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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Organisation
_Familienpflegezeit
sung zu finden. Teilt sich beispielsweise
ein Mitarbeiter aus München die Pflege
seiner in Hamburg lebenden Mutter mit
der Schwester, ist ihm nicht geholfen,
wenn der Vorgesetzte eine kontinuier-
liche Verteilung der monatlichen Arbeits-
zeit verlangt. Dieser Mitarbeiter kann die
Pflege nur dann umsetzen, wenn er die
ersten beiden Wochen im Monat voll ar-
beitet und sich anschließend zwei Wo-
chen um seine Mutter kümmern kann.
Durch die reduzierte Arbeitszeit
kann die Jahresarbeitsentgeltgrenze
unterschritten werden. Damit tritt so-
fort wieder Versicherungspflicht ein,
wenn der Verdienst unter dem regelmä-
ßigen Jahresarbeitsentgelt der Jahresar-
beitsentgeltgrenze in der gesetzlichen
Krankenversicherung liegt und das 55.
Lebensjahr noch nicht vollendet ist. Al-
lerdings gibt es seit 1. Januar 2012 die
neue Möglichkeit, in diesen Fällen auf
Antrag von der Versicherungs­pflicht be-
freit zu werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2a SGB V).
Praktische Lösung für den Nachweis
der Pflegebedürftigkeit
Für den Nachweis der Pflegebedürftig-
keit gelten bei der EADS die Definitionen
im Familienpflegezeitgesetz. Da es viel-
fach sehr lange dauert bis die notwen-
dige Bescheinigung von der Pflegekasse,
dem medizinischen Dienst der Kranken-
kassen (MDK) oder der privaten Pflege-
versicherung ausgestellt ist, fand EADS
folgende Lösung: Der Mitarbeiter kann
den Nachweis bis spätestens drei Mo-
nate nach Antragstellung nachreichen.
Das Risiko, dass der Nachweis nicht er-
bracht wird – wodurch die Familienpfle-
gezeit endet – und der Mitarbeiter den
bis dahin geleisteten Aufstockungsbetrag
sofort zurückzahlen muss, wird seitens
der EADS als hinnehmbar angesehen.
Soweit keine dringenden betrieb-
lichen Gründe entgegenstehen, verein-
baren Unternehmen und Mitarbeiter die
Details der Familienpflegezeit im Rah-
men einer Familienpflegezeitvereinba-
rung. Der Punkt „dringende betriebliche
Gründe“ gilt als Notfallanker, man kam
überein, dass der Pflegefall grundsätz-
lich absolute Priorität hat.
Entgelt während der Familienpflege-
zeit und während der Nachpflegephase
Während der Familienpflegezeit erhält
der Mitarbeiter zum einen sein Teil-
zeitentgelt auf Basis der vereinbarten
Teilzeitbeschäftigung. Darüber hinaus
zahlt das Unternehmen die Hälfte der
Differenz zwischen dem Teilzeitentgelt
und dem monatlichen Bruttoentgelt,
welches ohne Inanspruchnahme der Fa-
milienpflegezeit gezahlt werden würde
(Aufstockungsbetrag).
Beispiel: Ein Mitarbeiter erhält für sei-
ne Vollzeitarbeit (40 Stunden in der Wo-
che) ein monatliches Entgelt von 3.000
Euro. Geht er nun in Familienpflegezeit,
reduziert er seine Arbeitszeit auf 20
Stunden in der Woche und erhält dafür
ein Entgelt von 2.250 Euro (1.500 Euro
für die geleistete Arbeitszeit und 750 Eu-
ro Aufstockungsbetrag).
Diesen Aufstockungsbetrag schreibt
EADS dem negativen Arbeitsentgelt-
guthaben des Mitarbeiters gut. Alter-
nativ hätten Unternehmen auch die
Möglichkeit, diesen Aufstockungsbetrag
aus einem vorher über Wertkonten an-
gesparten Wertguthaben zu finanzieren.
Während der Nachpflegephase erhält der
Mitarbeiter ein monatliches Entgelt auf
Basis seines vor der Familienpflegezeit
vertraglich vereinbarten monatlichen
Bruttoentgelts. Zum Ausgleich des nega-
tiven Arbeitsentgeltguthabens in Höhe
von monatlich 750 Euro wird allerdings
monatlich das Bruttoentgelt in der Höhe
des während der Familienpflegezeit mo-
natlich gewährten Aufstockungsbetrags
einbehalten.
Bei den Rückzahlungsmodalitäten kön-
nen auch sogenannte Sondertilgungen
angeboten werden. Wichtig ist dabei aber
die Berücksichtigung der Angemessen-
heit im Sinne des § 7 Abs. 1a SGB IV.
Arbeitsrechtliche Detailfragen: Ein-
malzahlungen, Krankheit, Kündigung
• Sonstige Zahlungen: Es muss zudem
geregelt werden, ob und wenn ja, in wel-
cher Höhe Einmalzahlungen während
der Familienpflegezeit beziehungswei-
se der Nachpflegephase gezahlt wer-
den und inwieweit diese Zahlungen auf
dem negativen Arbeitsentgeltguthaben
„gutgeschrieben werden“. So werden
beispielsweise Einmalzahlungen wie Ur-
laubs- und Weihnachtsgeld vielfach auf
Basis eines monatlichen Entgelts geleis­
tet. Hier empfiehlt sichdie Leistungdieser
Zahlungen auf Basis der 75 Prozent, dann
aber sowohl in der Familienpflegezeit
als auch in der Nachpflegephase. EADS
leistet diese Zahlungen ohne Belastung
des negativen Arbeitsentgeltguthabens.
•Krankheit: Soweit derMitarbeiter zu Be-
ginn der vereinbarten Familienpflegezeit
krank ist, stellt sich die Frage der Sinn-
haftigkeit der Familienpflegezeit. Je nach
Art der Krankheit ist der Mitarbeiter im
Einzelfall eben gerade nicht in der Lage,
einen Familienangehörigen zu pflegen.
EADS hat deshalb geregelt, dass die Fa-
milienpflegezeit in diesem Fall zunächst
gar nicht angetreten wird. Wird der Mit-
arbeiter während der Familienpflegezeit
krank, erhält er zunächst sechs Wochen
Entgeltfortzahlung. Während dieser Zeit
Checkliste
Was müssen Arbeitgeber zur
Familienpflegezeit beachten (HI2770520)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
HPO
Grundsätzlich hat der
Pflegefall bei EADS abso-
lute Priorität. Das Kri-
terium der „dringenden
betrieblichen Gründe“,
die einem Anspruch
entgegenstehen können,
gilt als Notfallanker.