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PERSÖNLICH
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POSITIONIERUNG
Viele Personalmanager scheuen die Öffentlichkeit. Warum?
von „falschen“ Zielen. Daraus sind aller-
dings kaum mehr tatsächliche News zu
erzeugen. Noch kritischer sind „Heils-
botschaften“, die die einzig richtige Hal-
tung ausrufen. Diese finden bestenfalls
einen kleinen Kreis von Jüngern.
Selbstverständlich braucht es mar-
kante Stellungnahmen zur Diskussion,
die sich nicht aus einem Entweder-oder-
Denken speisen, sondern Ideen zum
Sowohl-als-auch der komplexen Wirk-
lichkeit bieten. Beispiele: Führungsver-
halten im Konflikt zwischen Fordern
und Fördern, Zielvereinbarungen im
Widerstreit von Push und Pull, Business-
Partner im Spannungsfeld von Wert-
schöpfung und Wertschätzung. Selbst
hierzu wurde schon viel geschrieben
und gesagt. Doch kluge Beiträge halten
die Debatte am Leben und bringen das
HR-Management weiter. Fazit: Stellung-
nahmen sind zur Positionierung geeig-
net, wichtig sind klare Aussagen.
So finden Sie Gehör
Um im lautstarken Markt der Themen
und Meinungen Gehör zu finden, sind
aufmerksamkeitsstarke Äußerungen nö-
tig, etwa eine Antithese zum
Mainstream. Wenn etwa alle
behaupten, dass motivierte
Mitarbeiter zu engagierten
Mitarbeitern werden, wäre
folgende These markant: „Un-
motivierte Mitarbeiter sind
noch eifrigere Arbeitnehmer,
wenn Druck und Kontrolle er-
höht werden.“ Klingt für die
meisten Personaler unsinnig,
schafft aber Aufmerksamkeit.
Auch die Umkehrung von Zu-
sammenhängen verschafft
Gehör. Sie sagen nicht: „Moti-
vierte Mitarbeiter werden zu
engagierten Mitarbeitern.“
Sondern: „Engagement för-
dert die Motivation.“ Das regt
zumindest zum Nachdenken
an. Eng damit verbunden ist
der alte Trick der empirischen
Wissenschaften, aus einer
Korrelation eine Kausalität zu machen:
„Unternehmen mit motiviertenMitarbei-
tern haben eine engagierte Belegschaft.“
Das mag äußerst plausibel klingen, es
gibt dafür aber wenige seriöse Belege.
Gerne genutzt wird der Angriff gegen
Autoritäten, etwa im Stil von: „Wo Dave
Ulrich falsch liegt“. Da Gurus meist auf
einigen Grundthesen herumreiten und
sich eher unscharf ausdrücken, gibt es
ausreichend Ansatzpunkte. Beliebt sind
auch der Tabubruch und der Auftritt
als Advocatus Diaboli. Dabei sollte al-
lerdings nicht vergessen werden, dass
nicht nur in der Physik der Druck meist
den Gegendruck erhöht und der nächste
und sogar übernächste Kommunikati-
onsschritt bereits mitbedacht werden
sollte. Nicht viel anders verhält es sich
bei einer Positionierung als Enthüller.
Aufmerksamkeit ist fast schon garan-
tiert, der Gegenwind freilich auch. Hier
gilt es, die eigene Wirkung und Standfe-
stigkeit realistisch einzuschätzen.
Eine weitere Möglichkeit ist, ein of-
fenkundiges Problem aus der täglichen
HR-Arbeit herauszugreifen und zu be-
haupten, dass diese Herausforderung
nun endlich beherrschbar wäre. Am
besten wird hierbei die Dringlichkeit
des Handelns in den Vordergrund ge-
stellt. Dies kann für eine entsprechende
Verstörung und damit verbundenes In-
teresse an den angebotenen Lösungen
sorgen. Scharlatane werden jedoch bald
entlarvt. Fazit: Bei aller Originalität in
der Darstellung bleibt der Anwendernut-
zen entscheidend für eine nachhaltige
Wirkung.
Das Image transferieren
Neben der Persönlichkeit imengen Sinne
gibt es einige persönliche Merkmale,
welche die Chance auf öffentliche Wahr-
nehmung erhöhen. Da ist zum einen
der Rückenwind durch ein bekanntes
Unternehmen, zum anderen die Positi-
onierung durch eine markante Funktion
und zum dritten die Kompetenzzuschrei-
bung durch einen der zahlreichen HR-
Awards oder Auftritte auf Szene-Events.
Wenn Sie anWahrnehmung durch Dritte
interessiert sind, sollten Sie diese drei
Stellschrauben geschickt justieren. Dazu
müssen Sie aber nicht gleich Personal-
vorstand in einem Dax-30-Unternehmen
werden. Denn in solch exponierten Po-
sitionen darf längst nicht mehr alles
geäußert werden. Fazit: Nutzen Sie den
Namen Ihres Unternehmens, Ihre Positi-
on oder Auszeichnungen, um Ihre eigene
Bekanntheit zu fördern.
Für die Positionierung in der Persona-
lerszene am dienlichsten ist eine Kombi-
nation der dargestellten Mechanismen.
Natürlich muss man etwas zu sagen ha-
ben und sich etwas sagen trauen. Es gibt
neben der individuellen Positionierung
noch ein paralleles Ziel: Die Anregung
der professionellen Diskussion, damit
die Personalerzunft insgesamt besser
wird. Auch dies ist bitter nötig.
ist Geschäftsführer der
Unternehmensbera
tung
People Consulting.
Martin Claßen