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BONUSSYSTEME
TITEL
11 / 11 personalmagazin
tionseffekt werden unter individuellen
Anreizen auch tendenziell bessere Ent-
scheidungen getroffen. Hierzu gehört
beispielsweise die Personalauswahl.
Führungskräfte, die über ihren Lohn
vom Erfolg ihrer Abteilung profitieren,
stellen geeignetereMitarbeiter ein. Darü-
ber hinaus entscheiden Führungskräfte
eher im Sinne des Unternehmens. Insbe-
sondere Verzerrungen durch enge sozi-
ale Bindungen oder Vorlieben kommen
weniger zum Tragen, wenn Führungs-
kräfte auch finanziell an einer sachlich
optimalen Lösung interessiert sind.
Einzelleistung oft nicht erkennbar
In vielen Fällen ist die Beurteilung der
Leistung einzelner Mitarbeiter und Füh-
rungskräfte jedoch schwierig, zu auf-
wendig oder schlicht unerwünscht. Eine
Alternative zu individuellen Anreizen
ist die Kopplung des Lohns an den Erfolg
eines Teams oder einer Abteilung. Noch
bis in die 90er-Jahre sahen Wirtschafts-
wissenschaftler diese Ansätze kritisch.
Warum sollte ein Einzelner mehr Enga-
gement zeigen, wenn die Höhe des Team-
bonus doch vor allem von der Leistung
der vielen Kollegen abhängt?
Wie immer die Theorie aussehen mag,
etliche Studien sehen einen positiven Zu-
sammenhang zwischen Teamvergütung
und Produktivität, wobei einige Umstän-
de diesen Zusammenhang begünstigen.
Die Auswertung von Daten eines gro-
ßen amerikanischen Stahlproduzenten
beispielsweise zeigt, dass Teamboni die
Produktivität in komplexen Produktions-
prozessen, die eine rege Kommunikation
zwischen Mitarbeitern erfordern, stark
erhöhen. Das gleiche Vergütungssystem
hatte in Werken des gleichen Betreibers
mit einfachen Produktionsprozessen
einen positiven, aber tendenziell gerin-
geren Effekt.
Ein weiteres gutes Beispiel für erfolg-
reiche Teamvergütung bietet der Fall
einer amerikanischen Näherei, die ihre
Vergütung von individuellen Stücklöh-
nen auf Teamvergütung umstellte. Die
Gesamtproduktivität produzierender
Mitarbeiter stieg um 14 Prozent. Bei
dieser Studie stellte sich heraus, dass
insbesondere weniger leistungsstarke
Mitarbeiter durch Lernprozesse im Team
ihre Leistung deutlich steigern konnten.
Die Vergütung von Teams oder Abtei-
lungen macht also ganz besonders dann
Sinn, wenn Kommunikation unter Mit-
arbeitern, komplexe Produktions- oder
Entwicklungsprozesse oder Lernpro-
zesse zwischen erfahrenen und weniger
erfahrenen Mitarbeitern eine große Rol-
le spielen.
Unternehmensboni dienen der
Mitarbeiterbindung und Motivation
Neben den angesprochenen Ansätzen
sind auch unternehmensweite Ver-
gütungsprogramme verbreitet. Diese
können beispielsweise in Form von Be-
teiligungen am operativen Ergebnis oder
Kapitalbeteiligungen vorliegen. Einige
Studien weisen zwar einen positiven Zu-
sammenhang zwischen Mitarbeiterbe-
teiligung und Unternehmenserfolg nach,
die genaue Wirkung von Mitarbeiterbe-
teiligungen ist jedoch noch nicht ent-
schlüsselt. Zwei häufig genannte Effekte
sind eine erhöhte Mitarbeiterbindung
und Arbeitsmotivation sowie niedrigere
Fehlzeiten.
Vor diesem Hintergrund überrascht
es nicht, dass die für ihre enge Mitar-
beiterbindung bekannten japanischen
Unternehmen fast alle Mitarbeiterbe-
teiligungen vorsehen. Neben einer all-
gemeinen Gewinnbeteiligung können
auch konkrete Unternehmensziele, wie
Umsatz und Qualität, durch Mitarbeiter-
boni angesteuert werden. Continental
PRAXIS
Fallbeispiel 1: Unternehmensziele
In vielen Fällen zeigt sich erst in der Umsetzung des Bonussystems, ob es in
der Wirkung hält, was es verspricht. Im Fall von Continental Airlines konnte das
Unternehmen seine Ziele durch die Einführung eines Bonus erreichen.
Continental Airlines zahlte von 1995 bis 1996 einen monatlichen Pro-Kopf-Bonus von 65
Dollar, wenn es die Fluggesellschaft unter die Top 5 der pünktlichsten Airlines schafft.
Auf zehn der 32 Flughäfen, die Continental Airlines anflog, arbeiteten Vertragspartner in
der Flugabwicklung und keine oder nur wenige Mitarbeiter von Continental Airlines. Die
Mitarbeiter an diesen Flughäfen erhielten folglich auch keine Bonuszahlungen für Pünkt-
lichkeit. Innerhalb kürzester Zeit nach Einführung des Bonusprogramms, erreichte Con-
tinental Airlines regelmäßig Top-Platzierungen im „On Time Ranking“. Die Wirkung des
Bonus kann daran abgelesen werden, dass lediglich auf Flughäfen, die von Continental
selbst gesteuert wurden, eine starke
Verbesserung festgestellt wurde.
Die Leistung der Vertragspartner, die
keinen Bonus für gute Platzierungen
erhielten, verbesserte sich hingegen
kaum. Allein durch das Erreichen von
Anschlussflügen und Weiterempfeh-
lungen anderer Fluggesellschaften
erhöhte sich der monatliche Cashflow
um acht Millionen Dollar.
Continental Airlines belohnte für Pünktlichkeit.