Seite 23 - personalmagazin_2012_08

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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
den.“ Die sympathische Einleitung fand
freundlichen Beifall. Leider waren kurz
zuvor viele Teilnehmer verschwunden.
Lieber gönnten sie sich eine Pause, als
einem Personaler Gehör zu schenken.
Überzeugen durch Klarheit
Sich unverständlich auszudrücken ist
keineswegs HR allein ins Zeugnis zu
schreiben. Dax-Vorstände sind allesamt
kommunikative Fehlbesetzungen, so ei-
ne Studie der Universität Hohenheim.
Statt Klartext zu reden, türmen sie Satz­
ungetüme auf, die vor Worthülsen wie
„Nettofinanzschulden”, „diversifizierten
Industriekonzepten” oder „Deinvestiti-
onsprogrammen” nur so strotzen. Den
Vogel schießt Infineon-Boss Peter Bau-
er ab: Aus 37 Buchstaben bastelt er den
Begriff „Hochspannungs-Gleichstrom-
Übertragung”. Frank Brettschneider,
Professor für Kommunikationstheorie,
kommentiert: „Nur wer verstanden wird,
kann auch überzeugen.”
Ähnliche Negativbeispiele lassen sich
auch im Controlling und unter IT-Exper-
ten finden. Doch auf andere zu verwei-
sen, lenkt nur vom eigenen Sündenfall
ab. Wer deutliche Worte vermeidet und
sich stattdessen verschwurbelt äußert,
findet schnell Nachahmer. Tarnen sich
Führungskräfte etwa nicht hinter wol-
kigen Begriffen, die ihnen von Perso-
nalern fürs Mitarbeitergespräch an die
Hand gegeben werden? Wie oft wird von
„Synergie“, „Mehrwert“, und „Potenzia­
len“ gefaselt – einfach um sich nicht
festnageln zu lassen? Ein ebenfalls zig-
fach verwendeter Begriff ist „Teamfä-
higkeit“. Doch im Praxistest können die
wenigsten Führungskräfte erklären, wie
ein Team entsteht, funktioniert und ef-
fektiv arbeitet.
Besonders anfällig für Geschwafel
sind HR-Aufgaben mit kommunikativer
Stoßrichtung. Häufig werden Begriffe
wie „Employer Branding“ oder „Talent
Acquisition“ überstrapaziert, ohne dass
dahinter konkrete Aufgaben, Strategien
und Zielsetzungen stehen. Und ohne
dass die Adressaten dieser Bemühungen
– die potenziellen Bewerber – mit aus-
sagekräftigen Informationen über das
Unternehmen versorgt werden. Einer
aktuellen Kienbaum-Studie zufolge wol-
len Hochschulabsolventen erfahren, wie
kollegial es im Betrieb zugeht, ob sie sich
im Unternehmen weiterentwickeln und
Arbeit und Privatleben vereinbaren kön-
nen. Fachbegriffe sind ihnen einerlei.
Schluss mit der Verwirrung
Zwar geben sich immer mehr Personaler
Mühe, sich und ihre Leistungen gegen-
über internen wie externen Zielgrup-
pen zu präsentieren. Das ist löblich und
längst überfällig, will die HR-Funktion
nicht, wovor Sattelberger unlängst im
Gespräch mit dem Personalmagazin ein-
dringlich warnte, „in der gesellschaft-
lichen, öffentlichen Bedeutungslosigkeit
versinken“. Allerdings versinken die gut
gemeinten Ansätze leider allzu oft selbst
im Chaos unverständlicher Ausdrücke.
Wie sagen die Amerikaner so trefflich:
„I am still confused but on a higher level”
(Ich bin immer noch verwirrt - aber auf
einer höheren Ebene). Wer verstanden
werden will, muss sich verständlich ar­
tikulieren und im eigenen Haus begin-
nen. Mitarbeiter, die erfahren wollen,
wohin ihr Unternehmen steuert, sollten
dies in der Mitarbeiterzeitschrift oder in
Beiträgen im Intranet in klaren Worten
nachlesen können. Führungskräfte ha-
ben die Aufgabe, es ihren Mitarbeitern
klar und präzise zu erläutern. Nur so sind
diese auch in der Lage, ihr Unterneh­men
als Botschafter zu repräsentieren.
Das alles lässt sich ohne Abstriche
auf die Kommunikation mit externen
Zielgruppen übertragen. Ob Bewerber,
Dienstleister, Lieferanten, Aktionäre,
Kunden oder die lokale Öffentlichkeit:
Wer im gesprochenen Wort und auf
bedrucktem Papier sich nicht um Ver-
ständlichkeit bemüht – und davon sind
Personaler keineswegs ausgenommen –
wird auch nicht wahrgenommen.
Winfried Gertz
ist freier Journalist in München.
Wer in Rätseln redet, findet kein Gehör – das betrifft oft auch den Personaler-Slang.
© Helder Almeida / shutterstock .com