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noch nicht ausgestanden. Am 11. Okto-
ber stellte die Fraktion „Die Linke“ im
Bundestag eine Kleine Anfrage zu den
Adventure-Camps (17/10963). „Schließ-
lich sind die ‚Bundeswehr-Locations‘ in
Kunduz und Feyzabad nicht als ‚super-
cool‘ bekannt“, heißt es sarkastisch in
der Anfrage, die sowohl auf irreführende
Information von Jugendlichen als auch
auf die Werbekosten abzielt. Die Antwort
steht noch aus. Doch für 2011 gibt es be-
reits Zahlen. Damals beantwortete die
Bundesregierung wiederum eine Anfra-
ge aus dem Parlament (BT Drucksache
17/9211). Demnach lagen die Ausgaben
für die Personalwerbung, verteilt über
alle Medien, bei über acht Millionen Eu-
ro, wobei im Jugendmarketing 142.000
Euro für Printanzeigen und 72.500 Euro
fürs Web anfielen. Die „Bravo“-Koopera-
tion samt Camps soll rund 250.000 Euro
gekostet haben.
Großes Budget für Recruiting
Die Diskussion um Werbekosten und
-posten weist auf die drastischen Verän-
derungen hin, die sich für den Arbeit-
geber Bundeswehr durch das Ende der
Pflicht zum Wehrdienst ergeben haben.
Seitdem muss die Bundeswehr lernen,
auf sich aufmerksam zu machen, weil sie
zum Arbeitgeber unter anderen mutiert
ist – interessiert vor allem an technisch
versiertem Nachwuchs, der zudem psy-
chisch stabil und sportlich oder wenig-
stens sportlich trainierbar sein muss.
Zwei weitere Anforderungen betreffen
Mobilität und Verantwortungsbewusst-
sein: Versetzungen in verschiedene
deutsche Kasernen sind Normalität, mit
mehrmonatigen Einsätzen im Kosovo,
am Horn von Afrika und natürlich auch
in Afghanistan müssen die Soldaten
rechnen. Außerdem gehört es zur mili-
tärischen Ausbildung, schon mit Anfang
20 ein Team zu leiten – etwa in der Un-
teroffizierslaufbahn als Gruppenführer
mit bis zu 15 Soldaten. Auch Offiziere
stehen bereits mit Mitte 20 vor der Trup-
pe und sind verantwortlich für Men-
schen und Material. Das ist dann, anders
als bei zivilen Unternehmen, eine Ver-
antwortung mit der Waffe in der Hand
und in Krisengebieten mit möglichen
Heckenschützen oder Bombenwerfern
als Gegenüber. Oberstleutnant Helmar
Koch, der von Köln aus die überregionale
Personalwerbung für den militärischen
Teil der Bundeswehr steuert und selbst
bereits dreimal in Kundus sowie Kabul
einen Trupp führte, zieht die Grenze zu
zivilen Berufen: „Wir suchen immer den
Soldaten.“ Seine Zielgruppe sind die 17-
bis 31-Jährigen. Ärzte und Juristen sind
als Quereinsteiger auch schon mal älter.
Das Jugendmarketing betreuen andere.
In der labilen Waagschale zwischen
bunter Werbebotschaft und realis-
tischen Beurfsinformationen setzt die
Bundeswehr auf einen Doppelslogan:
„Wir. Dienen. Deutschland.“ steht ne-
ben „Karriere mit Zukunft“. Vor allem
der erste Part wirbt mit demUnterschied
zu nichtmilitärischen Arbeitgebern. Im
Wir steckt Mannschaftsgeist, das Die-
nen weist auf ein besonderes Treuever-
hältnis hin und Deutschland sagt gleich,
wem sich die Soldaten verpflichtet füh-
len müssen.
So jedenfalls sollen die rund 400 Kar-
riereberater vor Ort, die in der alten
Armeewelt noch Wehrdienstberater hie-
ßen, den jungen Männern und Frauen
die Welt von Heer, Marine und Luftwaffe
erklären. Und so haben sich über 200
Dienststellen auf dem Girls’ Day 2012
präsentiert und in den Kasernen sowohl
militärische als auch die oft weniger be-
kannten zivilen Laufbahnen erläutert.
Das scheint ihnen auch zu gelingen.
Im Trendence Schülerbarometer 2012,
bei dem fast 10.000 Schüler und Schü-
lerinnen der Klassen 8 bis 13 befragt
wurden, liegt die Arbeitgebermarke
Bundeswehr auf dem dritten Platz hinter
Polizei und dem Medienunternehmen
Prosieben Sat.1 Media AG. Hinter sich
lässt das Militär die Autokonzerne BMW,
Audi, Porsche sowie das ­Handelshaus
­H­&­M, obwohl es mit den jungen Kunden
gute Geschäfte macht. Bei angehenden
Auszubildenden rückt die deutsche Ar-
mee gar auf Platz 2 vor, wogegen Stu-
dierende das Militär auf Platz 5 setzen
– Microsoft und das ZDF verdrängen die
Bundeswehr vom Bronze-Treppchen.
Bestenauslese noch immer möglich
Bekanntheitsgrad und Image stimmen
also. Rund 30.000 Jugendliche machen
jedes Jahr einen Truppenbesuch oder
ein Schülerpraktikum in den Kasernen.
„Erst ab 18 Jahren darf man mit Waffen
in Berührung kommen“, erklärt Oberst-
leutnant Koch. Noch gelingt es auch,
aus den Interessenten genug ernsthafte
Bewerber für den militärischen Dienst
herauszufiltern. Für die Offizierslauf-
bahn liegt das Verhältnis Bewerber zu
Einstellung bei 6 zu 1, für die anderen
Laufbahnen bei 3 zu 1. Für Eliteberufe
wie Jetpilot braucht es 17 Bewerber, um
eine Stelle zu besetzen. Und auch das
versetzt die Werber und Personaler in
Uniform noch nicht in Panik: Pilot ist
ein Traumberuf – auch oder erst recht
mit Überschall im Kampfjet. Personal-
Essenz
Die Bundeswehr ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das in Rekrutierungsdingen mit
seinem Image zu kämpfen hat. Andere Arbeitgeber können von den Maßnahmen der
Bundeswehr lernen. Die Zusammenfassung zeigt die positiven Ansatzpunkte.
- Betonen Sie die Möglichkeiten in der Aus- und Weiterbildung im Unternehmen
- Prägen Sie früh Ihr Image als Arbeitgeber durch Aktionen an Schulen
- Setzen Sie Arbeitnehmer als „Testimonials“ im Recruiting ein,
um deren reale Erfahrungen im Arbeitseinsatz zu vermitteln
- Planen Sie ausreichend Budget für die Marketingmaßnahmen ein
- Wählen Sie eine emotionale Ansprache in Anzeigen
- Befragen Sie die Mitarbeiter, um das Image Ihres Unternehmens zu ermitteln
(end)
Sechs Lektionen für das Marketing