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milie nach China aufbrach, versicherte
ihm der Arbeitgeber, ein Chemiekonzern
aus Illinois, an seinem Standort gäbe es
ein Krankenhaus, das im Notfall jeder-
zeit für den Mitarbeiter und seine Fami-
lie zugänglich sei. Eines Tages erkrankte
die Ehefrau, sie zeigte Symptome einer
Malaria-Infektion. In der besagten Kli-
nik diagnostizierte man jedoch Dengue-
Fieber und nahm sie stationär auf. Als
sich ihr Gesundheitszustand verschlech-
terte, überwies man die Patientin in
ein größeres Krankenhaus, das zwar
moderner ausgestattet war, wo jedoch
niemand Englisch sprach. Inzwischen
schwebte die Frau in Lebensgefahr. Ver-
zweifelt wandte sich der Ingenieur nun
an seinen Arbeitgeber, der ihm „volle
Unterstützung“ zusicherte, doch keinen
praktischen Rat erteilen konnte. Erneut
wurde die schwerkranke Patientin in ein
anderes Krankenhaus verlegt, diesmal
nach Hongkong, wo man unverzüglich
die notwendige Therapie einleitete. Zu
spät – die Frau verstarb.
Kurze Zeit später traf sich der Ingeni-
eur mit seinem Arbeitgeber vor Gericht.
Er klagte ihn an, seine Fürsorgepflicht
gleich mehrfach verletzt zu haben: Laut
Klageschrift fehlte jeglicher Notfallplan
für Mitarbeiter im Auslandseinsatz, zu-
dem hatte der Arbeitgeber nicht sofort
Rettungsmaßnahmen veranlasst. Außer
unterlassener Hilfe kreidete der Mitar-
beiter seinem Arbeitgeber auch das Un-
vermögen an, zu gewährleisten, dass am
Einsatzort die medizinische Versorgung
gesichert ist. Letztlich bezichtigte er ihn
der Falschaussage, was die Qualität der
angeblich guten Klinik vor Ort betraf.
Vor- und Nachsorge sind Pflicht
Anders in Deutschland: Hier werden
Unternehmen mit großer Nachsicht be-
handelt - noch. Laut § 618 BGB besteht
eine generelle Pflicht des Arbeitgebers,
den Arbeitnehmer „nach Möglichkeit“
vor Gefahren für Leben und Gesund-
heit zu schützen. Die Durchführung der
entsprechenden Maßnahmen ist in den
Arbeitsschutzgesetzen (ArbSchG) ge-
regelt. Eine verpflichtende Maßnahme
für jedes Unternehmen, das Mitarbeiter
in Regionen entsendet, wo „besondere
klimatische und gesundheitliche Belas­
tungen“ drohen, ist seit 1980 im soge-
nannten Berufsgenossenschaftlichen
Grundsatz 35 (G 35) niedergelegt. Dazu
gehören arbeits- und reisemedizinische
Vorsorgeuntersuchungen genauso wie
Impfungen und eine medizinische Nach-
sorge nach Rückkehr des Mitarbeiters.
Die Sicherstellung der medizinischen
Versorgung im Aufenthaltsland ist noch
keine Pflicht für den Arbeitgeber, auch
wenn eine solche Regelung durchaus
empfehlenswert wäre.
Fürsorgepflicht erstreckt sich damit
auf ein breites Spektrum von Reiseri-
siken, die Gesundheit wie Sicherheit
von Auslandsentsandten mitsamt ih-
rer Angehörigen elementar berühren.
Nach Angaben von International SOS,
einem Anbieter von Prävention und Kri-
senmanagement in Gesundheits- und
Sicherheitsfragen, entfällt dabei auf
Verkehrsunfälle, Herz- und Kreislaufer-
krankungen sowie Infektionen das weit-
aus größte Reiserisiko. Somit rückt eine
optimale Versicherungslösung in den
Fokus, die Expatriates samt ihren mit-
reisenden Angehörigen möglichst weit-
reichend schützt.
In vielen Fällen bedarf es individueller
Versicherungsangebote. Anders als be-
hauptet sind sogenannte „globale“ Ver-
sicherungslösungen nicht immer erste
Wahl. Ob eine Krankenversicherung mit
demEinsatzland kompatibel ist, erfahren
Expatriates und ihre Arbeitgeber meist
erst im Schadensfall. Sich stets über die
aktuellen lokalen Versicherungsgesetze
der Einsatzländer zu informieren, ist ei-
ne äußerst komplexe Aufgabe, für die es
vor allem mittelständischen Firmen an
Ressourcen mangelt. Bei der Vielzahl
an Anbietern und unterschiedlichen Ta-
rifen verlieren Unternehmen hier näm-
lich schnell den Überblick. Unabhängige
Beratung wie sie zum Beispiel das In-
ternet-Portal
offeriert, kann Firmen und ihre Expa-
triates deshalb vor unliebsamen Überra-
schungen schützen.
Bürokratie bringt zusätzliche Probleme
Neueste Untersuchungen zeigen, dass
der Versicherungsschutz nicht immer
hält, was er verspricht. Laut einer bri-
tischen Studie vermuten knapp 40
Prozent der Arbeitgeber, dass die Absi-
cherung ihrer Expatriates im Ausland
nicht ausreicht. Einer Umfrage von Price
Waterhouse Coopers unter Auslandsent-
sandten zufolge fühlen sich immerhin 60
bis 70 Prozent der Expatriates „falsch
versichert“. Das beginnt mit typisch
deutscher Bürokratie. Ein Expatriate,
der in Mexiko nach einem Autounfall
Kostenbelege per Fax einreichen wollte,
wurde barsch abgewiesen – es mussten
unbedingt die Originaldokumente sein.
Weil die Postwege in Mexiko unzuverläs-
sig und zeitaufwendig sind, verschickte
der Manager die Dokumente per DHL –
zu abenteuerlich hohen Kosten, deren
Erstattung ohne ständiges Nachhaken
nicht möglich gewesen wäre.
Doch nicht nur zähe Kostenerstattung
und zu lange Bearbeitungsdauer frus­
trieren die Expatriates. Zusätzlich ist
Ärger vorprogrammiert, weil Versiche-
rungsmitarbeiter sich im konkreten Fall
schlecht verständigen können und im
Umgang mit fremdländischen Bescheini-
gungen unsicher sind. Grundsätzlich ist
der Arbeitgeber für die Erstattung von
Ob die Krankenversi-
cherung mit dem Ein-
satzland kompatibel ist,
erfahren Expatriates
und Betriebe meist erst
im Schadensfall. Unter-
nehmen verlieren hier
schnell den Überblick.
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