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spezial
_Rechtsberatung
benötigt, aber keine, die bereits über
Jahre Erfahrungen in diesem Bereich
aufgebaut haben. „Da wird der Kosten-
druck steigen. Momentan sehe ich eher
eine Unbeholfenheit bei Kanzleien. Eine
Herausforderung wird sein, in diesem
Bereich künftig neue Modelle zu entwi-
ckeln“, sagt Mengel.
Das Thema „Branchenspezialisie-
rung“ sieht die Anwältin differenziert.
Im Bereich M&A und großen Transakti-
onen habe es sich bewährt, wennman die
Standards der Branche kenne. Und auch
im Arbeitsrecht profitiere der Anwalt
natürlich von langjährigen Erfahrungen
in bestimmten Branchen. „Andererseits
ist das Betriebsübergangsrecht etwa
nicht so unterschiedlich quer durch die
Branchen. Vielmehr kommt es auf das
rechtliche Know-how und die Erfahrung
dazu an. Wichtig ist es, Verhandlungs-
geschick zu haben und die Strukturen
zu beherrschen und die sind im Arbeits-
recht mit ganz wenigen Ausnahmen
nicht branchenabhängig“, sagt Mengel.
Die Struktur des Kanzleimarkts hat
sich in den vergangenen Jahren ver-
ändert. „Arbeitsrecht als Beratungsbe-
reich ist in Großkanzleien stark unter
Druck geraten und wurde ausgedünnt.“
Der Partner im Arbeitsrecht wird für
Transaktionen benötigt, ein eigenstän-
diges Geschäft nur selten zugelassen.
„Arbeitsrecht gibt es in einigen Groß-
kanzleien nur noch hinter den Kulissen.
Das stärkt natürlich die Boutiquen und
kleineren Kanzleien. Wir werden auch
mandatiert, weil wir unsere Beratungs-
leistung meist schneller und günstiger
anbieten können“, stellt Mengel fest,
die zuletzt selbst den Weg von der Groß-
kanzlei zur Boutique gegangen ist.
Allerdings sieht sie auch Herausfor-
derungen für Boutiquen. „Auf dem Be-
werbermarkt haben die Großkanzleien
ein Imageproblem. Boutiquen müssen
jedoch aufpassen, nicht dieselben Feh-
ler zu begehen, also zum Beispiel sehr
guten Mitarbeitern die grundsätzlich
besseren Aufstiegschancen in Bou-
tiquen verwehren“, sagt Mengel. „Die
Philosophie, anders zu sein, müssen wir
auch leben. Es besteht die Gefahr, dass
Boutiquen diese Philosophie wieder ein
stückweit verraten.“
Görg: Persönlicher Kontakt ist wichtig
Dr. Marcus Richter von Görg sieht den
Trend, dass Unternehmen wieder mehr
arbeitsrechtliche Themen intern bearbei-
ten, auch weil sie es sich wieder leisten
können, mehr eigene Arbeitsrechtler zu
beschäftigen. „An vielen Stellen ist das
auch wirtschaftlich sinnvoll, etwa wenn
schon das Tagesgeschäft diese Kollegen
auslastet. Auch das beraten wir gerne.
Aber es kostet und führt nicht selten da-
zu, dass an anderer Stelle, nämlich bei
strategischen Themen, auf die Beratung
verzichtet wird. Am Ende fährt das Un-
ternehmen damit schlechter“, erklärt
Marcus Richter.
Soweit Mandanten Alltagsthemen wie-
der intern bearbeiten, schade das der
Mandatsbeziehung in aller Regel nicht.
Dazu sagt Richter: „Natürlich werden wir
auch gebeten, die Arbeitsergebnisse zu
kontrollieren, gerade wenn Sachverhalte
mit großer Breitenwirkung oder mit ho-
hen Haftungsrisiken verbunden sind.
Wenn gute Leute im Unternehmen am
Werk sind, führt diese Herangehenswei-
se zu erheblichen Kostenersparnissen.
Das ist für das Unternehmen effektiver
und funktioniert auch gut in der Zusam-
menarbeit.“
Das Thema „Honorar“ sieht Richter
entspannt. Natürlich sei es nicht ver-
gleichbar mit dem Transaktionsgeschäft
großer Kanzleien. „Arbeitsrecht ist und
bleibt ein kleinteiliges Geschäft.“ Für
die Mandanten sei neben der hohen
fachlichen Qualifikation auch der per-
sönliche Kontakt wichtig. Es werde Wert
darauf gelegt, vor allem mit dem Partner
und maximal bis zu zwei Associates in
der Dauerberatung zusammenzuarbei-
ten. „Das schafft Effektivität. In diesem
Umfeld sind unsere Stundensätze akzep-
tiert. Bei größeren Unternehmen wird
inzwischen gerade vor einer Neuman-
datierung durchaus härter verhandelt.
Meist stehen aber weniger die Stunden-
sätze, als etwa die Vergütung von Reise-
zeiten zur Diskussion.“
Pauschalen vereinbart er sehr selten.
Auch Anfragen danach sieht Richter
rückläufig. „Es braucht nur einen Monat
mit wenig Arbeit. Die Rechnung bleibt
aber hoch, zumindest relativ zum Auf-
wand. Das lässt den Mandanten unzu-
frieden zurück. Im umgekehrten Fall
verhält es sich auf Seiten des Beraters
unwesentlich anders. Letztlich funktio-
niert das nicht“, sagt Richter.
Günstiger wäre es dagegen, wenn
das eine oder andere Unternehmen den
Rechtsberater früher im Prozess ein-
schalten würde. „Gerade im Mittelstand
könnten Unternehmen viel Geld sparen,
wenn sie uns frühzeitiger ins Boot holen
würden“, ist sich Richter sicher. „Häufig
würden wenige Stunden Aufwand aus-
reichen, um Konsequenzen und tragfä-
hige Lösungen aufzuzeigen.“
„Unternehmen bearbeiten wieder mehr
intern. Das ist wirtschaftlich sinnvoll.“
Dr. Marcus Richter, Partner, Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten
„Arbeitsrecht gibt es in einigen Groß-
kanzleien nur noch hinter den Kulissen.“
Dr. Anja Mengel, Partnerin bei Altenburg Fachanwälte für Arbeitsrecht