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ENTSENDUNG
RECHT
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land zur Versicherungspflicht führt,
entscheidet im Einzelfall die jeweils zu-
ständige Einzugsstelle beziehungsweise
für den Bereich der gesetzlichen Unfall-
versicherung der zuständige Unfallversi-
cherungsträger.
Diese Ausnahmen ergeben sich zum
einen durch das deutsche Recht (§ 4
SGB IV), zum anderen durch die euro-
päische Verordnung zur Koordinierung
der Systeme der sozialen Sicherheit (EU-
Sozialrecht) und die von Deutschland
abgeschlossenen bilateralen Sozialver-
sicherungsabkommen.
Der Blick auf die Karte ist notwendig
Wer Mitarbeiter vorübergehend in das
Ausland entsendet, muss beachten,
dass es keine einheitliche sozialversi-
cherungsrechtliche Beurteilung gibt.
So sind länderspezifische Unterschiede
hinsichtlich der Entsendefristen zu be-
achten. Dazu kommt, dass im Einzelfall
auch Differenzierungen zwischen den
einzelnen deutschen Sozialversiche-
rungszweigen zu beachten sind. Die
Welt der Sozialversicherung ist insoweit
dreigeteilt, und zwar in Länder, die das
EU-Sozialrecht anwenden, in Länder, mit
denen Deutschland ein bilaterales Sozi-
alversicherungsabkommen geschlossen
hat, und in das aus deutscher Sicht so
genannte vertragslose Ausland.
Die „blaue Zone“: Hier gilt EU-Recht
Nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
wird EU-Sozialrecht bei der Entsen-
dung in folgende Länder angewandt:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Est-
land, Finnland, Frankreich, Griechen-
land, Großbritannien, Irland, Italien,
Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta,
Niederlande,Österreich, Polen, Portu-
gal, Rumänien, Schweden, Slowenien,
Spanien, Slowakei, Tschechien, Ungarn,
Zypern.
Eine Entsendung in einen dieser Staaten
liegt im Rahmen des EU-Sozialrechts
aber immer nur dann vor, wenn von
vornherein feststeht, dass diese „vorü-
bergehende“ Auslandsbeschäftigung
die voraussichtliche Dauer von 24 Mo-
naten nicht überschreiten wird und der
entsandte Mitarbeiter keinen anderen
Arbeitnehmer ablöst, bei dem die Ent-
sendezeit abgelaufen ist.
Liegt in diesemSinne eine Entsendung
vor, so ist diese Auslandsbeschäftigung
hinsichtlich der sozialversicherungs-
rechtlichen Folgen wie eine Beschäfti-
gung in Deutschland zu behandeln, das
heißt Versicherungspflicht in allen deut-
schen Sozialversicherungszweigen.
Achtung, Ausnahme: Die Staaten
Norwegen, Liechtenstein, Island und
Schweiz wenden zurzeit noch eine ab-
weichende Rechtsgrundlage an, nämlich
die VO (EWG) Nr. 1408/71. Die zeitliche
Höchstgrenze einer Entsendebeschäfti-
gung beträgt hier zunächst zwölf Monate.
Eine einmalige Verlängerung umweitere
zwölf Monate ist jedoch möglich.
Die „rote Zone“: Was sagt das
Sozialversicherungsabkommen?
Findet kein EU-Recht Anwendung, so ist
zunächst zu prüfen, ob mit dem jewei-
ligen Staat ein Sozialversicherungsab-
kommen (SVA) besteht. Deutschland hat
auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit
mit den Staaten Australien, Bosnien-
Herzegowina, Chile, China, Indien, Isra-
el, Japan, Kanada, dem Kosovo, Kroatien,
Marokko, Mazedonien, Montenegro,
Quebéc, Serbien, Südkorea, der Türkei,
Tunesien und den USA entsprechende
Abkommen geschlossen. SVA mit Bra-
silien und der Ukraine werden in naher
Zukunft hinzukommen.
Im Bereich dieser SVA gibt es für Ent-
sendungen keine einheitliche zeitliche
Höchstgrenze. Im Einzelnen gelten fol-
gende Höchstgrenzen:
Tunesien – 12 Monate
Kroatien, Mazedonien, Südkorea
sowie künftig Brasilien und die
Ukraine – 24 Monate
Chile und Marokko – 36 Monate
Australien, China und Indien –
48 Monate
Japan, Kanada, Quebéc und USA –
60 Monate
Bosnien-Herzegowina, Israel, der
Kosovo, Montenegro, Serbien und die
Türkei – keine feste Zeitgrenze.
Auch die Auswirkungen in den deut-
schen Sozialversicherungszweigen bei
Vorliegender jeweiligenEntsendevoraus-
setzungen können recht unterschiedlich
sein. Dies liegt am sachlichen Geltungs-
bereich des jeweiligen Abkommens, der
festlegt, auf welche Rechtsvorschriften
und damit auf welche Zweige der sozia-
len Sicherheit das einzelne Abkommen
anwendbar ist.
Zum Beispiel unterliegt eine deut-
sche Entsendebeschäftigung in China
im Rahmen des SVA nur den deutschen
Rechtsvorschriften über die gesetzliche
Renten- und Arbeitslosenversicherung,
nicht dagegen den deutschen Rechtsvor-
schriften über die gesetzliche Kranken-,
Pflege- und Unfallversicherung. Dagegen
sind bei einer Entsendung nach Kroatien
die deutschen Rechtsvorschriften in der
Die Welt ist dreigeteilt: in Länder mit EU-Sozial-
recht, in Länder, mit denen ein Abkommen besteht,
und in das sogenannte vertragslose Ausland.
Online
Unterschiedliche Fragebögen und
Anträge finden Sie in der Rubrik
„Arbeiten im Ausland“ der
Deutschen Verbindungsstelle
Krankenversicherung-Ausland unter
www.dvka.de