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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Wesen und der Intention von TRM. Viel-
mehr zielt letztendlich TRM darauf ab,
das Angebot (Talent) und die Nachfra-
ge (Vakanz) zu entkoppeln und dem
Unternehmen damit mehr Flexibilität,
Sicherheit und eine höhere Reaktions-
geschwindigkeit bei der Besetzung von
Schlüsselpositionen zu verschaffen.
Umdas zu erreichen,müssenPipelines
oder Pools aufgebaut werden, in denen
interessante Talente sozusagen geparkt
werden. Das Interesse der potenziellen
Kandidaten wird über Kontaktaktivi-
täten und Bindungsmaßnahmen gehal-
ten. Mit diesem vierten Element sind die
Grundlagen für ein erfolgreiches Talent-
Relationship-Management geschaffen.
Bedarfsplanung ist die Basis
Unternehmen, die TRM als Ergänzung
ihrer Personalbeschaffung etablieren
wollen, sollten folgendes Vorgehen be-
rücksichtigen: Beginnen Siemit einer Be-
darfsklärung und Investitionsplanung.
TRM ist eine perspektivische Disziplin,
die langfristig Aufmerksamkeit und
Ressourceneinsatz erfordert. Das lohnt
sich nur bei einem konstanten Bedarf,
der über Recruiting nicht mehr gedeckt
werden kann. Nehmen wir einen Bedarf
von zirka zehn bis 20 Besetzungen im
Jahr an, für die eine Pipeline von 50 bis
80 Talenten aufgebaut werden soll. Der
Ressourceneinsatz dafür wird zwischen
0,3 und 0,5 MAK (Mitarbeiterkapazi-
tät) betragen. Die Argumentation kann
über eine Wirtschaftlichkeitsrechnung
oder Risikobetrachtung erfolgen, muss
aber zu einem Investitionsplan von min-
destens drei Jahren führen. Der Bedarf
muss die Zielgruppe klar umreißen.
Auch der kleine Ansatz wirkt
Sind Bedarfe und Ressourcen geklärt,
müssen die organisatorischen Voraus-
setzungen geschaffen werden. Die Ver-
antwortlichkeit muss für die Zielgruppen
eindeutig geklärt sein. Dazu braucht es
aber nicht unbedingt eine neu zu schaf-
fende Position. Die Beispiele von Audi
und Wacker markieren das Ende der
Skala mit einem hohen Ressourcenein-
satz in spezifischen Zielgruppen. Der
Einstieg in TRM kann sich weit weniger
aufwendig gestalten. Alternativen zu
der Funktion eines Talent-Relationship-
Managers sind Erweiterungen der Rolle
klassischer Recruiter oder – einmal ganz
anders gedacht – von Führungskräften
mit hohem Personalbedarf. Auch gute
Praktikantenbindungsprogramme fußen
auf den Grundlagen von Talent-Relation-
ship-Management.
Unabhängig von der Ausprägung der
Verantwortlichkeit ist die Nähe zu den
Talenten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Erst
die Kenntnis der Zielgruppe ermöglicht
eine spezifische Ansprache. Eine Ana-
lyse der Zielgruppe ist empfehlenswert,
um sowohl das Kommunikationsver-
halten als auch die Präferenzen ken-
nenzulernen. Auf dieser Basis können
spezifische Argumente und Bindungs-
maßnahmen entwickelt werden, die
für die Ziel­gruppen relevant und ent­
sprechend Erfolg versprechend sind.
Der Erfolg wird sich letztlich nur ein-
stellen, wenn eine saubere Verzahnung
mit dem Rekrutierungsprozess gegeben
ist. Kandidaten aus dem Talent-Relation-
ship-Managementmüssen frühzeitigund
mit Priorität in den Recruiting-Prozess
überführt werden. Das Zusammenspiel
zwischen Talent-Relationship-Manager,
Personalreferent oder Business-Partner
und Fachbereich sollte möglichst rei-
bungslos funktionieren.
Auf dem Weg hin zu diesem Erfolg
bleibt abschließend nur eins zu raten:
Lassen Sie sich vor allem nicht entmu-
tigen. TRM ist ein sehr wirksames Mit-
tel, knappe Zielgruppen zu erschließen.
Es erfordert wie jedes professionelle
Managementinstrument eine organisa-
torische Verankerung und eine konse-
quente Anwendung.
Kai Anderson
ist Gründungspartner
von Promerit und Vorstand der Promerit
Management Consulting AG.
Talent-Relationship-Management ist ein Ansatz im Talentmanagement, der langfristig
zur Arbeitgeberattraktivität und Recruiting-Erfolgen beitragen kann. Allerdings sollten
Personaler einige Fehlerquellen kennen, damit sich der Erfolg tatsächlich einstellt.
Glauben Sie nicht, dass ein guter Firmenname ausreichend für die Ansprache poten-
zieller Kandidaten ist. Sie werden eine Story brauchen, mit der Sie Ihr Gegenüber
davon überzeugen können, weiter in Kontakt zu bleiben. Dafür werden Sie immer Ihre
eigene Rolle und das Prinzip von Talent-Relationship-Management erläutern müssen.
Gehen Sie nicht davon aus, dass ein gefragter Experte Sie wieder ansprechen wird.
Sie werden mit Aktivitäten, die über Kommunikationsmaßnahmen hinausgehen, ein
dauerhaftes Interesse wachhalten müssen.
Wenn Sie hoch qualifizierte Kandidaten zu einer Bewerbung bewegt haben, erwarten
Sie keinen Besetzungsautomatismus aufseiten Ihrer Kollegen. Sie werden Überzeu-
gungsarbeit sowohl in Richtung Kandidat als auch in Richtung Fachbereich leisten
müssen.
Vergessen Sie Ihre internen Talente nicht. Sonst werden Sie schnell Unzufriedenheit in
den eigenen Reihen hervorrufen. Setzen Sie stattdessen auf Maßnahmen, die externe
und interne Talente zusammenbringen.
Sehen Sie Talent-Relationship-Management nicht als gesetzt an in Ihrem Betrieb. Sie
werden den Erfolg Ihrer Aktivitäten über Kennzahlen (mindestens die Anzahl an Beset-
zungen aus TRM-Maßnahmen) nachweisen müssen.
Typische Fehlerquellen
Praxisbeispiel
tipps