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RECHT
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URLAUB
Liebe Lohnexperten,
sind Sie neuen Mitarbeitern auch schon einmal
bei der Urlaubsgewährung entgegengekommen
und haben diesen schon nach kurzer Zeit den
vollen Jahresurlaub gewährt? „Aktuell wird
dies manchmal zur Grundlage einer Einstel-
lungszusage gemacht“, so erzählte mir kürzlich
der Personalchef eines Metallbaubetriebs, der
händeringend nach Ingenieuren sucht. In einem
Fall überreichte ihm der Neuzugang gleich nach
der Rückkehr aus dem Urlaub die Kündigung.
Eine teure Urlaubsgewährung, denn zu den
Investitionen für die Rekrutierung und Einarbei-
tung musste der Personalchef jetzt auch noch zu
viel gezahltes Urlaubsentgelt abschreiben. Aber
kann man dem Mitarbeiter nicht den Grundsatz
entgegenhalten, dass man zurückzahlen muss,
was man ohne Rechtsgrund erlangt hat? Legt
man das allgemeine Recht zugrunde, so ist es
in der Tat so. Aber das allgemeine Recht gilt be-
kanntlich nur, insoweit es nicht vom Arbeitsrecht
überlagert wird. So auch hier. Für den Fall, dass
Arbeitgeber in den ersten sechs Monaten mehr
Urlaub gewähren als sie müssen, gibt es dazu
sogar eine gesetzliche Regelung in § 5 Abs. 5
des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG).
Der Einwand der Entreicherung
Aber es gibt auch noch andere Fälle, bei
denen zu viel Urlaub gewährt wird, sei es aus
Versehen oder weil man bei der Urlaubsbe-
rechnung für Teilzeitbeschäftigte die falsche
Formel verwendet hat. Auf die Frage, ob man
zumindest in diesen Fällen zu viel gezahltes
Urlaubsentgelt zurückfordern kann, lautet die
Antwort: Eigentlich ja, aber in den meisten
Fällen nicht. Hintergrund ist eine Spezialität
des Bereicherungsrechts, die an Spitzfindigkeit
kaum zu überbieten ist: Nach § 818 BGB braucht
man etwas, das man zu Unrecht erhalten hat,
dann nicht zurückzahlen, wenn man „nicht mehr
bereichert ist“. Mit anderen Worten: Wer seinen
leitet das Ressort Recht im
Personalmagazin.
Thomas Muschiol
KOLUMNE. Wer einvernehmlich oder versehentlich
zu viel Urlaub gewährt, kann das Urlaubsentgelt in
der Regel nicht zurückfordern.
Im Urlaubsrecht wird
Großzügigkeit zur Sackgasse
Zwischen
Mindesturlaub
und Mehrurlaub
unterscheiden
versehentlich gewährten Mehrurlaub bereits
in Ballermann-Ferien umgesetzt hat, der hat
seine Mehrzahlung bereits verfrühstückt und der
Arbeitgeber fällt dem Entreicherungseinwand
zum Opfer.
Vorsicht beim Verkauf von Urlaubstagen
Noch mehr aufs Glatteis geraten aber Arbeitge-
ber, die der Bitte von Arbeitnehmern nachkom-
men, doch einen Teil des Urlaubs abzugelten.
Urlaubsabgeltung sieht das Gesetz bekanntlich
nur bei Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis
vor. Lässt sich der Arbeitgeber dennoch auf einen
solchen Deal ein, so kann er doppelt bestraft
werden, wenn der Mitarbeiter von seinem
„Urlaubsverkauf“ nichts mehr wissen will. Das
Ergebnis kann sein: Der Arbeitnehmer fordert
seinen Urlaub nach, da darauf nicht rechtswirk-
sam verzichtet werden kann. Zusätzlich verlangt
er die Abgeltung, wenn er sich erfolgreich auf
die Entreicherung berufen kann. Allerdings
gibt es beim Abgeltungsverbot eine wichtige
Einschränkung: Verzichten kann der Arbeitneh-
mer nämlich sehr wohl auf den Teil des Urlaubs,
der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt.
Ein Grund mehr, in Arbeitsverträgen den Urlaub
grundsätzlich differenziert und getrennt nach
Mindest- und Zusatzurlaub darzustellen.
Alles Gute und bis zur nächsten Ausgabe.
Bei der
Entgeltabrechnung
setze ich auf ADP.
www.de.adp.com