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Carmen Losmann ist dieses HR-Kauder-
welsch bei den Dreharbeiten gar nicht
mehr aufgefallen, weil sie sich bereits im
Vorfeld vier ­Jahre ausgiebig mit Manage-
mentliteratur auseinandergesetzt hat.
Im Grunde ging es ihr darum, das Para-
doxon zu klären, wie es sein kann, dass
mit Wegfall der Stempeluhren und der
Einführung der Vertrauens­arbeitszeit
plötzlich die Arbeit nicht weniger, son-
dern mehr wurde. Wurden vorher noch
40 Stunden gearbeitet, waren es unter
der neuen Regelung plötzlich 60, hat
ihr eine Betriebsrätin von IBM erzählt.
Dieses Erlebnis ließ sie nicht mehr los
und bestärkte sie umso mehr, einen
Film über die moderne Arbeitswelt zu
drehen. Zwei Jahre zogen sich die Dreh-
arbeiten hin. Mehr als hundert Stun-
den Filmmaterial kamen zusammen.
Dass nicht alle Szenen in den fertigen
Film einfließen konnten, ist klar. Umso
verständlicher ist Kerns Frage, welche
Auswahlkriterien im Schneideprozess
letztlich entscheidend gewesen seien.
„Es gab keinen wirklichen Kriterienka-
talog, anhand dessen bestimmte Szenen
in den Film kamen und andere nicht“,
betont Losmann. „Stattdessen haben wir
im Verlauf des Montageprozesses einen
dramaturgischen Bogen gespannt – an-
gefangen bei Büroarchitektur als große
raumbildende Hülle und Formatierungs-
kraft, die auf die einzelnen Angestellten
einwirkt, über die Analyse von Persön-
lichkeitsstrukturen einzelner Mitarbei-
ter bis hin zum elektronischen Datensatz
als kleinste Einheit, die ein Abbild des
Szenen aus „Work hard – play hard“: Der Dokumentarfilm spannt einen dramaturgischen Bogen – angefangen bei der Büroarchitektur über
Inneneinrichtung, Outdoortrainings, Bewerbersituationen, HR-Modelle bis hin zu umfassenden Veränderungsprozessen.
© Film Kino Text
Angestellten darstellt“, erklärt die Regis-
seurin.
Zweifelhafte Trainingsmethoden
Für das meiste Unbehagen bis hin zum
Fremdschämen sorgte allerdings das im
Film gezeigte Outdoor-Training – jeden-
falls erging es Kern so. Bei dieser Epi-
sode wird man Zeuge, wie erwachsene
Männer, bevor sie sich von Bäumen ab-
seilen, gegenseitig zum Teil sinnfreie
Versprechen geben: „Ich werde dem-
nächst noch mehr und noch besser und
verstärkt kommunizieren, um Prozesse
und Aufgaben schneller und zielführen-
der erledigen zu können, was am Ende
heißt: mehr Umsatz.“ Doch hat die Er-
niedrigung damit in den Augen von Kern
längst noch nicht ihren Höhepunkt er-