriften
zu fassen? Prinzipiell ist dies möglich,
meint Arbeitsrechtsexperte Professor
Stefan Lunk. Er sieht die Probleme eher
darin, dass sich Privates und Dienst-
liches faktisch oft nicht trennen lasse.
Aber die Arbeitsrechtler, die derzeit
zu Dutzenden an sogenannten „Social-
Media-Guidelines“ arbeiten, können
kaum Luft holen. Immer öfter stellt sich
ein weiteres, speziell arbeitsrechtliches
Twitter-Problem. Das Zauberwort heißt
„Twittern als Arbeitspflicht“ und trägt
dem Umstand Rechnung, dass immer
mehr Marketingstrategen das Twittern
als Kontakt und Verkaufsmodell der Zu-
kunft erkannt haben. Da liegt es nahe,
das Twittern nicht etwa einzuschränken,
sondern im Gegenteil vom Mitarbeiter
zu fordern, dass er in Zukunft doch bit-
Wertvolle Twitter-Kontakte:
Ob privat oder dienstlich erworben,
ist eine entscheidende Frage.
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