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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Anne-Katrin Schulz
ist Leiterin Unternehmens-
kommunikation bei der
BDAE-Gruppe.
eigenenUnwissenheit ausgeht. Der inter-
kulturelle Teil des zweitägigen Trainings
dient dazu, die eigene kulturelle Brille
abzunehmen und die des ­Gastlands
­aufzusetzen. Dies geschieht durch einen
hohen partizipativen Anteil. Mithilfe
von Simulationen, Übungen und Grup-
penarbeiten sollen Inhalte nicht nur
verstanden, sondern selbst erlernt und
erfahren werden, damit alle Teilnehmer
das neu Gelernte verinnerlichen und in
Folge selbst leichter umsetzen können.
Ergänzend dazu folgt ein theoretischer
Teil über die Kulturstandards und Sitten
des jeweiligen Gastlands.
Am zweiten Trainingstag findet die
Sicherheitsschulung statt. Diese besteht
aus einem theoretischen und einem
praktischen Teil. In der Theorie sollen
die Geschäftsreisenden und Expats vor
allem dafür sensibilisiert werden, wel-
che Risiken sie im entsprechenden Auf-
enthaltsland erwarten. Dabei geht es um
Fragen, welches Hotel in welcher Region
am sichersten ist, welche Verkehrsmittel
besser nicht genutzt werden sollten oder
wie man sich auf Flughäfen bewegt. So
sollten Geschäftsreisende beispielswei-
se in Ländern mit einem terroristischen
Risiko niemals ein Hotelzimmer im er-
sten, zweiten oder über dem sechsten
Stock buchen. Die Begründung der Ex-
perten: Im Falle eines Bombenanschlags
wie 2008 in Mumbai im Taj Mahal Pa-
lace Hotel ist die Druckwelle in den Zim-
mern der unteren Etagen am stärksten.
Ab der sechsten Etage sind wiederum
Feuerwehrleistungen nur eingeschränkt
möglich. Reisende sollten überdies nie-
mals ihren Pass an der Rezeption hinter-
lassen, auch wenn dies gefordert wird.
Für den Notfall muss der Original-Pass
schnell zur Hand sein.
Ruhiges Verhalten kann Überlebens-
chancen sichern
Ein weiteres Beispiel: In Ländern mit ei-
ner hohen Korruption kann es häufig zu
sogenannten „Checkpoint-Situationen“
kommen. Dies sind Straßensperren mit
Polizisten oder anderen Sicherheits-
kräften, die Autos anhalten. In der Re-
gel verlangen diese ein Schmiergeld,
damit der Wagen passieren darf. Dann
gilt: Sich normal und ruhig verhalten,
keine schnellen Bewegungen vollziehen,
da meistens eine Person mit Waffe am
Anschlag die Situation beobachtet und
nervös werden könnte. Verlangen die
Kontrolleure tatsächlich Schmiergeld, so
sollte dieses so übergeben werden, dass
dem Opfer möglichst keine Bestechung
unterstellt werden kann.
Der praktische Teil des Sicherheits-
trainings besteht aus nachgestellten Si-
tuationen und Verhaltungsübungen für
Krisensituationen. Dort stellen die aus-
gebildeten Trainer (in der Regel ehema-
lige Spezialkräfte der Bundeswehr oder
Polizei) beispielsweise eine Car-Jacking-
Situation nach. Dabei handelt es sich um
schnelle Überfälle am helllichten Tag im
Berufsverkehr. Die Täter bedrohen den
Fahrer eines Autos an der Ampel mit ei-
ner Waffe und zwingen ihn auszustei-
gen. Für gewöhnlich haben es die Täter
„nur“ auf das Auto abgesehen, weshalb
das Opfer keinenWiderstand leisten und
allen Anweisungen folgen sollte. Auch
die Täter stehen unter einem großen
Druck, sodass jegliche Provokation zu
Problemen führen könnte.
Indem die Teilnehmer eine solche Sze-
ne trainieren, bekommen sie eine Vor-
stellung vom Ernstfall und fühlen sich
durch die vermittelten Inhalte, Tipps
und Tricks besser vorbereitet. Die ent-
führten Mitarbeiter Anfang des Jahres
hätten nach Fachmeinung das Risiko
verschleppt zu werden zum Beispiel ver-
ringern können, wenn sie täglich eine
andere Route zum Arbeitsplatz gewählt
hätten und den Arbeitsbeginn regel-
mäßig variiert hätten. 85 Prozent aller
Entführungen finden in der Woche und
meistens morgens statt.
Die Sensibilisierung für das „Undenk-
bare“ schärft Sinne und Verstand des
Entsandten. Wer sich vorsichtiger verhält
und für den Ernstfall trainiert hat, rettet
im Zweifel Leib und Leben.
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Unerwartete Checkpoint-Situation: Gut, wenn jeder weiß, wie er sich verhalten soll.
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