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ENTSENDUNG
Auslandseinsätze aus
arbeitsrechtlicher Sicht
ÜBERSICHT. Arbeitgeber sehen sich immer wieder
mit der Frage konfrontiert, welchen vertraglichen
Regelungsbedarf Auslandseinsätze nach sich ziehen.
A
us arbeitsrechtlicher Sicht ist
zwischen zwei Grundmodel-
len zu unterscheiden: Bleibt
das Arbeitsverhältnis mit dem
bisherigen Arbeitgeber bestehen, so
wird eine ergänzende Entsendeverein-
barung geschlossen. Beispiele für dieses
sogenannte „Einvertragsmodell“ sind
projektbezogene Auslandseinsätze oder
kurzzeitige Entsendungen zu anderen
Konzernunternehmen.
Handelt es sich hingegen um einen
längerfristigen Auslandsaufenthalt und
soll auch eine vertragliche Beziehung
zum Auslandsarbeitgeber begründet
werden, so sollte zum einen das bis-
herige Anstellungsverhältnis ruhend
gestellt sowie die Konditionen für die
Rückkehr des Arbeitnehmers geregelt
und zum anderen ein separater Anstel-
lungsvertrag zwischen Arbeitnehmer
und Auslandsarbeitgeber geschlossen
werden. Bei diesem sogenannten „Zwei-
vertragsmodell“ ist es wichtig, dass der
ruhende, inländische Arbeitsvertrag und
der mit dem ausländischen Arbeitgeber
geschlossene Anstellungsvertrag aufei-
nander abgestimmt sind.
Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
Treffen die Parteien keine Rechtswahl, so
findet im Regelfall das Recht desjenigen
Staats Anwendung, in dem der Arbeit-
nehmer in Erfüllung seines Vertrags ge-
wöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dies gilt
auch dann, wenn der Arbeitnehmer sei-
ne Arbeit vorübergehend in einem ande-
ren Staat verrichtet. Auch mehrere Jahre
können – je nach Auffassung des angeru-
fenen Gerichts – noch als vorübergehend
gelten. Anhand dieser Regelungen ergibt
sich, dass kurz- oder mittelfristige Ent-
sendungen aus Deutschland heraus die
Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts
nicht berühren. Wird der Arbeitnehmer
hingegen im Rahmen eines separaten
Vertrags mit dem ausländischen Arbeit-
geber tätig, so wird ohne Rechtswahl
eher ausländisches Recht anzuwenden
sein. Um in diesem Punkt Rechtssicher-
heit zu erlangen, sollte unbedingt eine
explizite Regelung getroffen werden.
Visapflicht sowie Arbeitserlaubnis
beachten und Rückrufklausel einbauen
Je nachdem, in welchem Land der Aus-
landseinsatz stattfindet, ist eine Arbeits-
erlaubnis beziehungsweise ein gültiges
Visum nötig. Liegen diese Dokumente
trotz Erforderlichkeit in dem betref-
fenden Land nicht vor, so drohen dem
Arbeitgeber unter Umständen Bußgeld-
strafen. Um dies zu vermeiden, muss
das Vorliegen einer gültigen Arbeitser-
laubnis beziehungsweise eines gültigen
Visums zur aufschiebenden Bedingung
des Vertrags gemacht werden.
Aus Arbeitgebersicht empfiehlt sich
außerdem eine sogenannte Rückruf-
klausel, die es dem Arbeitgeber unter
bestimmten, genauer festzulegenden
Umständen ermöglicht, den Arbeitneh-
mer vorzeitig von seinem Auslandsauf-
enthalt zurückzurufen. Wichtig ist, dass
die Rückrufklausel sich an den Para-
grafen 307 ff. BGB messen lassen und
außerdem der Rückruf im konkreten
Einzelfall die Grundsätze billigen Er-
messens wahren muss. Aus Transpa-
renzgründen sollten auf jeden Fall einige
Regelbeispiele in der Klausel aufgeführt
werden, in denen eine Rückkehr zum
Stammarbeitgeber erfolgen muss – etwa
bei einem Verstoß gegen die im Gastland
geltenden Verhaltensregeln.
Von
Bettina Scharff
Fachanwältin für Arbeits-
recht bei Allen & Overy
in Frankfurt
Dr. Bettina Scharff
Vor der Abreise ist der Arbeitsvertrag zu prüfen.