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RECHT
BEFRISTUNG
75
Rechtsanwalt bei Esche-
Schümann Commixhau,
Hamburg
Burkhard Fabritius
beispielsweise bei Piloten der Fall, bei
Flugbegleitern hingegen nicht (Vorlage
an den EuGH vom 17.6.2009, Az. 7 AZR
112/08). Bei solchen Altersbefristungen
ist also besonders sorgsam zu prüfen, ob
wichtige Rechtsgüter, etwa wegen einems-
möglichen Abnehmens der Leistungs-
fähigkeit, ab einem bestimmten Alter
gefährdet werden und ob einer solchen
Gefährdung mit einemmilderen Mittel als
einer Altersbefristung begegnet werden
kann.
Auslegung alter Befristungsabreden
Viele ältere Arbeitsverträge enthalten
eine Befristung auf das Erreichen des
65. Lebensjahres, dem früheren Renten-
eintrittsalter. Gemäß § 41 Satz 2 SGB VI
(lesen Sie dazu auch den Kasten auf der
vorherigen Seite) gelten sie als auf das
Erreichen der Regelaltersgrenze abge-
schlossen, wenn sie nicht innerhalb der
letzten drei Jahre vor Erreichen des 65. Le-
bensjahres abgeschlossen oder bestätigt
worden sind. Da bei Vertragsänderungen
nach der Rechtsprechung des BAG der
Vertragsinhalt im Übrigen bestätigt wird,
müssen bei Vertragsänderungen in den
letzten drei Jahren vor Vollendung des
65. Lebensjahres Altersbefristungen an-
gepasst werden. Eine Vertragsänderung
kann schon durch eine Gehaltserhöhung
ausgelöst werden, sodass Unternehmen
hier besondere Aufmerksamkeit walten
lassen müssen. Denn führt eine Vertrags-
anpassungdazu, dass die alteAltersbefris-
tung bestätigt wird, kann sie nicht mehr
auf das Erreichen der Regelaltersgrenze
umgedeutet werden. Dann aber wird im
Zweifelsfall die ganze Befristung unwirk-
sam, da regelmäßig nur Befristungen
auf das Erreichen der Regelaltersgrenze
wirksam sind.
Erwerbsminderung als
auflösende Bedingung
Erwerbsminderungsrenten werden ge-
mäß § 102 Abs. 2 SGB VI grundsätzlich
nur befristet gewährt. Eine Klausel, wo-
nach das Arbeitsverhältnis bei Gewäh-
rung solcher befristeter Renten endet,
ist unwirksam. Das BAG hält die Been-
digung des Arbeitsverhältnisses für zu
einschneidend, wenn der Arbeitnehmer
wieder genesen kann. In diesem Fall
kommt aber eine krankheitsbedingte
Kündigung in Betracht, deren Wirk-
samkeit durch die vorzunehmende In-
teressenabwägung in jedem Einzelfall
gerichtlich überprüft werden kann.
Unternehmen müssen also, wenn ihren
Mitarbeitern eine Erwerbsminderungs-
rente befristet bewilligt wird, entschei-
den, ob das Arbeitsverhältnis gekündigt
werden soll.
Bei unbefristet gewährten vollen Er-
werbsminderungsrenten hält das BAG
auflösende Bedingungen hingegen für
zulässig (Urteil vom 23.2.2000, Az. 7
AZR 906/98). Eine Befristungsabrede
auf das Erreichen der Regelaltersgrenze
und einer auflösenden Bedingung bei Er-
werbsminderung kann wie folgt lauten:
„Das Arbeitsverhältnis endet, ohne
dass es einer Kündigung bedarf, mit Ab-
lauf des Monats, in welchem der Arbeit-
nehmer die Regelaltersgrenze erreicht
(je nach Geburtsjahr zwischen dem 65.
und 67. Lebensjahr) oder zu dem Zeit-
punkt, ab dem er eine Altersrente oder
vergleichbare Leistung bezieht. Das
Arbeitsverhältnis endet ebenfalls oh-
ne Kündigung mit Ablauf des Monats,
in welchem der Arbeitnehmer erstmals
eine unbefristete Rente wegen vollstän-
diger Erwerbsminderung oder eine ver-
gleichbare Leistung bezieht. Über den
Zugang eines entsprechenden Renten-
bescheids hat der Arbeitnehmer den Ar-
beitgeber unverzüglich zu informieren.
Diese Klausel lässt das Recht zur ordent-
lichen Kündigung entsprechend Ziffer
xy dieses Vertrags unberührt.“
Altersgrenzen im Rahmen betrieblicher
Altersversorgung
Auch in älteren Regelungswerken zur
betrieblichen Altersversorgung findet
sich häufig noch das 65. Lebensjahr
als Altersgrenze. Auch in diesen Fällen
wird die Versorgungszusage regelmäßig
so auszulegen sein, dass ein voller Ren-
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ANZ E I GE
tenanspruch erst mit Erreichen der Re-
gelaltersgrenze entsteht. Nur wenn aus
den Umständen des Vertragsschlusses
eindeutig hervorgeht, dass der volle
Rentenanspruch in jedem Fall mit dem
65. Lebensjahrs entstehen sollte, kann
schon in diesem Alter die volle Rente
beansprucht werden. Ansonsten ist der
Rentenanspruch anteilig zu kürzen,
beziehungsweise entsteht erst in voller
Höhe mit der jetzt geltenden Regelalters-
grenze.