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personalmagazin 12 / 11
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URTEILSDIENST
... werden bisweilen von Arbeitsrichtern
geklärt. Das wissen Kenner nicht erst
seit dem „Bosman-Urteil“. Wenn das LAG
Hamm sich jetzt in einem 54-seitigen (!)
Urteil mit demArbeitsvertrag eines Bun-
ZUSAMMENFASSUNG
Ein Arbeitsvertrag unterliegt nur dann nicht
der AGB-Kontrolle, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, er habe
die Details ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Arbeitnehmer
Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt.
RELEVANZ
Das Landesarbeitsgericht Hamm musste sich mit dem
umfassenden Arbeitsvertrag des Cheftrainers eines Profifußballver-
eins befassen. Im Streit stand die Frage, wann Arbeitsvertragsbe-
dingungen „ausgehandelt“ und damit ausnahmsweise nicht einer
AGB-Überprüfung ausgesetzt sind. „Aushandeln“, so die LAG-Richter,
bedeutet „mehr als verhandeln“. Keinesfalls genüge es, dass der
Vertragsinhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vor-
stellungen des Vertragspartners entspräche. Der Arbeitgeber muss
auch zu jeder einzelnen konkreten Klausel Stellung nehmen, was zur
Folge hat, dass Verträge in ausgehandelte und nicht ausgehandelte
Teile aufgespaltet werden können.
Quelle
LAG Hamm, Urteil vom 11.10.2011, 14 Sa 543/11
Zum Thema ...
Personalmagazin 9/2011, Seite 89
Wann ist ein Vertrag ausgehandelt?
Quelle
BAG, Urteil vom 19.10.2011, 7 AZR 253/07
Zum Thema ...
Personalmagazin 10/2011, Seite 72
Befristungskontrolle von Altverträgen
ZUSAMMENFASSUNG
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG müssen Beschäf-
tigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, erklären, für welche
Zeiten dies erfolgen soll. Über eine Verlängerung muss der Arbeitge-
ber gleichwohl nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden.
RELEVANZ
Das Urteil zeigt, dass auf eine Verlängerung der Elternzeit
über zwei Jahre hinaus zwar kein Rechtsanspruch besteht, vom Ar-
beitgeber jedoch zwei Voraussetzungen zu beachten sind. Zum einen
darf die Ablehnung kein offensichtlicher Rechtsmissbrauch sein. Zum
andern muss der Arbeitgeber „nach billigem Ermessen entsprechend
§ 315 Abs. 3 BGB“ darüber entscheiden, ob er der Verlängerung der
Elternzeit zustimmt. Mit dieser Vorgabe wurde das Verfahren an das
Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dies hat jetzt hinsichtlich
der Voraussetzung des billigen Ermessens noch weitere tatsächliche
Feststellungen zu treffen.
Quelle
BAG, Urteil vom 18.10.2011, 9 AZR 315/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 10/2008, Seite 84
ZUSAMMENFASSUNG
Versäumt der Arbeitgeber, sich bei der Agentur
für Arbeit nach schwerbehinderten Bewerbern zu erkundigen, kann
sich ein abgelehnter Bewerber auf eine Benachteiligung berufen.
RELEVANZ
Das Urteil zeigt, dass die im § 81 Abs.1 SGB IX geregelte
gesetzliche Pflicht zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbe-
hinderten Menschen besetzt werden können, nicht nur ein Appell,
sondern eine von allen Arbeitgebern zu beachtende Pflichtübung
ist. Die bisher mancherorts vertretene Auffassung, dass diese Pflicht
nur Arbeitgeber des öffentlichen Diensts betreffe, ist damit nicht
mehr aufrechtzuerhalten. Vor allem aber gilt: Auch wenn sich in
einem Bewerbungsverfahren bereits ein schwerbehinderter Mensch
beworben hat oder bei seiner Be-
werbung diesen Status offenba-
rt hat, ist gleichwohl noch eine
zwingende Anfrage bei der Agen-
tur nach § 81 SGB IX notwendig.
Fehlt es daran, heißt dies in der
Systematik des AGG: Es liegt das
Indiz einer Benachteiligung we-
gen einer Behinderung nach
§ 15 Abs. 2 AGG vor.
Quelle
BAG, Urteil vom 13.10.2011, 8 AZR 608/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 9/2011, Seite 80
desligatrainers auseinandergesetzt hat,
so sollte dies auch den nicht fußballbe-
geisterten Personalchef interessieren.
Die Entscheidung zeigt nämlich, dass der
Versuch, einer AGB-Kontrolle mit dem
Probleme aus der Fußball-Bundesliga ...
Argument zu entweichen, ein Vertrag sei
„ausgehandelt worden“, wenig Aussicht
auf Erfolg hat. Selbst dann nicht, wenn
am Vertrag auf Arbeitnehmerseite ein
Berater mitgewirkt hat.
ZUSAMMENFASSUNG
Befristungen, die sich nahtlos an ein been-
detes unbefristetes Arbeitsverhältnis angeschlossen hatten, waren
nach früherer Rechtslage unwirksam. Befristungsfehler aus der Ver-
gangenheit können sich jedoch auch spät noch rächen.
RELEVANZ
In die Befristungsfalle können Arbeitsverträge fallen, die
zwischen dem 1. Janur 2003 und dem 30. April 2007 geschlossen
wurden. Eine entsprechende Sonderregelung für über 58 Jahre alte
Arbeitnehmer hat das BAG für unwirksam erklärt.
RECHT
Behindertenrechte beachten
Verlängerung der zweijährigen Elternzeit
Anfragepflicht nach schwerbehinderten Bewerbern