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ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG
Leiharbeit: Der Stichtag naht
GESETZESÄNDERUNG Wer Leiharbeitnehmer einsetzt, muss ab Dezember über
freie Stellen informieren und Gemeinschaftseinrichtungen zugänglich machen.
D
irekte arbeitsrechtliche Ver-
bindungen haben Leiharbeit-
nehmer zwar nach wie vor
nicht zum dem entleihenden
Unternehmen. Zu beachten sind aber
zwei neue Pflichten, welche ab 1. De-
zember einen durchsetzbaren Rechtsan-
spruch der Leiharbeitnehmer gegenüber
dem Einsatzunternehmen begründen.
Information über freie Arbeitsplätze
Die europäische Leiharbeitsrichtlinie
sieht vor, dass Leiharbeitnehmer über
die offenen Stellen im Einsatzunter-
nehmen unterrichtet werden. Sie sollen
die gleichen Chancen auf einen (unbe-
fristeten) Arbeitsplatz haben wie die
übrigen Arbeitnehmer des Einsatzun-
ternehmens. Danach hat das Einsatzun-
ternehmen die Leiharbeitnehmer über
Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen,
zu informieren. Der zu besetzende Ar-
beitsplatz kann neu geschaffen werden
oder neu zu besetzen sein. Die Informati-
onspflicht entsteht, wenn das Unterneh-
men entschieden hat, einen Arbeitsplatz
neu zu schaffen oder einen frei gewor-
denen Arbeitsplatz neu zu besetzen. Ist
der Arbeitsplatz bereits besetzt worden,
besteht keine Informationspflicht mehr.
Erfasst werden alle zu besetzenden
Arbeitsplätze des Einsatzunternehmens.
Die Informationspflicht ist alsonicht etwa
begrenzt auf den konkreten Einsatzbe-
trieb. Es spielt nach der neuen Vorschrift
auch keine Rolle, ob Leiharbeitnehmer
für die Stelle überhaupt geeignet sind:
Möglicherweise werden die Arbeitsge-
richte aber bei offensichtlich fehlender
Eignung eine Informationspflicht vernei-
nen. Die neue Vorschrift verpflichtet die
Einsatzunternehmen nicht, Leiharbeit-
nehmer bei der Stellenbesetzung ge-
genüber externen Bewerbern vorrangig
zu berücksichtigen. Der Entleiher ist
auch nicht gehindert, die Arbeitsplätze
gleichzeitig extern auszuschreiben. Nur
besetzen darf er die Stelle nicht, solange
nicht die Informationspflicht erfüllt ist
– und die Leiharbeitnehmer eine reelle
Chance hatten, sich zu bewerben. Eine
Information wenige Tage vor Ablauf der
Bewerbungsfrist reicht also nicht.
Aus der Information muss hervorge-
hen, um welchen Arbeitsplatz es sich
handelt und welche Anforderungen der
Bewerber erfüllen muss. Sie kann durch
allgemeine Bekanntmachung an einer
geeigneten Stelle im Unternehmen er-
folgen. Die Gesetzesbegründung nennt
als Form der allgemeinen Bekanntgabe
den Aushang am schwarzen Brett. Aus-
reichend ist auch die Bekanntgabe im
Intranet, in Mitarbeiterzeitungen und in
anderen internen Informationsmitteln,
wenn die Leiharbeitnehmer hierauf Zu-
griff haben. Bei Verletzung der Informati-
onspflicht liegt eine Ordnungswidrigkeit
vor, die mit einer Geldbuße von bis zu
2.500 Euro geahndet werden kann.
In der Praxis wird sich vor allem die
Frage stellen, ob der Betriebsrat im
Einsatzunternehmen die Zustimmung
zu einer Einstellung verweigern darf,
zum Beispiel zur Besetzung mit einem
externen Bewerber, bevor die Infor-
mationspflicht erfüllt ist. Ein solches
Zustimmungsverweigerungsrecht des
Betriebsrats hat das BAG bejaht für den
Fall, dass die Prüf - und Konsultations-
pflichten bei der Besetzung von Stellen
mit Schwerbehinderten nicht erfüllt
waren. Auch wenn unklar ist, ob diese
Von
André Zimmermann
Den gesamten Text des neuen
Arbeitgeberüberlassungsgesetzes
können Sie sich herunterladen
unter
www.personalmagazin.de
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HINWEIS
Der neue § 13 b AÜG
„Der Entleiher hat dem Leih-
arbeitnehmer Zugang zu den
Gemeinschaftseinrichtungen
oder -diensten im Unternehmen
unter den gleichen Bedingungen
zu gewähren wie vergleichbaren
Arbeitnehmern in dem Betrieb,
in dem der Leiharbeitnehmer
seine Arbeitsleistung erbringt, es
sei denn, eine unterschiedliche
Behandlung ist aus sachlichen
Gründen gerechtfertigt. Gemein-
schaftseinrichtungen im Sinne
des Satz 1 sind insbesondere
Kinderbetreuungseinrichtungen,
Gemeinschaftsverpflegung und
Beförderungsmittel.“