Seite 60 - personalmagazin_2012_08

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personalmagazin 08 / 12
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Recht
_Recruiting
Schon die Annonce ist kritisch
Serie.
Arbeitsrechtliche Pflichten bestehen nicht nur im Arbeitsverhältnis. Beginnend
mit der Stellenausschreibung ist auf eine Fülle von folgenschweren Fehlern zu achten.
Nichtvorliegen eines bestimmten in §
1 AGG genannten Merkmals anknüpft.
Diese Merkmale sind Rasse, ethnische
Herkunft, Geschlecht, Religion oder
Weltanschauung, Behinderung, Alter
und sexuelle Identität. In der Stellen-
ausschreibung sind daher unbedingt
Formulierungen zu vermeiden, die den
Eindruck erwecken könnten, dass das
Vorliegen oder Nichtvorliegen eines der
genannten Merkmale vorteilhaft oder
nachteilhaft sein könnte. Dabei sind auch
Umschreibungen zu vermeiden, wie bei-
spielsweise „Verstärkung für ein junges,
dynamisches Team gesucht“. Wer so for-
muliert, diskriminiert aufgrund des Al-
ters. Ist eine Stellenausschreibung nicht
geschlechtsneutral formuliert, kann
allein das ein Indiz für die Benachteili-
gung wegen dieses Merkmals sein mit
der Folge, dass sich die Beweislast nach
§ 22 AGG umkehrt. In diesem Falle muss
der Arbeitgeber beweisen, dass er nicht
diskriminiert hat.
Ausnahmen von diesem Neutrali-
tätsgebot bestehen nur dort, wo ein be-
stimmtes Merkmal des Bewerbers eine
„wesentliche und entscheidende beruf-
liche Anforderung“ nach § 8 Abs. 1 AGG
darstellt oder wenn gemäß § 5 AGG be-
stehende Nachteile einer bestimmten
Personengruppe verhindert oder aus-
geglichen werden sollen („positive
Maßnahmen“).
Der Arbeitgeber bleibt für den Inhalt
der Stellenausschreibung auch dann
verantwortlich, wenn er Dritte dafür
einschaltet, etwa einen Headhunter
oder die Agentur für Arbeit. Diesen Ri-
siken begegnen Unternehmen am be-
sten dadurch, dass sie vor Beginn des
Ausschreibungsverfahrens ein Anfor-
derungsprofil erstellen, das nur solche
Merkmale enthält, die für das Ausfüllen
der Stelle sachlich geboten sind. Wenn
sich dann die Ausschreibung an diesem
Anforderungsprofil orientiert, sind Dis-
kriminierungen ausgeschlossen.
Informationen über „Background
Checks“ einholen und verwerten
Die in der Zwischenzeit weit verbrei-
teten „Background Checks“ sind recht-
lich nicht grenzenlos zulässig. Über
Facebook, Linkedin und andere soziale
Netzwerke lassen sich vielfältige Infor-
mationen über Stellenbewerber gewin-
nen. Das Gleiche gilt für Suchmaschinen
im Internet, wie etwa Google. Solche Re-
cherchen sind nach geltender Rechtslage
nicht grundsätzlich verboten. Allerdings
sind in diesem Zusammenhang auch die
Anforderungen des Bundesdatenschutz-
gesetzes zu beachten. Das bedeutet, dass
lediglich solche personenbezogenen Da-
ten erhoben, verarbeitet oder genutzt
werden dürfen, die für die Entscheidung
über die Bewerbung erforderlich sind.
Von
Hans-Peter Löw
D
as Bewerbungs- und Einstel-
lungsverfahren hat sich in den
letzten Jahren immer stärker
verrechtlicht. Dies geschah
ganz besonders durch die Einführung
des Allgemeinen Gleichbehandlungsge-
setzes (AGG). Die genaue Kenntnis der
regulatorischen Anforderungen wird da-
bei helfen, Klagen abgelehnter Bewerber
zu verhindern. Außerdem sind die Repu-
tationsschäden auf dem Bewerbermarkt
bei Nichtbeachtung der maßgeblichen
Regeln nicht zu unterschätzen.
Die notwendige AGG-Kontrolle bei
der Stellenausschreibung
Bereits bei der bloßen Ausschreibung
einer Stelle sind gesetzliche Vorgaben
zu beachten, deren Missachtung für das
Unternehmen teuer werden kann. Nach
§ 11 AGG darf ein Arbeitsplatz nicht un-
ter Verstoß gegen die Benachteiligungs-
verbote nach § 7 AGG ausgeschrieben
werden. Die gesamte Ausdrucksweise in
der Stellenanzeige soll so gewählt sein,
dass sie nicht an das Vorliegen oder
Serie
·
Ausgabe 08/2012: Die Ausschreibung und das AGG
· Ausgabe 09/2012: Aspekte der Mitbestimmung des Betriebsrats
· Ausgabe 10/2012: Sonderregeln zur Schwerbehinderung
· Ausgabe 11/2012: Vorvertragliche Vereinbarungen und Probezeitverträge
Rechtliche Vorgaben durch AGG und Datenschutz erschweren Personalern den Prozess
der Bewerbung. Das ist eine Facette unserer Serie zu Rechtsfragen im „Recruiting“.