Seite 71 - personalmagazin_11_2011

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URTEILSDIENST
RECHT
11 / 11 personalmagazin
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TERMINABSAGE DES BAG
Dass auch zwei Jahre nach dem Urteil des EuGH zur Unverfallbarkeit von
Urlaubsansprüchen immer noch nicht alle Folgen dieser Sensationsent-
scheidung durchprozessiert worden sind, zeigt eine Terminabsage des
BAG. Was sich dahinter verbirgt, wird durch den Verweis auf eine zu
erwartende Entscheidung des EuGH klar. In der Sache geht es um die
Frage, ob die vom EuGH erkannte Unverfallbarkeit von Urlaubsansprü-
chen bei Dauererkrankung auch dann greift, wenn der betreffende
Arbeitnehmer nicht nur langjährig arbeitsunfähig war, sondern sogar
schon über Jahre eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen
hat. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte mit Urteil
vom 29. April 2010 einer Arbeitnehmerin mehr als 18.000 Euro Ur-
laubsabgeltung zugestanden, obwohl diese mehr als vier Jahre lang
Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen hatte. Das BAG will jetzt abwarten,
bis der EuGH in einer ähnlichen Sache entschieden hat. Hier geht es
um die Geltung einer französischen Arbeitszeitrichtlinie, nach der die
Entstehung des Urlaubsanspruchs an die Bedingung geknüpft ist, dass
der Arbeitnehmer im jeweiligen Bezugsjahr eine Mindestarbeitszeit
von zehn Tagen absolviert.
Quelle
BAG, Urteil vom 24.9.2011, 4 AZR 566/09
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Personalmagazin 9/2009, Seite 82
Tarifvertrag nach Betriebsübergang
Quellen
:
Pressemitteilung des BAG zum Verfahren 9 AZR 353/10
Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 29.4.2010, 11 Sa 64/09
Zum Thema ...
Personalmagazin 2/2011, Seite 62
ZUSAMMENFASSUNG
Schuldrechtliche Abreden der Tarifvertragspar-
teien wirken nur zwischen diesen und werden nach einem Betriebs-
übergang nicht Inhalt des individuellen Arbeitsvertrags. Sie enthält
keine Rechte und Pflichten im Bezug auf das Arbeitsverhältnis.
RELEVANZ
Eine unscharfe Unterscheidung zwischen echten Tarif-
normen und schuldrechtlichen Abreden der Tarifvertragsparteien
kann handfeste Folgen haben. Das Urteil zeigt, dass bei Betriebs-
übergängen eine exakte Analyse der Rechtslage notwendig ist.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.7.2011, 7 Sa 1553/10
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Personalmagazin 1/2010, Seite 60
ZUSAMMENFASSUNG
Ist bei einer betriebsbedingten Kündigung eine
Namensliste hinterlegt, muss die damit verbundene Vermutung der
Rechtmäßigkeit nicht nur bezweifelt, sondern widerlegt werden.
RELEVANZ
Das Urteil stellt klar, dass in Fällen einer Namensliste
die Unrichtigkeit einer Sozialauswahl durch die Arbeitsgerichte
nur dann angenommen werden kann, wenn der Gekündigte den
vollständigen Gegenbeweis führen kann.
Die Folgeverfahren zum Nichtverfall
von Urlaubsansprüchen gehen weiter
Zweifel an Namensliste genügt nicht
ZUSAMMENFASSUNG
Eine Sachgrundbefristung verlangt die Prog-
nose, dass mit hinreichender Sicherheit der Beschäftigungsbedarf
nach dem Vertragsende nicht mehr besteht. Die Abhängigkeit von
Haushaltsmitteln rechtfertigt die Befristung nicht.
RELEVANZ
Das Urteil zeigt, dass auch in den Fällen einer vermeint-
lich sicheren Vertretungsbefristung durchaus die Gefahr besteht,
dass ein Arbeitsgericht einen Sachgrund im Sinne des § 14 TzBfG
ablehnt. Im vorliegenden Fall fiel die Befristung zwar zeitlich mit
dem Fehlen einer Mitarbeiterin, die in Elternzeit war, zusammen.
Die Klägerin konnte jedoch nachweisen, dass der Arbeitgeber nur
durch die Zuweisung öffentlicher Mittel einen zusätzlichen Beschäf-
tigungsbedarf hatte. Damit habe es sich in Wirklichkeit um eine
Haushaltsbefristung gehandelt. Diese wiederum sei im vorliegenden
Fall (die Beklagte war die Bundesagentur für Arbeit) nicht wirksam,
weil das BAG erst kürzlich die sogenannten Haushaltsbefristungen
bei öffentlichen Arbeitgebern für unwirksam erklärt habe.
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.7.2011, Az. 7 Sa 1553/10
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Personalmagazin 6/2004, Seite 32
Befristung zur Vertretung
EUGH
ZUSAMMENFASSUNG
Ein tarifvertraglich vorgesehenes Verbot für
Verkehrspiloten, über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ihrer
Tätigkeit nachzugehen, stellt eine nicht gerechtfertigte Diskrimi-
nierung wegen des Alters dar.
RELEVANZ
Das Urteil ist insoweit von grundlegender Bedeutung, als
der EuGH auf die Diskrepanz zwischen der tariflichen Altersgrenze
und den allgemeinen staatlichen Beschränkungen, die Flugberechti-
gungen bis zum 65. Lebensjahr erlauben, hinweist. Vor diesem Hin-
tergrund könnten sich die Tarifpartner nicht auf Sicherheitsbedenken
für Passagiere und Bewohner der überflogenen Gebiete stützen und
unterstellen, dass Piloten mit dem 60. Lebensjahr körperlich nicht
mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit seien. In der
Praxis bleibt abzuwarten, inwieweit das BAG die Vorgaben des EuGH
umsetzt und ob auch Altersbeschränkungen anderer Berufsgruppen
bald gerichtlich überprüft werden.
Quelle
:
EuGH, Urteil vom 13.9.2011, Az. RL 2000/78/EG
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Personalmagazin 10/2011, Seite72
Piloten dürfen länger fliegen