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Recht
_Urteilsdienst
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Fehlendes BEM ist kein K.-o.-Kriterium bei der Kündigung
Wird einem Arbeitnehmer krankheits-
bedingt gekündigt, so ist die Kündigung
nicht allein schon deswegen unwirksam,
weil dem Arbeitgeber vorzuwerfen ist,
er sei seiner Pflicht zur Durchführung
zu stellen, dass auch bei der Durchfüh-
rung eines betrieblichen Eingliederungs-
managements keine Möglichkeiten einer
alternativen Beschäftigung oder Umset-
zung bestanden hätten.
eines betrieblichen Eingliederungsma-
nagements (BEM) nicht oder nicht aus-
reichend nachgekommen.
Vielmehr muss es dem Arbeitgeber mög-
lich sein, vorzutragen und unter Beweis
Urteil des monats
Das Urteil beschäftigt sich mit der in Rechtsprechung und Literatur
immer noch umstrittenen Frage, welche Konsequenzen dem Arbeit-
geber aus der Nichtbeachtung der Pflicht zur Durchführung eines
betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) drohen. Teilweise
wird hierzu die Auffassung vertreten, dass beim Fehlen eines BEM
die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung von
vornherein nicht vorliegen können. Entsprechend hatte auch das
Arbeitsgericht in der ersten Instanz entschieden und die Kündigung
für unwirksam erklärt, weil der Arbeitgeber kein ordnungsgemäßes
betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt hatte. Das
LAG sah dies jedoch anders und brachte den BEM-Streit wie folgt
auf den Punkt: „Eine Kündigung kann nicht allein deshalb als sozial
ungerechtfertigt qualifiziert werden, weil das betriebliche Einglie-
derungsmanagement nicht beziehungsweise nicht ordnungsgemäß
durchgeführt wurde. Es müssen vielmehr auch bei gehöriger Durch-
führung des betrieblichen Eingliederungsmanagements überhaupt
Möglichkeiten einer alternativen (Weiter-)Beschäftigung bestanden
haben, die eine Kündigung vermieden hätten.“
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei krankheitsbedingten Kündi-
gungen der Arbeitgeber zwar stets die Vortrags- und gegebenenfalls
Verzicht auf Reisekosten
Zusammenfassung
Ein Arbeitgeber verstößt gegen seine Für-
sorgepflicht, wenn er die Genehmigung für die von einem Lehrer
beantragte Schulfahrt damit verknüpft, dass die Lehrkraft darauf
verzichtet, sich die Reisekosten erstatten zu lassen. Als Konsequenz
daraus können die benachteiligten Lehrer trotz Verzichts ihre Reise-
kosten in voller Höhe abrechnen.
relevanz
Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist nicht nur
bei Lehrern Vorsicht bei Verzichtsvereinbarungen über Reisekosten
geboten. Vielmehr müssen Sie bei solchen Absprachen immer dann
aufpassen, wenn es sich um Dienstreisen handelt, die aufgrund
beruflicher Richtlinien zu den allgemeinen dienstlich geforderten
Aufgaben der betreffenden Arbeitnehmer gehören.
Fehlender Arbeitszeitausschuss
Zusammenfassung
Weder das Arbeitssicherheitsgesetz noch das
Betriebsverfassungsgesetz räumen dem Betriebsrat das Recht ein,
den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht im Wege des Beschlussver-
fahrens dazu zu verpflichten, einen Arbeitszeitausschuss einzuset-
zen.
relevanz
Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei der Arbeits-
sicherheit lassen nicht den Schluss zu, dass daraus eine Einsetzung
des Arbeitszeitausschusses gefordert werden könne, entschieden
die Richter am Landesarbeitsgericht. Allein verantwortlich für die
Durchführung des Arbeitsschutzes sei der Arbeitgeber. Er kann nur
durch die für die Arbeitssicherheit zuständige Behörde dazu aufge-
fordert werden, seine Pflichten einzuhalten.
Beweislast hat, warum
der weitere Einsatz auch
unter Berücksichtigung
einer leidensgerechten
Anpassung oder Umset-
zung auf einen anderen
Arbeitsplatz nicht mög-
lich war. Dieser Vortrag
muss in einem Kündi-
gungsschutzverfahren
auch dann berücksich-
tigt werden, wenn die
Alternativüberlegungen
des Arbeitgebers nicht
in einem betrieblichen
Eingliederungsmanage-
ment bereits Eingang
gefunden haben.
Quelle
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.7.2012, 10 SA 685/11
Quelle
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9.8.2012, 3 TaBV 1/12
Quelle
BAG, Urteil vom 16.10.2012, 9AZR 183/110
Mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig?
Dann heißt es BEM für den Arbeitgeber.