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EMPLOYEE CHAMPIONS
personalmagazin 12 / 11
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Fürsprecher der Belegschaft? Na klar!
SERIE. Bei Voss Automotive wollen Personaler auch Anwalt der Belegschaft sein.
Damit besetzen sie eine unpopuläre HR-Rolle. Mit großem Gewinn.
rung einer Qualität von
Führung, die jede andere
Art von Interessenvertre-
tung überflüssig macht
– und das immer aus der
Sicht der Belegschaft. Ei-
ne derartige Sichtweise
braucht aber zunächst
einmal die Einsicht (und
durchaus auch die Größe)
des Topmanagements, die
Notwendigkeit einer pro-
fessionellen Ergänzung
zu erkennen und einzu-
räumen.
Dahinter steht eine plu-
ralistische Vorstellung von
Personalarbeit, wie sie der
Brite und Vorkämpfer der
sogenannten „Employee-
Relations“-Bewegung,Alan
Fox, schon in den 1960er-
Jahren in seinen „Frames
of References“ formuliert
hatte. Sie erkennt neben
den unzweifelhaft vorhan-
denen Gemeinsamkeiten
zwischen Arbeitgebern
und –nehmern auch die
Existenz divergierender Interessen an,
die konstruktiver Lösungen zum Nutzen
aller Beteiligten bedürfen. Dagegen stellt
Fox die sogenannte unitaristische Per-
spektive, in der sich ein Unternehmen als
eine von Harmonie geprägte Einheit wie
eine Familie sieht, in der jeder Konflikt
als unerwünschte und deshalb zu vermei-
dende Störung gilt.
Als dritte Perspektive im Fox’schen
Sinne sei hier noch die quasi marxi-
stische genannt, die von dem unauflös-
lichen Gegensatz zwischen Kapital und
Arbeit ausgeht. Aus ihrem Blickwinkel
braucht es Interessenvertretungen, die
die Arbeitnehmer als institutionalisierte
Gegenmacht vor der drohenden Über-
macht des Kapitals schützen.
Nun sollte man denken, dass es so
etwas heute nicht mehr gibt. Doch weit
gefehlt, die Arbeitswelt ist noch voll von
diesen aus Klassenkampfzeiten stam-
Von
Siegfried Baumeister
M
anches im Leben ist nicht
immer so präzise, klar und
eindeutig, wie wir es gerne
hätten. Das scheint mir mit
dem sogenannten „Employee Champion“
aus Ulrichs Business-Partnermodell der
Fall zu sein. Strategischer Partner des
Managements auf Augenhöhe — das passt
ja noch ganz gut ins klare und eindeutige
Weltbild. Aber nun mutet Dave Ulrich uns
Personalern zu, gleichzeitig auch Anwäl-
te der Basis zu sein, und das gar noch mit
dem Anspruch auf einen Titel als Cham-
pion der Belegschaft. Wie das?
Haben dieses Feld nicht schon hinrei-
chend Betriebsräte und Gewerkschaften
besetzt? Stehen wir nicht eindeutig auf
der Seite der Arbeitgeber? Irgendwie
scheint sich diese Ulrich’sche Rollenvor-
stellung nicht so recht mit den eindeu-
tigen Fronten unserer Arbeitswelt zu
vertragen. Alle Interessierten lade ich
daher ein, erfolgreiche Personalarbeit
einmal aus einer anderen Perspektive,
jenseits unseres gewohnten Denkrah-
mens, zu betrachten.
Konflikte erwünscht!
Um Dave Ulrichs Konzept wirklich nach-
vollziehen zu können, sollte man sich
mit den Eigenheiten der Arbeits- und
Managementwelt beschäftigen, aus der
heraus er es entwickelt hat. Das trifft
auf die Rolle des „Employee Champion“
oder auch „Employee’s Advocat“ ganz
besonders zu. Sie entspricht einem in
der amerikanischen Unternehmenswelt
weitverbreiteten Verständnis der Siche-
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SERIE: HR-ROLLENPROFILE
Siegfried Baumeister: „Augenhöhe auch mit der Belegschaft.“